Der Kuss
kann ich nur sagen, sei froh, dass du immer nur
ein
Elternteil hattest“, seufzte Lukas und küsste Michael auf die Nasenspitze.
„Es ist nämlich nicht so lustig, wenn deine Eltern Schule und Ärzte in ihren Krieg mit einbeziehen, und Lehrer sowie Direktoren zu Soldaten und Generälen machen. Wenn man nie weiß, wer einem nach der Schule abholt, oder man wegen jedem Scheiß zwei Mal zum Arzt muss, weil die
Scheißköpfe
einander beweisen müssen, dass sie der bessere Elternteil sind“, knurrte Lukas, und Michael strich ihm sanft durchs Haar.
„Als Ronny neunzehn wurde nahm er sich eine eigene Wohnung und er holte mich zu sich. Vom Jugendamt aus war das okay, weil er schon Volljährig war. Also zog ich mit fünfzehn zu ihm und kam vom Schlachtfeld weg. Allerdings hat Ronny es mit seinem Aufbegehren gegen das reaktionäre Elternhaus ein bisschen übertrieben. Hätte das Jugendamt
alles
gewusst, wäre die Chance eher gering gewesen, dass ich sein Flüchtling werden durfte. Lu war die erste Freundin, mit der es etwas Ernstes zu sein schien. Er hat sich richtig ins Zeug gelegt und ist
brav
geworden. Aber er hatte Altlasten. Kurz gefasst: Er musste in den Knast. Nicht lange, nur drei Monate, aber die hatten es in sich. Auch für mich. Ich hab nämlich dann erfahren dürfen, dass er schon länger die Miete schuldig war, und der Vermieter warf mich hochkant raus. Das war in der ersten Woche, in der Ronny inhaftiert war.“
„Scheiße“, murmelte Michael.
„Eigentlich nicht“, grinste Lukas, und fing überraschend Michaels Lippen, küsste ihn zärtlich, dann fordernder, schob ihm die Zunge in den Mund und ließ seine Hände über dessen schmalen Körper gleiten.
„Mir war bis dahin nicht klar gewesen, dass ich was für Jungs empfinde“, raunte Lukas in Michaels Ohr und küsste den Hals hinunter zu den Schultern. „Vielleicht hätte es mir auffallen müssen, weil Ronny dauernd irgendwelche hübschen Freundinnen, und
Freundinnen
von Freundinnen bei sich hatte. Mehr oder weniger lebte ich die Hälfte der Zeit in einer Art Harem, aber sie ließen mich alle irgendwie kalt. Ich
wusste,
dass sie heiß waren, aber ich
empfand
es nicht“, erklärte Lukas, und dabei arbeitete er sich zu Michaels Nippeln vor, umkreiste sie aufreizend mit der Zungenspitze und erfreute sich der schnurrenden Laute, die sein Freund von sich gab.
„Jetzt weiß ich ja, warum“, wisperte Lukas und streichelte immer fordernder über Michaels Körper, hatte seine warmen, rauen Hände überall, zog eine von Küssen feuchte Spur über den Körper seines Liebsten. Michael schnaufte, Gänsehaut überzog seinen Leib, er bebte und sein Schwanz hob sich aus dem dunklen Nest.
„Ronny kam noch in derselben Nacht zu mir, als wir …“, führte Lukas, nun weit weniger konzentriert, aus und unterbrach sich, um Michael – zur Erinnerung an diesen Nachmittag – kurz aber beherzt über den Schwanz zu lecken. Michael stöhnte auf und krallte sich in die Polsterung des Sofas.
„Ja, weiter …“, hauchte er atemlos, und meinte damit nicht unbedingt die Erzählung. Das konnte Lukas
unmöglich
ahnen und plapperte weiter.
„Er wusste nicht wohin, sowohl mein Vater als auch meine Mutter wiesen ihn ab, also suchte er
mich
auf. Er war ziemlich durch den Wind. Oh Mann, das kannst du dir nicht vorstellen.“
Zu Michaels Leidwesen erinnerte sich Lukas gerade sehr deutlich an diesen Abend, setzte sich auf, blickte in die Vergangenheit, und während seine Finger mit Michaels Schamhaar spielten, immer wieder über die Leiste streichelten oder an den Eiern kraulten, redete er weiter. Er schien Michaels Ächzen und Wimmern nicht wahrzunehmen.
„Du kennst ja nur diesen Obermacho, den er gern raus hängen lässt, aber in dieser Nacht hat er geheult wie ein Kind, so hab ich ihn noch nie erlebt. Er hatte auch einiges intus, ließ andeuten, dass er im Knast einige sehr unangenehme Erlebnisse hatte. Mehr oder weniger beendete er jeden zweite Satz mit
'scheiß Schwuchteln'
. Ich saß da, noch völlig trunken von unserem geilen Nachmittag, der mir klar gemacht hatte, dass ich so was von schwul bin – und dann schimpfte er in einer Tour über, nun,
Schwuchteln
wie wir beide es sind.
Deswegen
hab ich so blöd reagiert, als du vor meiner Tür gestanden hast. Er war noch voll in seinem
misanthropen Anfall
drin – wie du gemerkt hast – und in diesem Zustand ist es am besten, man fährt die
'Augen zu und durch'-
Taktik.“
Lukas blickte hinab zu seinem Freund der
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