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Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition)

Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition)

Titel: Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Johnson
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wollen – als ob ihr Onkel das gestattet hätte! – aber genug, um sich jedes Mal, wenn sie einen der Muttergöttin ihres Landes geweihten Schrein sah, getröstet zu fühlen.
    Sowie sie aus der magisch gekühlten Halle der hiesigen Gilde ins Freie trat, schlug ihr die schwüle, feuchte Hitze der nordöstlichen Küste entgegen. Sie nahm ihren Umhang ab, legte ihn sich über den Arm, blickte sich um und versuchte, sich so gut wie möglich in einer Stadt zurechtzufinden, die sie nie gesehen hatte. Die Architektur war fremdartig; vor jedem Gebäude erstreckte sich ein von Säulen getragenes Dach, das Schutz vor der heißen nördlichen Sonne bot. Ihr Gewand aus Leinen und Wolle war viel zu warm; in dieser Gegend trugen die Menschen feineres Leinen, Baumwolle oder dünne Seide, wenn sie es sich leisten konnten.
    Alys hielt sich im Schatten, schnupperte den Duft unbekannter Gewürze und steuerte auf eine offene Garküche zu, um eine ihrer kostbaren Münzen zu opfern. Nein – lieber eine richtige Mahlzeit in einer richtigen Schänke , beschloss sie. Als sie ein geschnitztes Schild entdeckte, das eine winkende Frau mit einem Tablett mit Brot und Ale zeigte, unter der in katanischen Buchstaben »The Trenching Wench Inn« prangte, eilte sie über die Straße. Sie musste zwei magisch angetriebenen Kutschen ausweichen und Bogen um Pferdeäpfel schlagen, die noch nicht aufgefegt worden waren, um kompostiert und als Dünger verkauft zu werden, ehe sie endlich den Schankraum betreten konnte.
    Er war nicht so kühl wie die Halle der Magiergilde, aber es war angenehmer als draußen in der grellen Sonne. Sie seufzte erleichtert … und erstarrte. Bei den Frauen im Raum handelte es sich zweifellos um gewöhnliche Schankdirnen in tief ausgeschnittenen Miedern oder Korsetts, die den Ansatz der Brüste sehen ließen und die ihre Röcke bis über die Knie gerafft trugen. Die Sorte von Frauen, von denen Alys instinktiv wusste, dass sie den ausschließlich männlichen Gästen noch ganz andere Dienste erwiesen, als ihnen Ale zu servieren.
    Wie zur Bestätigung erklang von den zu vermietenden Räumen im oberen Stock das von der Decke leicht gedämpfte Stöhnen einer Frau, gefolgt vom Grunzen eines Mannes. Einige der Männer grinsten anzüglich, andere achteten nicht auf die eindeutigen Geräusche, sondern fuhren fort, ihre Mahlzeiten zu verzehren und mit den Schankdirnen zu flirten. Einige dieser Frauen hatten die helle Haut des Südens, andere die dunklere Tönung des Nordens von Katan, wieder andere lagen irgendwo dazwischen.
    Alys unterdrückte einen Aufschrei. Ihr erstes Abenteuer, seit sie den Fängen ihres Onkels entronnen war, hatte sie geradewegs in ein Freudenhaus geführt. Sie zog sich rasch zurück, dabei prallte sie gegen einen in diesem Moment eintretenden Gast und drängte sich an ihm vorbei, während er sie mit einem Grinsen bedachte, das seine weißen Zähne in dem sonnengebräunten Gesicht aufblitzen ließ. Dann rang sie nach Atem und hastete in die Schänke zurück, um sich vor einem weit beunruhigenderen Anblick zu verbergen – ihrem anderen Onkel, Donnock of Devries! Er saß in einer magisch angetriebenen Kutsche und fuhr die Straße hinunter – direkt auf sie zu.
    Was tut er hier nur ?, fragte sich Alys verzweifelt, während sie, so schnell es ihr möglich war, zwischen den Tischen hindurchhuschte. Zuletzt hatte sie gehört – aber das lag schon einen Monat zurück – dass der nächstältere Bruder ihres Vaters für Broger einen Auftrag an der Westküste ausführte; eine Reise, die zwei Monate in Anspruch nahm oder dreißig Goldstücke für die Teleportation kostete. Ohne stehen zu bleiben schlug sie nach einer Hand, die nach ihrem Gesäß griff, und floh durch die hintere Tür. Er kann es nicht gewesen sein! Er sieht ihm nur ähnlich, das ist alles.
    »Heda! Was tust du hier? Du gehörst nicht zum Personal dieser Schänke!«
    Kopfschüttelnd und einen Finger gegen die Lippen legend forderte Alys die Frau, die ihr entgegenkam, auf, den Mund zu halten, dann spähte sie durch einen Ritz in der Tür, sowie diese wieder zufiel – er kam herein! Mit wild klopfendem Herzen wich sie zurück, dann nahm sie all ihren Mut zusammen und blinzelte noch einmal durch den Ritz. Ihr Onkel, der ein ebenso schwarzes Herz hatte wie sein älterer Bruder, hatte eine Dirne gepackt, tätschelte ihr Hinterteil und saugte an ihrem Hals.
    Alys sah, wie die Frau einen Moment lang die Augen verdrehte, sich dann ein Lächeln abrang und auf ein

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