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Der Lambertimord

Der Lambertimord

Titel: Der Lambertimord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Kuesters
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Vander.«
    »Nu’ reg’ dich ab. Ich meine, das sieht doch aus wie ein Schuldeingeständnis, so wie Vander das Büro verlassen hat. Er weiß, daß wir ihm auf der Spur sind. Aber er hat keine Chane, wir kriegen ihn.«
    »Na, hoffentlich.«
    »Stell dir vor, der Typ fährt in den Wald, trifft sich mit Böskes Erpresser, nietet den um und erpreßt dann seinen angeblich besten Freund. Das ist doch widerlich.« Ecki schüttelte sich demonstrativ.
    »Was wunderst du dich eigentlich immer noch so? Bei unserem Job?«
    »Ich mein’ ja nur.«
    Frank beobachtete aus dem Auto, wie der Fahrer des Lastzugs die Planen herunterklappte. Seinen Job möchte ich haben, dachte er. Geregelte Arbeitszeit, immer die gleichen Touren, und das wichtigste: Klinkersteine sind keine Menschen, sie begehen vor allen Dingen keine Morde.
    Der Fahrer hatte trotz der Kälte die Ärmel seines Flanellhemds hochgekrempelt. Er zurrte mit kräftigen Armbewegungen die Haltegurte der Plane fest und verabschiedete sich von einem der Vander-Beschäftigten mit Handschlag. Dann kletterte er mit einer kurzen Bewegung in das Führerhaus und warf die Papiere, die er in der Hand gehalten hatte, auf die schmale Ablage hinter der Windschutzscheibe.
    Ecki unterbrach Franks Gedanken. »Ich mein’, die Sachen kann man sich so lange nicht vorstellen, bis sie dann passieren und wir sie am Hals haben.«
    »Was?«
    »Ich meine, Menschen können anderen Menschen die schlimmsten Dinge antun, und trotzdem gehen sie anschließend nach Hause, als sei nichts geschehen. Oder gehen mit ihrer Sekretärin ins Bett, wie Vander.«
    Der Lastwagen zog vorsichtig an ihnen vorbei und bog dann ab Richtung Autobahn. Frank sah ihm nach. »Der hat’s gut. Er hat nur mit Steinen zu tun.«
    »Findest du das beneidenswert? Den ganzen Tag hinter dem Steuer, im Stau, sich bei jedem Wetter auf irgendwelchen Baustellen durch den Matsch quälen und sich anschließend noch beschimpfen lassen, weil man zu spät ist?«
    »Vermutlich hast du recht. Und wir haben uns unseren Beruf schließlich freiwillig ausgesucht. Vielleicht sind wir ja auch dazu geboren, das Leid anderer Menschen zumindest erträglich zu machen.«
    Ecki konnte sich die bissige Bemerkung nicht verkneifen. »Bist du jetzt zum Esoteriker geworden? Deine Volkshochschulweisheiten sind ja wirklich erhellend. Alle Achtung. Oder steckt Lisa dahinter?«
    »Laß’ Lisa aus dem Spiel. Vielleicht hat sie ja recht, daß Bullen immer nur das Abenteuer suchen, den Kick, den du im Büro nie kriegen wirst. Warum sonst hocken wir nächtelang in kalten Autos vor fremden Häusern oder sind auf der Suche nach verstümmelten Leichen und saugen jede Abartigkeit menschlichen Daseins wie ein Schwamm in uns auf? Immer mehr wollen, nicht aufhören können mit der Arbeit. Wir sind nichts anderes als Junkies. Unsere Droge ist das Verbrechen, das Mißtrauen, hinter jedem Gesicht könnte sich ein Massenmörder verstecken. Sind wir nicht alle auf der Suche nach Hannibal Lector? Immer und überall, jeden Tag? Und soll ich dir was sagen? Lisa hat recht. Wir sind nur deshalb in diesem Job, weil er uns ablenkt. Ablenkt von unserer eigenen inneren Leere. Wir sind leer, verstehst du? Wir sind hohl. Wo ist unsere Seele? Wo? Wem haben wir sie geopfert? Wir sind abhängig vom Kick, weil wir sonst elendig vor die Hunde gehen würden. Weil wir kein Ziel in unserem Leben haben. Nur auf den Anstoß von außen angewiesen sind, ohne den wir nicht atmen können.« Frank hatte sich in Rage geredet. Schweiß stand auf seiner Stirn.
    »Mann, bist du fertig.« Ecki war sprachlos. »Komm’ mal wieder runter. Wir haben doch auch schöne Zeiten.«
    »Ich hasse meinen Beruf. Hast du gehört? Ich hasse diesen Scheißberuf, diese ständigen Ermittlungen, die uns am Ende doch kein Stück weiter bringen. Immer nur Stückwerk. Wem tun wir Recht an? Hilft unsere Arbeit den Opfern? Nein. Hilft sie den Angehörigen? Nein. Tot ist tot und bleibt tot.« Frank schlug dabei mehrfach mit der Faust auf das Armaturenbrett.
    Ecki legte ihm beruhigend seine Hand auf den Arm. »Wir helfen dem Staat, Recht zu sprechen. Die Gesellschaft braucht uns, zu ihrer Sicherheit. Ohne uns geht die gesellschaftliche Ordnung verloren, wie es so schön im Politikerdeutsch heißt. Ohne uns wagt sich keine Oma mehr alleine über die Straße.« Ecki verstand die Welt nicht mehr. So hatte er seinen Freund und Kollegen noch nie erlebt.
    »Scheiß auf die Ordnung. Soll ich dir was sagen? Dem Staat ist es scheißegal, was

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