Der Lambertimord
seiner Schreibtischlampe war das Büro dunkel. Markus Jansen war wortlos mit seinem Anwalt verschwunden. Dafür hatte Daniel Wagmann Frank noch einmal eindringlich davor gewarnt, seine Kompetenzen zu überschreiten. Frank hatte ihn einfach nur reden lassen, mit dem Kopf genickt und sich seinen Teil gedacht. Sollte Wagmann sich doch aufregen. War sowieso nur Show. Er mochte Anwälte nicht besonders. Dafür hatte er in seiner Laufbahn schon zu oft erleben müssen, daß Anwälte ihre Mandanten mit juristischen Spitzfindigkeiten vor ihrer gerechten Strafe bewahrten. Abgesehen davon mochte er Staatsanwälte, mit Ausnahme von Böllmann vielleicht, auch nicht sonderlich. Besonders, weil sie oft zu langsam und zögerlich waren, wenn ihm ein Fall oder eine Verhaftung unter den Nägeln brannte. Aber das war eine andere Geschichte.
Ecki hatte er in den Feierabend geschickt, nachdem er gehört hatte, daß sein Freund noch kein Geschenk für seine Frau hatte. Langsam wurde es wirklich eng. Bis zum Heiligen Abend waren es nur noch ein paar Tage. Und wie er Ecki kannte, brauchte der einige Zeit, bis er das Richtige gefunden hatte.
Bevor Ecki aber das gemeinsame Büro verlassen hatte, waren ihm die Pflanzen auf dem Fensterbrett aufgefallen. Sie hatten in den vergangenen Tagen arg unter dem Fahndungstreß zu leiden gehabt. Der Ficus hatte mehr Blätter abgeworfen als sonst um diese Jahreszeit. Schimpfend hatte Ecki die welken Blätter aufgesammelt und den Pflanzen Wasser gegeben. Frank mußte ihm versprechen, daß er sich in Zukunft mehr um das Grün in ihrem Büro kümmern würde.
Ecki hatte ein Händchen für Pflanzen. Während anderswo in den Büros die Blumen regelmäßig eingingen und ersetzt werden mußten, wuchs und blühte auf ihrem Fensterbrett immer noch die erste gemeinsame Pflanzengeneration, sah man mal von den Cannabispflanzen ab, die regelmäßig auf dem Kompost landeten.
Zu Hause hatte Ecki einen regelrechten Dschungel im Wohnzimmer, der von ihm und seiner Frau liebevoll gepflegt wurde. Frank mußte an Marion denken. Eine patente Frau, die mit beiden Beinen im Leben stand. Ecki und seine Frau turtelten auch heute noch wie frisch verliebt. Frank war neidisch auf soviel Wärme und gegenseitiges Verstehen. Der Gedanke legte sich wie ein schweres Gewicht auf seine Brust. Nachdenklich rührte er in seinem kalten Kaffee.
Er konnte nur mühsam den Impuls unterdrücken, Lisa anzurufen. Er brauchte sie jetzt mehr denn je. Aber er hatte Angst, wieder nur von ihr abgewiesen zu werden. Lisa, Lisa, Lisa, in seinem Kopf kreiste nur noch ihr Name. Frank wählte ihre Nummer und legte sofort wieder auf. Da die Anschlüsse der Polizei keine Kennung hatten, würde sie nicht wissen, wer versucht hatte, sie zu erreichen.
Frank dachte an die Abende, die er glücklich war in Lisas Wohnung. Die gemeinsamen Essen bei Kerzenschein, das Tapezieren und Anstreichen im vergangenen Mai. Wie die Kinder hatten sie die wildesten Bilder auf die Wände gepinselt, hatten Herzen gemalt und in großen Buchstaben Ich liebe dich. Frank dachte an die romantischen Bäder in der viel zu kleinen Wanne, mit Sekt und viel Schaum. Und Frank mußte an die zärtlichen, wilden und atemlosen Stunden im Bett denken. Ihre gemeinsame Lust auf Neues, Lisas freche Tabulosigkeit und ihre feuchten Lippen, die ihn so unendlich gierig machen konnten.
Ob Böskes ähnlich über Heike gedacht hatte? Hatte Markus Jansen ähnliche Erlebnisse mit Heike gehabt wie Frank mit Lisa? Oder waren bei ihnen Lust und Liebe getrennt, hatten sie Sex mit Liebe verwechselt? Was hatte Jansen wirklich für Heike empfunden? Wie war er wirklich damit fertig geworden, daß Heike vor ihm mit Böskes an den gleichen Orten im Wald war? Konnte sich aus dem nagenden Gefühl der – wenn auch unbegründeten – Eifersucht Haß entwickeln? Hatte das eindeutige Foto, das Masuhr herumgereicht hatte, wie eine Art Brandbeschleuniger gewirkt? Hätte er, Frank, den Tod von Böskes verhindern können, wenn er selbst Vander auf die Spur gekommen wäre? Wenn er doch nur diese Fragen beantworten könnte, wäre er der Lösung des Falles mit Sicherheit längst ein Stück näher.
Frank fühlte sich wie ein Anfänger. Wenn er ehrlich war, hatte er bis hierhin nur Glück gehabt. Der Mord an Masuhr hatte sich ohne sein Zutun aufgeklärt. Aber er konnte nicht dasitzen und darauf warten, daß auch der Tod von Heike van den Hövel sich von selbst löste. Die Presse wurde immer unruhiger. Wenn man die Artikel genau las,
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