Der Lambertimord
ganz auf uns verlassen. Wie immer. Das wissen Sie doch.«
Sie hörten nur noch ein Klicken, dann war die Leitung tot.
»Möchte mal wissen, was das sollte.« Frank schob sich mit seinem Stuhl ärgerlich vom Schreibtisch ab.
»Der Alte steht doch auch unter Strom. Ich kann mir vorstellen, daß gerade die Boulevard-Zeitungen am Rad drehen und ihn ständig mit ihren Anrufen nerven. Hätte ich auch nicht gerne.«
»Die sind mir scheißegal.«
»Das weiß ich. Reg dich nicht so auf. Laß uns einen Kaffee trinken gehen. Ein bißchen Abwechslung wird uns guttun. Dann kannst du mir ein bißchen von deiner Band erzählen.«
»Seit wann interessierst du dich für meine Musik?«
»Na, es ist nie zu spät, oder?«
Frank konnte es nicht glauben. Well it’s true that we love one another, die White Stripes hatten wohl doch recht. Andererseits, für Volksmusik würde er sich nie begeistern können. Schatten überm Rosenhof, nee danke.
XIX.
Dieter Böskes wählte die Nummer seines Freundes Klaus Vander.
»Hallo, Klaus, ich muß dich dringend sprechen. Nein, es geht nicht um die Lieferung Tuffsteine für den Lambertiturm. Die kann warten. Was los ist? Das sage ich dir später. Sagen wir in einer halben Stunde? Ja, bei Peuten. Wir können dann zusammen etwas essen. Bis nachher.«
Böskes legte auf. Dann drückte er auf die Taste der Gegensprechanlage: »Kerstin, sagen Sie für heute alle Termine ab. Und rufen Sie meine Frau an. Ich werde zum Mittagessen nicht zu Hause sein. Es wird spät werden. Danke, Kerstin.«
Er war froh, daß er sich auf die junge Sekretärin verlassen konnte. Absolut zuverlässig, mit viel Grips und gesundem Menschenverstand schmiß sie den Laden quasi mit links. Dazu hatte sie noch einen knackigen Arsch, hatte Klaus gleich beim ersten Besuch bemerkt. Als wenn er das nicht selbst wußte. Schließlich war er schon länger ihr Chef.
Böskes lenkte seinen Mercedes von Breyell über Lötsch und Boisheim zum Landgasthof Peuten. Bevor er sich mit Klaus treffen konnte, hatte er doch noch einen kurzen Besuch am Lambertiturm machen müssen. Die Arbeiten am Turm würden nach der Winterpause schnell beendet sein. Allerdings, viel würde für ihn am Ende nach Abzug der Kosten nicht übrig bleiben. Aber er hatte sich der Anfrage nicht entziehen können. Schließlich war der Bauauftrag gut fürs Image. Er galt im Dorf als neureicher Emporkömmling. Die Breyeller mochten ihn schon deshalb nicht besonders, weil er nur seine Firma am Dorfrand hatte, er es aber vorzog, in Hinsbeck zu wohnen. Außerdem war er ein gebürtiger Lobbericher. Da konnte er bei Kreuels oder in der Hahnestroat noch so viele Runden schmeißen – letztlich blieben die Breyeller doch lieber unter sich. Ignorantes Volk.
Bei dem Gedanken trat er das Gaspedal noch ein Stück weiter durch. Er hatte sich seinen Wohlstand hart erarbeitet. Was wußten sie im Dorf schon über die harte Arbeit, die Nächte über Berechnungen, Baupläne, Finanzierungsanträge? Maurer hatte er gelernt, wie sein Vater. Das Fachabitur hatte er abends nachgeholt. Das war auch der Grund, warum Christa und er keine Kinder hatten. Der Kinderwunsch war auf dem Weg nach oben einfach auf der Strecke geblieben. Zunächst hatten sie noch regelmäßig »geübt«, wie seine Mutter damals augenzwinkernd meinte. Dann waren die Abstände immer größer geworden. Bis er sich schließlich zwingen mußte, mit seiner Frau zu schlafen.
Christa war im Laufe der Jahre immer breiter geworden, aufgegangen wie ein Hefekuchen, dachte er zynisch. Das machte sie nicht eben attraktiver. Mit der Zeit hatte er seine sexuellen Wünsche mit anderen Frauen befriedigt. Er hatte immer dafür zahlen müssen. Aber das war ihm stets egal gewesen. Gutes Geld für gute Arbeit, so hielt er es auch beim Sex. Außerdem gab es keine Probleme mit den Weibern. Da konnte er einfach aufstehen und weggehen. Die fragten noch nicht einmal, ob er wiederkommen würde.
Bei Heike war das anders gewesen. Er hatte sie vor drei Jahren zufällig in Düsseldorf in der Nähe der Schadow-Arkaden getroffen. Sie hatte hinreißend ausgesehen, wie sie da vor dem Schaufenster von P&C stand. Bis dahin hatte er in ihr nur die Tochter seines »Brauchtumsbruders« van den Hövel gesehen. Unauffällig, vielleicht ein bißchen zu schüchtern für die Alleinerbin eines so großen Betriebs, van den Hövel hatte überall im Kreis Viersen große Grundstücke, die er nur zum Teil für die Aufzucht und Bewirtschaftung seiner Obstbäume nutzte.
Weitere Kostenlose Bücher