Der Lambertimord
bist ja weiß wie ein Sack Kalk.« Böskes lachte los, als habe er einen geradezu umwerfenden Scherz gemacht. Eine Spur zu laut, dachte Frank.
»Mausi ist tot.« van den Hövel sah Böskes an und wischte sich ein paar Tränen von der Wange. Er sprach schleppend und machte nach jedem Wort eine lange Pause. »Ich meine, Heike. Heike ist tot. Sie wird gerade nach Duisburg zur Obduktion gebracht.« van den Hövel drehte sich zu Frank. »Ich will nicht, daß man sie aufschneidet. Hören Sie, ich will das nicht.«
»Oh Gott, das tut mir leid. Ich konnte ja nicht wissen, was hier los ist.« Böskes war unter seiner braunen Haut blaß geworden und sah Frank und Ecki entschuldigend an. Im nächsten Augenblick hatte er sich schon wieder gefangen. Ganz Geschäftsmann deutete er auf die Absperrung. »Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden. Wenn Sie mich brauchen, ich bin hinten in meinem Büro. Ist wohl besser, wenn wir heute nicht arbeiten. Ist ja sowieso Wochenende. Also, meine Herren, guten Tag.« Er sah Toni van den Hövel lange an. »Tut mir leid, wirklich, Toni. Wenn du etwas brauchst, ruf mich an. Ich bin jederzeit für dich da.« Er gab den Männern zum Abschied die Hand und ging in Richtung Baucontainer.
Ecki sah ihm nach und sagte mehr zu sich selbst. »Was ist das denn für ein merkwürdiger Vogel?«
»Das ist mittlerweile der größte Bauunternehmer in Nettetal. Hat sich aus ganz kleinen Verhältnissen hochgearbeitet. Ohne ihn läuft hier in der Stadt nicht mehr viel. Der hat überallhin Kontakte, ein cleverer Geschäftsmann halt.« Toni van den Hövel hatte sich offenbar ein bißchen gefaßt. Nachdenklich sah er Böskes im Baucontainer verschwinden.
Ecki hatte sich von Böskes Auftritt nicht beirren lassen. »Ich frage Sie noch mal, Herr van den Hövel, wo waren Sie gestern Abend?«
van den Hövel ließ sich von der Frage nicht aus der Ruhe bringen. »Zu Hause. Wo sonst? Ich habe einen Haufen Bestellungen aus Frankreich. Die Franzmänner wollen an der Rhône große Obstplantagen anlegen. Die Aufträge müssen bearbeitet werden. Ich habe den ganzen Abend über meinen Abrechnungen gesessen. Was soll die Frage? Suchen Sie lieber den Mörder meiner Tochter. Oder brauche ich etwa einen Anwalt? Brauchen Sie nur zu sagen.« Böskes klang angriffslustig.
Ecki winkte leicht ab. »Herr van den Hövel, nun beruhigen Sie sich doch. War doch nur eine Routinefrage. Ich muß Ihnen solche Fragen stellen.«
IX.
Kurz nach der Pressekonferenz mit Staatsanwalt Ralf Böllmann im Kreishaus Viersen saßen Frank und Ecki wieder in ihrem Büro im Polizeipräsidium an der Theodor-Heuss-Straße in Mönchengladbach. Wie immer hatte der Jurist äußerlich unbewegt und souverän den ungeduldigen Journalisten Auskunft gegeben. Die Medienvertreter hatten fast eine Stunde auf den Beginn der Pressekonferenz warten müssen. Böllmann war bei der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach zuständig für die Ermittlungen bei Kapitaldelikten. Keine leichte Aufgabe, die dem Vierzigjährigen ein hohes Maß an Selbstbeherrschung abverlangte. Das hatte Ralf Böllmann Frank einmal nach Dienstschluß bei einem Bier am Tresen der Fun-Arena in Giesenkirchen erzählt, wo sich die beiden nach dem Sport zufällig getroffen hatten. Aber schließlich müsse ja irgendjemand den Job machen, hatte er achselzuckend erklärt.
Bei seinen Kollegen war der Staatsanwalt sehr beliebt. Gab es Probleme oder dringende Familienangelegenheiten, war Ralf Böllmann immer bereit, einen zusätzlichen Bereitschaftsdienst zu übernehmen. Dabei war er überhaupt nicht das, was man als »karrieregeil« bezeichnen könnte. Eher war das Gegenteil der Fall. Böllmann wollte lieber seine Ruhe haben und ließ deshalb Kollegen auf der Karriereleiter an sich vorbeiziehen, ohne neidisch zu sein. Der Familienvater wirkte trotz seiner vierzig Jahre und der permanenten Arbeitsüberlastung eher wie ein großer Junge, der zudem gerne lachte. Er nahm seine Arbeit sehr ernst, konnte aber auch bei weniger offiziellen Angelegenheiten mit Genuß »fünfe gerade sein lassen«.
Frank Borsch und Michael Eckers waren froh, daß die Journalisten auf dem Rückweg in ihre Redaktionen waren. Das heißt, Frank war froh, denn Ecki war bei der Obduktion in Duisburg dabei gewesen. Ecki war froh, als er endlich aus der Gerichtsmedizin hatte abhauen können. Ihm war die ganze Zeit über schlecht gewesen. Das hatte aber eher daran gelegen, wie Ecki mehrfach überdeutlich betonte, daß er seit dem Stück
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