Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition)
einen kleinen Satz.
Er begehrte sie.
Entweder das, oder es ist einfach nur Morgen, denn Cari hat gesagt, Männer sind morgens meistens ›bereit‹ … bei Kata, ich hoffe, es liegt an mir, betete Alys stumm, denn sie liebte Wolfer of Corvis, jetzt Wolfer of Nightfall, schon seit ihrer ersten Begegnung, als er acht und sie drei Jahre alt gewesen war.
Sie konnte sich an diese Begegnung noch klar und deutlich erinnern. Sie war über den gepflasterten Hof der Burg gelaufen, während ihre Eltern mit dem Grafen und der Gräfin etwas Geschäftliches zu besprechen gehabt hatten – kurz nachdem sie den von ihrem Onkel beherrschten Teil Katans verlassen hatten. Alys war gestürzt und hatte sich das Knie aufgeschürft. Wolfer war vorbeigekommen, hatte sie auf ihrem Hinterteil sitzen und laut jammernd den kleinen Kratzer beklagen sehen, der schon gar nicht mehr blutete, und hatte sie tröstend in die Arme genommen. Dann hatte er ihr den Schmutz vom Kleid geklopft und sie auf seinen schmalen, aber kräftigen Knabenrücken gehoben, um sie huckepack über den Hof zu tragen.
Von dem Moment an war Alys ihm verfallen gewesen.
Obwohl sie kein abenteuerlustiges Naturell hatte, hatte sie an den Spielen der Brüder teilgenommen, weil er dabei gewesen war. Sie hatte ihre Eltern bestürmt, Corvis noch öfter zu besuchen als früher, damit sie ihren Freund Wolfer sehen konnte. Wolfer, ihren Helden. Wolfer, der ihr immer Aufmerksamkeit schenkte, auch wenn seine Brüder keine Lust hatten, sich mit einem kleinen Mädchen abzugeben, das ihnen auf die Nerven ging. Wolfer, der ihr beigebracht hatte, mit einem Messer umzugehen und auf Bäume zu klettern. Und der ihr gestattet hatte, ihn viermal zu küssen, als sie frauliche Formen zu entwickeln begann, bevor ihre Eltern gestorben waren, bevor ihr ältester Onkel sie fortgebracht und bevor sich alles geändert hatte. Er war der ihre gewesen, obwohl nur sie das gewusst hatte.
Endlich schüttelte Wolfer schnaubend den Kopf und begann im Schritttempo über den Sand zu gehen. Ein verstohlener Blick zu dem über den Strand tanzenden Schatten verriet ihr, dass seine Erregung verflogen war. Enttäuscht verzehrte sie den Rest der dritten Frucht und warf die Schale in die Gischt. Dann leckte sie sich die Finger sauber, beugte sich vor und krallte sich an seiner Mähne fest.
»Ich, äh … danke für das Frühstück. Ich hatte so einen Hunger«, gestand sie. »Du … äh … du kannst ruhig in einen Trab wechseln, wenn du möchtest.«
Was Wolfer wirklich wollte, war, sie rücklings in den Sand zu werfen. Schnaubend verfiel er in einen schnellen Trab. Vielleicht vertrieb die körperliche Anstrengung ja das in ihm brennende Verlangen; eine Methode, die sich in den drei Jahren ihres Exils und dem damit verbundenen zölibatären Leben fast immer bewährt hatte. Alys schrie leise auf, umklammerte ihn mit ihren Schenkeln und krallte sich an seiner Mähne fest. Er verlangsamte sein Tempo, damit sie sich an seinen Rhythmus gewöhnen konnte, was sie erstaunlich schnell tat, und als sie ihn lachend anfeuerte, galoppierte er an.
»Schneller! Schneller! « Der wilde Ritt erregte Alys. Sie verspürte keinerlei Furcht, als er mit trommelnden Hufen über den Sand jagte – dies war ihr Wolfer, dem sie vollkommen vertraute. Sie wurde in einem gleichmäßigen Rhythmus nach vorne, nach hinten und leicht zur Seite geworfen und war wegen der Reibung dankbar dafür, dass sie knielange Unterhosen trug.
Trotzdem war es ein wundervolles Gefühl. Als er den nächsten niedrigen Hügel hochdonnerte, quiekte sie auf und duckte sich über seine Mähne, damit ihr die riesigen, fast tropischen Blätter der Bäume nicht ins Gesicht schlugen. Dünne Zweige peitschten über ihren Körper, während sie das kurze Stück Dschungel bis zum nächsten Strand durchquerten.
Ihre neue Sitzposition verstärkte den Druck auf die ⊃Freudenperle⊂, von der Cari gesprochen hatte – die zwar nicht im Entferntesten einer Perle glich, aber der Dirne zufolge für eine Frau mindestens ebenso kostbar war. Ihr ganzer Körper wurde von Schauern geschüttelt, bis sie Mühe hatte, einen Aufschrei zu unterdrücken. Sie schloss für einen langen Moment die Augen und riss sie dann erschrocken wieder auf.
Hatte sie soeben ihren ersten Höhepunkt erlebt?
Ihre Zehen krümmten sich in ihren Stiefeln. Ihre Nackenhaare schienen sich aufgestellt zu haben. Atemlos versuchte sie sich auf seinem Rücken zu halten und setzte sich aufrecht hin, was neue sengende
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