Der Kuss des Werwolfs - 1
durch Soho und suchten einen weiteren Nachtklub, der Antonias Geschmack entsprach; in einigem Abstand folgten ihnen zwei Werwölfe -Leibwächter. Trotz der nächtlichen Stunde ächzte London unter der Hitze, die sich in den Straßen und Hinterhöfen staute. Wer keine Klimaanlage hatte, riss die Fenster seiner Wohnung auf, doch hinein kam nur schwüle Luft. Auf den Straßen waren erstaunlich viele Menschen unterwegs, auf der Suche nach einem Vergnügen oder einem Geschäft.
Sie sahen junge Männer an Mauern lehnen und hin und wieder hinter einer anderen Person in einen dunklen Hofeingang gehen. Wenn sie wieder auftauchten, sahen beide Parteien zufrieden aus. Drogen, dachte Derenski; er war nicht so altmodisch, wie Antonia glaubte. Andere finstere Gestalten standen in Gruppen an Straßenecken, rauchten und tranken Bier aus Dosen. Sie pöbelten vorbeigehende Passanten an, vor den Werwölfen wichen aber selbst diese Jugendlichen instinktiv zurück.
»Da drüben, das sieht aufregend auf.« Antonia deutete auf eine Tür, vor der sich eine Schlange gebildet hatte. Zwei kräftig aussehende junge Männer musterten die Anstehenden und ließen hin und wieder ein paar in den Club. »Fox in the Night« stand über dem Eingang.
Hand in Hand schlenderten Antonia und Maksym an der Schlange vorbei nach vorn. Die empörten Rufe verstummten, als
Derenski den Verursachern böse Blicke zuwarf, kurz sein Raubtiergebiss zeigte und ein Knurren ausstieß. Die Menschen erschraken, wussten aber gleich darauf nicht mehr, was sie gesehen und wovor sie sich gefürchtet hatten. Antonia wiegte die Hüften und bedachte die beiden Türsteher mit einladenden Blicken, woraufhin sie die Werwölfe ohne Weiteres einließen. Ihre beiden Wächter folgten ihnen.
Drinnen empfing sie laute Musik, die Derenski als Krach bezeichnen würde, die Augen seiner Seelenpartnerin hingegen blitzten erfreut. Die Musik wurde noch lauter, als die beiden den dunklen Flur hinter der Tür verließen und den eigentlichen Clubraum betraten. Die Tanzfläche war kreisrund, auf mehreren Emporen waren darum Tische und Bars angeordnet, die meisten davon besetzt, und auf der Tanzfläche herrschte Gedränge. Der Geruch von verschwitzten Leibern drang Derenski in die Nase.
In Antonias Kielwasser drängte er sich zu einer der Bars. Die Menge vor dem Tresen machte ihnen Platz, und sie orderte einen Planter’s Punch, er einen trockenen Rotwein. Der Barkeeper nannte einen unverschämten Betrag, auf einen strengen Blick Derenskis hin korrigierte er sich jedoch hastig und verlangte nur noch die Hälfte der Summe. Der Krakauer blätterte das Geld auf den Tresen, während Antonia schon an ihrem Drink nippte.
Derenski sah sich noch um, als sie auf einmal vor ihnen standen: drei junge Männer, von denen zwei nur Brüder sein konnten, so ähnlich wie sie sich sahen — rötliches Haar und bedrohlich blitzende Augen unter schweren Lidern. Der Dritte trug sein blondes Haar im Nacken zusammengebunden, eine schwarze Lederhose und ein weißes, ärmelloses T-Shirt — ohne Zweifel war er der Gefährlichste der drei. Widerlicher Kerl, dachte Derenski und erkannte im selben Augenblick: Sie waren Werwölfe, und sie wussten, wen sie vor sich hatten.
»Besuch aus dem Ausland«, knurrte der Typ in der Lederhose.
Die anderen Gäste am Tresen machten Platz, der Barkeeper tat so, als hätte er etwas Wichtiges am entgegengesetzten Ende der Theke zu tun. Antonia sah erschrocken aus, fasste sich aber schnell wieder. Sie setzte ein überlegenes Lächeln auf und sah sich unauffällig nach ihren Leibwächtern um, konnte sie im Gedränge aber nicht entdecken.
Die Brüder traten einen halben Schritt hinter den Blonden zurück. »Wenn du deine Knechte suchst«, sagte der zu ihr, »die werden dir nicht helfen. Sie waren so einfach zu überraschen wie junge Kätzchen.« »Was wollt ihr?« Derenski spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten. Er war wütend, weil sie ihn überrascht hatten. Das lag nur an dem Gedröhn und Gestank in diesem Schuppen, das vernebelte seine Sinne.
»Die Frage sollten doch wohl eher wir stellen!«
»Unverschämtheit!« Sein Ärger schwoll an. Wie konnten sie es wagen, auf diese Weise mit ihm zu reden? Offenbar hatte ihnen niemand Manieren beigebracht.
»Verschwindet!«, zischte er zwischen den Zähnen hindurch. Antonia hing an seinem Arm, bereit, die Krallen auszufahren.
Die drei rührten sich nicht. »Das ist unsere Stadt. Wir dulden keine …«
Derenskis Rechte schoss vor,
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