Der Lambertimord
ich mal etwas von dir möchte, hast du auf einmal keine Zeit. Ich glaube, ich muß erst als Leiche irgendwo liegen, damit du dich um mich kümmerst.« Lisas Humor konnte sehr gallig sein.
»Lisa, das ist unfair.« Frank versuchte den Ansatz einer Erklärung.
»Lisa. Lisa. Nee, mein Lieber, du machst es dir ziemlich einfach. Ich will, daß du gleich kommst. DU bist unfair.«
Frank hörte im Hintergrund Stimmengewirr und einen Gong. Lisa mußte aus dem Sekretariat ihrer Schule anrufen. »Lisa, ich kann nicht, wir müssen die ersten Fahndungsergebnisse auswerten. Wir stehen doch erst am Anfang. Ich kann wirklich nicht.«
»Dann laß’ stecken. Ich komme auch ohne dich klar. Und versuche bloß nicht, mich anzurufen. Laß’ mich einfach in Ruhe.«
Es klickte in den Leitung.
Das war’s dann wohl, dachte Frank resigniert. Ihm wurde schlecht. Hilflos legte Frank die Unterarme auf die Schreibtischunterlage. Sie waren schwer wie Blei. Nur mit Mühe konnte er die Arme heben und die oberste Seite des dicken Blocks abreißen, der als Schreibtischunterlage diente. Das Blatt war vollgekritzelt mit L und F in allen möglichen Größen und Formen. Mit müden Bewegungen zerknüllte er das große Blatt und warf es in den Papierkorb neben seinem Schreibtisch.
Ecki öffnete vorsichtig die Tür und streckte Frank einen der beiden Becher Kaffee entgegen, die er in Händen hielt. »Na, wie ist es gelaufen?«
»Ach, hör auf. Jetzt weiß ich überhaupt nichts mehr. Nach all den Wochen ruft Lisa hier an und will mich sprechen. Am besten sofort. Aber ich kann doch hier nicht alles stehen und liegen lassen. Ich weiß noch nicht einmal, worüber sie mit mir reden will. Ich hatte nicht einmal die Gelegenheit, sie zu fragen. Sie ist stattdessen direkt explodiert, als ich Nein sagen mußte.«
Ecki zuckte betont gleichgültig mit den Schultern. »Wenn es so wichtig war, wird sie sich schon wieder melden. Trink erst mal deinen Kaffee. Das wird dir gut tun. Du wirst sehen.«
Wenn Ecki Probleme hatte, machte er sich erst einmal ganz pragmatisch einen Kaffee. Als wäre die rituelle Handlung schon der erste Schritt zur Lösung aller Fragen dieser Welt. Das kam bestimmt daher, daß er auf einem Bauernhof mit Tieren aufgewachsen ist, hatte Frank oft neidvoll gedacht. Ponys mußten auf den Menschen eine beruhigende Wirkung haben. Und Kaffee.
»Paß auf, bevor wir gleich mit den Kollegen sprechen, laß uns zusammentragen, was wir bisher wissen.« Ecki zog sein Klemmbrett zu sich rüber. Beim Schreiben sprach er laut vor sich hin. »Heike van den Hövel, 28. Tot aufgefunden am 23. November am Fuß des Lambertiturms. Fundort nicht gleich Tatort. Keine Blutspuren im Umfeld der Leiche. Todesursache: Massive Gewalteinwirkung durch einen stumpfen Gegenstand. Möglicherweise ein Hammer, die flache Seite einer Axt, eine Eisenstange, ein Holzbalken, oder ein Baseballschläger. Todeszeitpunkt vermutlich gegen Mitternacht. So genau ist das nicht mehr festzustellen, sagt die Gerichtsmedizin. Dafür hat die Leiche zu lange halbnackt in der Kälte gelegen. Bei der Suche nach der Tatwaffe auf der Baustelle des Lambertiturms wurde nichts Verwertbares entdeckt. Gefunden wurde die Tote gegen 5:00 Uhr von Josef Giskes, 48, Spielhallenaufsicht, keine Vorstrafen. Giskes lebt allein und gilt im Dort als Unikum, aber harmlos. Verbringt viel Zeit auf den Bänken im Dorf. Die Überprüfung seines Alibis ergab keine Anhaltspunkte. Seine letzten Gäste haben ausgesagt, daß Giskes den ganzen Abend in der Spielhalle war, bis nach Mitternacht. Giskes kennt die Familie van den Hövel und damit auch die Tote. Ihr Vater war häufig Gast der Spielhalle auf der Josefstraße.« Ecki sah auf. »He, Frank, hörst du mir eigentlich zu?«
Frank hatte die ganze Zeit über den Kaffeebecher in seiner Hand gedreht und wie geistesabwesend vor sich hingestarrt. »Klar, ich höre schon zu. Mach’ nur weiter, Ecki.«
Ecki räusperte sich: »Die Anwohner haben nichts bemerkt. Kein Auto, keine verdächtigen Geräusche. Nichts. Alle haben den Schlaf des Gerechten geschlafen. Behaupten sie jedenfalls. Sie haben sich bei unseren Kollegen nur über den Lärm beschwert, den die Arbeiter von Böskes auf der Baustelle machen. Ganz so, als gäbe es nichts Wichtigeres auf der Welt als ihre Ruhe.«
»Das wird eh’ bald ein Ende haben. Dann ist es endgültig zu kalt für die Bauarbeiten. Mach weiter.«
»Bei der Obduktion der Leiche wurden neben den Kopfwunden im Magen die Reste eines leichten
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