Der Lambertimord
Kartoffelklößen bringen. Aber er bekam kaum einen Bissen runter. Zum Glück waren Veuskens beim Verlassen des Lokals nicht an ihrem Tisch stehengeblieben, sondern nur mit einem Gruß »an die Frau Gemahlin« vorbeigegangen. Durch die große Fensterfront konnte Böskes sehen, wie die beiden aufgeregt miteinander sprachen.
XX.
»Willst Du nicht ’rangehn?« Ecki sah seinen Freund und Kollegen über den Schreibtisch an. »Wie lange soll das Telefon noch klingeln?«
Frank schreckte aus seinen Gedanken auf und griff zu seinem Handy, das auf dem Schreibtisch lag. »Was? Ach so.« Er meldete sich. »Ja? Borsch.« Frank hätte die Stimme fast nicht erkannt. »Lisa?« Frank war wie elektrisiert und setzte sich blitzartig aufrecht. »Lisa?«, fragte Frank erneut ungläubig nach. Ihm wurde heiß. Wieso rief Lisa an? Jetzt? »Ich mein’, schön, daß du anrufst.«
Frank war völlig durcheinander. Damit hatte er am allerwenigsten gerechnet.
Schließlich hatte er seit Ewigkeiten keinen Anruf von ihr bekommen. Warum nur? In den letzten Wochen war etwas passiert. Da war Frank sich sicher. Aber er wußte immer noch nicht, was es denn hätte sein können. Die abstrusesten Gedanken hatte er sich schon gemacht. Zum Beispiel, daß sie sich in einen ihrer Kollegen verliebt haben könnte. Aber das wollte er nicht glauben. Das Kollegium an ihrer Gesamtschule war im Schnitt schon deutlich an der Pensionsgrenze. Und auf solch alte Männer stand Lisa nun dann doch nicht. Das hatte sie ihm schon mehrfach gesagt, wenn er den Altersunterschied zwischen ihnen beiden zur Sprache brachte.
Sie hatte ihn stets damit geneckt, daß sie ihn schon bald werde pflegen müssen. Immerhin bewege er sich ja auch schon stramm auf die fünfzig zu. Jedes Mal war er ihr auf den Leim gegangen. Lisa hatte sich dann fast totgelacht, wenn er besorgt nachfragte, ob er ihr nicht doch zu alt war.
»Na ja«, hatte sie dann gesagt, »ein bißchen an deinem Bauch wirst du wohl tun müssen. Außerdem solltest du dir ein Hörgerät anschaffen. Und du solltest schon mal beim Verein Sport für betagte Bürger nach einem freien Platz fragen.«
Solche Kabbeleien waren dann meist in einer stürmischen Nacht geendet. Zu alt für Lisa fühlte er sich dann nicht mehr.
Frank konnte sich noch so sehr den Kopf darüber zerbrechen, was es denn sein könnte, was Lisa so abweisend sein ließ. Er konnte sich allerdings überhaupt keinen Reim darauf machen, daß sie auf seine Nachrichten, die er ihr auf dem Anrufbeantworter hinterlassen hatte, nicht reagierte. Dabei hatte er bei einigen Gelegenheiten das ganze Band vollgequatscht. Einmal hatte er mitten in den Nacht angerufen, nachdem er mit einigen Kollegen durch die Mönchengladbacher Altstadt gezogen war. Er war nicht mehr nüchtern gewesen. Um ehrlich zu sein, war er sogar ziemlich betrunken gewesen. Aber er hatte ihr nur einen Gutenachtkuß durch den Hörer schicken wollen. Sie hatte nicht abgehoben. Die ganze Nacht hatte er vergeblich ihre Telefonnummer gewählt.
Schon bei Franks erstem »Lisa« hatte Ecki das Büro verlassen und beim Hinausgehen ermunternd den Daumen gehoben.
»Ja, mir geht es gut.« Franks Hals war trocken, seine Stimmbänder schienen über Schmirgelpapier zu reiben. Lügner, ihm ging es überhaupt nicht gut. Er räusperte sich umständlich. »Ja, der Fall van den Hövel macht uns zu schaffen. Wir kommen nicht richtig voran. Das nervt.« Lisa hatte von dem Mord und dem spektakulären Fundort der Leiche, mitten auf dem Marktplatz in dem Dorf im Kreis Viersen, in der Zeitung gelesen.
»Hör’ zu, Frank. Ich muß mit dir reden.«
Frank war plötzlich hellwach. »Klar, jederzeit. Wann soll ich kommen?« Er hängte nach einer winzigen Pause ein vorsichtiges »Schatz« an.
Lisa überhörte das »Schatz«.
»Gut, dann treffen wir uns um Zwei bei mir. Ich habe heute nur vier Stunden Unterricht.«
Frank wurde es wieder heiß. »Lisa, können wir das nicht auf heute abend verschieben? Ich habe gleich noch eine Besprechung.« Komm, sei lieb, Lisa, dachte Frank. Mach jetzt keine Szene. Bitte.
»Dann verschiebe deine Besprechung. Ich muß jetzt mit dir reden und nicht erst heute abend.«
»Lisa, bitte, das geht nicht. Echt nicht. Der Staatsanwalt kommt auch dazu. Die ganze MK ist dabei. Ich kann als Leiter nicht einfach fehlen. Das mußt du doch verstehen. Bitte, Lisa.«
»Keine Sorge, Frank, ich habe schon verstanden. Es ist wie immer. Typisch. Der Herr Kommissar kommt und geht, wie es ihm gefällt. Wenn
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