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Der Kuss des Werwolfs - 1

Der Kuss des Werwolfs - 1

Titel: Der Kuss des Werwolfs - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Alberti
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ging hinunter. Der Sarkophag stand an seinem Platz, der Deckel war geschlossen. Alles war, wie er es beim letzten Besuch zurückgelassen hatte, wie es sein sollte.
    Das Rätsel um die verschwundene Eleonore McDullen blieb jedoch bestehen.

Kapitel 9
    Eben hatte sie noch vor Rhodrys Bild gestanden, jetzt lag sie auf der Erde und konnte sich nicht mal daran erinnern, dass sie gestolpert war. Die Taschenlampe war ihr aus der Hand gefallen und ein Stück fortgerollt. Der Strahl beleuchtete einen Handschuh, der unter einem Sofa lag. Nola kniete sich hin und angelte ihn hervor. Er war aus glattem, feinem Leder, in den Nähten haftete kaum Staub — und unter dem Sofa lag auch kaum welcher. Der Raum sah aus, als sei er gestern noch benutzt worden und nicht, als befände sie sich in einer seit Jahren unbewohnten Burgruine.
    Nola sah sich um. Rhodrys Bild hing an seinem Platz, sonst kam ihr alles verändert vor. Auf dem Tisch in der Mitte des Raums stand ein Kerzenleuchter mit halb heruntergebrannten Kerzen. Und merkwürdig — hatten die Sessel und Sofas schon hier gestanden, als sie den Salon zum ersten Mal betreten hatte? Sie hätte schwören können, dass außer dem Bild nichts da gewesen war. Und die Fenster, waren die nicht mit Brettern vernagelt gewesen? Das war jetzt nicht mehr der Fall: Trübes Licht fiel durch die Scheiben, eine klapperte unter einer Windböe. Sie rannte zu einem Fenster und schaute hinaus. Der Hügel, auf dem die Burg lag, fiel steil ab, Felsen brachen durch die Grasnarbe, dahinter erstreckte sich ein Park bis zum See. Sie sah kiesbestreute Wege, geschnittene Hecken, Rosenbeete, kahle Bäume - und dahinter das schimmernde Gewässer. Doch wo sich die mittägliche Sommersonne auf dem Wasser spiegeln sollte, erblickte sie nichts als eine trübe, von kleinen Wellen gekräuselte Fläche. Sie hatte das Gefühl, in einem Albtraum gefangen zu sein.
    Die Eingangshalle wirkte auf den ersten Blick unverändert, aber der Teufel steckte im Detail, denn die Fenster waren nicht mehr vernagelt und die Türen nicht verbarrikadiert.
    »Gibt es hier einen Butler?«, fragte sie in die Stille, in der ihre Stimme unnatürlich laut klang.
    Nichts rührte sich daraufhin. Wie auch, sie war in einer Ruine, die seit über zweihundert Jahren leer stand. Nola ging in die Küche zurück, dabei kam sie wieder durch die Geschirrkammer. Obwohl sie nicht darauf achtete, nahm sie aus dem Augenwinkel wahr, dass die Regale auf einmal mit Geschirr und Tischwäsche gefüllt waren. In der Küche lag im großen Kamin ein Haufen Asche, der vorhin ganz bestimmt nicht da gewesen war. Sie hockte sich davor und streckte die Hand aus; die Asche war noch warm. In ihre
    Verwirrung mischte sich Angst. Etwas hielt sie zum Narren — oder jemand. Antonia und Pawel Tworek kamen ihr in den Sinn. Aber nein, sie konnten mit dieser Sache nichts zu tun haben. Sie waren in London oder sogar längst wieder in Warschau. Aber hätten die beiden vielleicht eine Erklärung?
    Nola durchsuchte das Erdgeschoss der Burg und begegnete keiner Menschenseele, dennoch wirkte alles bewohnt. Als Letztes blieb sie vor einer Tür stehen, an der mehrere starke Riegel angebracht waren. Sie waren ge-, aber nicht verschlossen. Nola zog die Riegel zurück und öffnete die Tür, hinter der eine gewundene Treppe in den Keller führte. Erst wollte sie sich abwenden, aber dann setzte sie doch einen Fuß auf die erste Stufe. Der Keller wirkte nicht wie ein finsteres mittelalterliches Verlies, und nachdem sie so weit gekommen war, wollte sie nicht umkehren. Mit ihrer Taschenlampe beleuchtete sie die in der Mitte ausgetretenen Stufen, während sie hinunterging. Unten empfingen sie gekalkte Wände, ein Geruch nach Erde. Es war nicht so feucht, wie sie befürchtet hatte, es gab nirgendwo Schimmel an den Wänden oder heruntergefallenen Putz.
    Schließlich blieb Nola vor einer verschlossenen Tür stehen, zögerte. Sie hatte das Gefühl, hinter dieser Tür wartete die Erklärung und zugleich etwas, das diesen Ungereimtheiten die Krone aufsetzte. Eine Weile starrte sie das uralte, dunkle Holz an, bevor sie die Hand ausstreckte. Das Schloss war gut geölt, der Schlüssel ließ sich leicht bewegen, die Tür geräuschlos öffnen.
    Nola leuchtete mit der Taschenlampe den Raum aus. Außer einer Steinkiste und zwei hohen Kerzenleuchtern rechts und links befand sich nichts darin. Die Kiste sah aus wie ein Sarkophag, an der Wand hinter der Kiste hing eine Steintafel, auf der ein Datum eingraviert

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