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Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition)

Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition)

Titel: Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Johnson
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vor Zorn. Sie hatten sich seit über drei Jahren nicht mehr gesehen, und die Jahre davor auch nicht übermäßig oft. Seit sie bei ihrem Onkel lebte, um genau zu sein. Aber sie vertraute ihm genug, um ihn in einige Dinge einzuweihen. Sie konnte es sich nicht leisten, ihm nicht zu vertrauen.
    »Ich habe jeden Moment gehasst, den ich im Haus meines Onkels verbringen musste, Wolfer. Er ist grausamer und heimtückischer, als du es dir vorstellen kannst, und ich habe ihn Dinge tun sehen, für die eure Familie sich schämen würde, vor allem, nachdem euer Onkel Daron gestorben ist.«
    »Onkel Daron ist tot?«, unterbrach Wolfer sie stirnrunzelnd. »Wer sitzt denn jetzt auf Corvis?«
    Sie hasste es, ihm die Wahrheit gestehen zu müssen. »Onkel Broger. Er ist seit fast drei Jahren der neue Graf von Corvis. Pro tempore«, fügte sie hastig hinzu, als sich seiner Kehle ein Grollen entrang. »Aber er tut so, als wäre er der rechtmäßige Graf.«
    Wolfer verstummte, als sie verschüchtert abbrach. Die sanfte, aufrichtige Alys. Er zügelte seinen Zorn und berührte automatisch das Armband, das sie ihm vor Jahren gegeben hatte. » Wir haben die ganze Zeit lang Briefe vom Bruder unseres Vaters bekommen. Daron hat behauptet, alles wäre weitgehend in Ordnung.«
    Alys schloss die Augen und nickte. »So ist er«, bekannte sie leise – eine absolute Untertreibung. Dann schüttelte sie den Kopf. »Du ahnst ja nicht, was ich durchgemacht habe.« Sie schlug die Augen wieder auf und sah ihn an. »Ich konnte nur an einen Ort denken, an den ich fliehen konnte. Zu dir – nach Nightfall«, fügte sie rasch hinzu und legte eine Hand auf seine verschränkten Arme. »Bitte, Wolfer, bitte lass mich bei euch bleiben. Ich weiß nicht, wo ich sonst hingehen sollte.«
    Er konnte ihrem sanften Flehen nicht widerstehen, er hatte es noch nie gekonnt. Irgendetwas an Alys of Devries weckte seine Beschützerinstinkte, trieb ihn dazu, sich um sie zu kümmern … seit ihrer ersten Begegnung, als er sie wegen eines aufgeschürften Knies getröstet hatte. Ihrer Bitte zu entsprechen wäre vor fast zwei Monaten noch schwierig gewesen, obwohl Wolfer es auch da versucht hätte.
    Bevor Kelly of Doyle zu ihnen gestoßen war, hätte Saber aus Furcht, sie könne das prophezeite Unheil über sie bringen, jede Frau von der Insel gejagt. Doch das Unheil war bereits eingetroffen; erst hatte Kelly, die Frau aus einer anderen Welt, sie vorgewarnt, dann hatte sich das eigentliche Unheil ereignet, als die Mandariter vor einem halben Dutzend Tagen Dominor entführt hatten.
    Aber die Ansichten des frisch verheirateten ältesten der acht Brüder bezüglich Frauen auf der Insel hatten sich geändert, schließlich konnte man seinem Schicksal nicht entkommen … und zum Glück war ihnen nur ein Unheil prophezeit worden.
    »Komm.« Er streckte Alys eine Hand hin. »Wir gehen zur Burg hoch und teilen allen anderen mit, dass du hier bist.«
    »Gibt es dort auch etwas zu essen?«, fragte sie sehnsüchtig, als sie nach seiner Hand griff und mit ihm ging, obwohl sie auf dem Berghang vor ihnen keine Burg sehen konnte. »Und Wasser? Ich habe seit gestern Mittag nichts mehr gegessen.«
    »Zu essen gibt es genug, aber der Weg ist ziemlich lang.«
    Alys zupfte ihn am Ärmel, damit er stehen blieb. »Warum verändern wir nicht einfach unsere Gestalt und fliegen dorthin? Das ginge erheblich schneller.«
    Zu ihrer Verwirrung errötete Wolfer vor Verlegenheit. »Ich lerne gerade erst fliegen, und ich kann es nicht sonderlich gut.«
    Sie hob die Brauen. »Du bist seit wie vielen – zehn? elf? – Jahren ein Gestaltwandler und hast keine geflügelte Gestalt in deinem Repertoire?«
    »Ich habe Angst vor Höhen«, murmelte er. Auf ihren skeptischen Blick hin erklärte er: »Vor großen Höhen. Mit Türmen und Bäumen werde ich fertig – und wag es nicht, mich auszulachen, Alys. So lange ist es noch nicht her, dass ich deinen Kopf unter meinen Arm geklemmt und versucht habe, mit meinen Knöcheln ein Feuer in deinen Locken zu entfachen.«
    »Oh, ich lache dich nicht aus«, versicherte sie ihm mit demütig gesenktem Blick, obwohl er einen Moment lang hätte schwören können, dass sich ihre Lippen zu einem Lächeln gekrümmt hatten, ehe ihr Gesicht wieder ausdruckslos geworden war. »Ich beherrsche eine Pookrah-Gestalt, die sehr schnell laufen kann, schneller als ein Wolf …«
    »Ein Pookrah? «, entfuhr es Wolfer. »Wieso hast du dir eine so idiotische Gestalt ausgesucht, Alys? Willst du, dass

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