Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition)
eine ganze Armee von Magier-Kriegern dich erbarmungslos jagt, um dich zu töten, bevor du sie töten kannst?«
Sie schüttelte den Kopf. Seltsamerweise verlieh sein Zorn ihr den Mut, Erklärungen abzugeben, statt vor ihm zurückzuschrecken. Vielleicht, weil sie instinktiv spürte, dass er sich um ihre Sicherheit sorgte. »Ich musste lernen, mich in einen Pookrah zu verwandeln, um meinem Onkel entkommen zu können. Du weißt ja nicht, wie er ist und wie mein Leben bei ihm war, Wolfer – und ich musste die Illusion heraufbeschwören, von einem Pookrah-Rudel verschleppt worden zu sein, und dann musste ich in Pookrah-Gestalt fliehen, um durch einen Zauber multiplizierte Pfotenspuren zu hinterlassen. Auf diese Weise haben alle gedacht, ich wäre tot.«
»Warum in Jingas Namen hast du das für notwendig gehalten?«, fragte Wolfer nach.
Kopfschüttelnd hakte Alys ihren Umhang auf und zog den sittsam hochgeschlossenen Ausschnitt ihres Kleides weit genug hinunter, um den vierzackigen Metallstern freizugeben. »Ich musste dies hier anfertigen. Es ist ein spezielles Amulett, das alle Bindungen an meinen Onkel außer Kraft setzt, jeden Zauber aufhebt, mit dem er mich belegt hat – Zauber, die bewirken, dass ich ihm gehorchen muss, nicht fortlaufen kann, und mittels derer er in der Lage ist, mich per Fernsicht überall aufzuspüren. Jetzt können ihm unsere Blutsbande auch nicht mehr verraten, wo ich bin und dass ich noch lebe … obwohl ich mich schäme, mit ihm verwandt zu sein.
Es blieb mir gar nichts anderes übrig, als das illusionäre Pookrah-Rudel zu erschaffen, damit seine Soldaten später bezeugen konnten, dass ich von den Bestien aus dem Lager geschleift worden bin. Dann habe ich dieses magische Amulett in meinem Fleisch verankert, damit mich mein Onkel wirklich für tot hält. Er glaubt, ich wäre bei dem Angriff umgekommen.« Sie hob ihre gequälten grauen Augen zu seinen goldenen, hoffte, er würde ahnen, was sie ihm über ihr Leben alles nicht erzählen konnte, welches Entsetzen sie jeden Tag hatte ertragen müssen. »Ich habe mein Bestes getan, um ihm aus dem Weg zu gehen. Er hat mich verkauft, Wolfer. Er hat mich für Land, magische Gerätschaften und Gold an den Baron of Glourick verschachert, und er hat mich mit Zauberbannen belegt, die auch sicherstellten, dass ich mich seinem Willen füge.
Also habe ich meine Flucht sehr sorgfältig geplant, damit er mich nicht findet und zurückbringt. Ich kann sonst nirgendwo hingehen – ich habe gestern sogar meinen Onkel Donnock in Orovalis City gesehen, obwohl ich mich zu meinem Glück vor ihm verbergen konnte. Du ahnst ja nicht, was ich durchgemacht habe. Bitte lass mich bleiben!«
Wolfer stieß angesichts ihrer wiederholten Bitte erneut ein ungeduldiges leises Knurren aus. »Ich habe dir doch schon gesagt, dass du bleiben kannst. Und deinen Onkel sollte man für die Art, wie er dich behandelt hat, auspeitschen, bis er keinen heilen Hautfetzen mehr am Leib hat. Frauen sind kein Vieh!«
Ein Lächeln erhellte ihr Gesicht, und sie schlang die Arme um seine breite Brust. Wolfer drückte sie an sich, bis ihn der Verräter in seiner Hose daran erinnerte, dass sie nicht mehr seine Freundin aus Kindertagen war. Er schob sie sacht von sich und war dankbar, als sie mit gesenktem Kopf einen Schritt zurücktrat.
»Ich denke, ich erinnere mich noch daran, wie man sich in ein Pferd verwandelt, obwohl es schon eine Weile her ist«, brummte er. Hoffentlich merkte sie nicht, in welche Verlegenheit es ihn setzte, von ihrer bloßen Nähe so erregt zu werden – es war die Schuld seines verwünschten Zwillings, der mit seiner Frau so oft und so leidenschaftlich das Lager teilte, dass seine Brüder es entschieden zu oft hören konnten und dadurch an ihr eigenes unfreiwilliges Zölibat erinnert wurden.
»Ich bin keine sehr gute Reiterin mehr, also versprich mir, mich nicht abzuwerfen«, warnte ihn Alys. »Onkel hat mich nur dann reiten lassen, wenn ich unbedingt irgendwohin musste.«
Diese Bemerkung entlockte ihm ein erneutes Grollen, doch dann brach er ab, um sein linkes Handgelenk zu berühren … und hob es mit einem schwachen, beschämten Lächeln, als sie neugierig darauf hinabblickte. »Ich trage dein Geschenk immer noch. Du hast meinen Brüdern während der vergangenen drei Jahre vermutlich viel Kummer erspart. Ich habe gelernt, mein Temperament zu zügeln, indem ich darüberstreiche und an dich denke.« Sein Lächeln wurde wölfisch. »Zumindest kann ich mich ein bisschen
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