Der Lambertimord
running sprang Frank auf und rannte ins Badezimmer. Aber zum Glück war seine Wanne noch nicht vollgelaufen. Er drehte den Hahn zu. Im Hintergrund jammerte die Hammond. Langsam schlenderte Frank zurück und nahm im Vorbeigehen ein Bier aus dem Kühlschrank.
Unruhig drehte er sich auf dem großen Bett von einer Seite auf die andere. Mit der Fernbedienung schaltete er den CD-Player aus. Obwohl er noch in die Wanne wollte, fiel er in einen Halbschlaf, in dem sich die Bilder von Lisa und der toten Heike van den Hövel vermischten. Er sah Frauen mit Kinderwagen, den ausgebrannten Ford, Ecki, der mit dem Leiter der Spurensicherung Manfred Kuhlen bei einem Volksmusik-Konzert in der Grefrather Eissporthalle war. Frank meinte, den Jubel von einem Fußballspiel zu hören, sah Spielfetzen, hörte die Trommel von Manolo, angefeuert von dem Hinsbecker Rentner in den schmuddeligen und ausgebeulten Hosen. Und immer wieder hörte er Staatsanwalt Ralf Böllmann, wie er in die übergroßen Mikrofone von RTL und Sat.l sprach: »Denken Sie daran, wir ermitteln in zwei Mordfällen, denken Sie daran, in zwei, in zwei, in zwei.«
Sein Schulfreund Josef drängte schließlich die Kamerateams weg. »Kommen Sie in meine Spielhalle. Da finden Sie die Beweise. Ich habe alles in meinen Automaten gespeichert. Das Spiel kostet nur einen Euro.« Dabei sah Josef traurig aus. Traurig, weil sich niemand für ihn interessierte. Die Mikrofone platzten wie Luftballons. Frank rannte der Journalistin von RTL hinterher. »Bitte bleiben Sie stehen. Ich kann Ihnen Freikarten besorgen, Peter Green spielt in Breyell vor dem Lambertiturm.« Er wußte, daß sie nicht bleiben würde, denn es war Dezember und zu kalt für ein Open-Air-Konzert. Trotzdem rief er ihr nach. »So bleiben Sie doch stehen.« Sie drehte sich um und sah ihn an. Es war Lisa, die nun mit einer Kamera auf ihn zielte. »Was haben Sie zu sagen? Machen Sie schnell!«
Schweißgebadet wachte Frank am anderen Morgen auf. Nach einer langen Dusche fuhr er ohne Frühstück nach Breyell.
Ecki riß schwungvoll die Tür zum Ratssaal auf und wedelte aufgeräumt mit mehreren dünnen Aktendeckeln. Außer Frank saßen der Aktenführer Klaus Schneider im Raum und zwei Kollegen, die vom Raubdezernat zur Mordkommission gestoßen waren und telefonierten bzw. am Computer arbeiteten. Der Rest der Kommission war entweder noch nicht zum Dienst erschienen oder unterwegs.
»Neuigkeiten.« Als Ecki Franks Gesicht sah, hielt er mitten im Raum inne. »Was ist denn mit dir los? Was ist dir denn über die Leber gelaufen? Offenbar eine ganze Elefantenherde.«
»Ich bin einfach nur spät ins Bett gekommen und habe schlecht geschlafen. Das ist alles.« Frank winkte ab und hoffte, jetzt bloß kein überflüssiges Gespräch über Lisa anfangen zu müssen.
»Na, das sieht aber eher nach Liebeskummer aus.« Ecki war an den Schreibtisch gekommen und ließ sich auf den Stuhl fallen. Gleichzeitig warf er Frank die Aktendeckel auf die Schreibtischunterlage. »Da, friß.«
»Mensch, laß das. Was ist das?«
»Das hat mir die Spurensicherung in die Hand gedrückt, bevor ich aus dem Präsidium abhauen konnte. Und das andere ist der ausführliche Bericht aus der Pathologie. Stell dir vor, Heike van den Hövel war schwanger.«
»Was? Warum erfahren wir das erst jetzt?« Frank blätterte in den Unterlagen der Duisburger Gerichtsmedizin. Da stand es tatsächlich Schwarz auf Weiß: Ende dritter Monat. Hatte Heike van den Hövel deshalb sterben müssen? Wußte sie von der Schwangerschaft? Wußte überhaupt jemand von der Schwangerschaft? Und wer war der Vater?
Ohne weiter auf Ecki zu achten, griff er zum Telefon und wählte die Nummer von van den Hövels Firma. »Guten Morgen Frau Stevens. Ist Herr van den Hövel im Büro? Danke, ich warte.« Frank sah Ecki wütend an. »Warum kommt der verdammte Bericht erst jetzt? Wie soll man denn so vernünftig arbeiten?«
»Hey, ich bin’s, dein Freund und Kollege Ecki. Ich kann nichts dazu. Professor Gunter hat sich bei mir entschuldigt. Sie hätten so wahnsinnig viel zu tun. Außerdem muß ein Oberarzt den Bericht schlicht und einfach vergessen haben. Soll nicht mehr vorkommen, soll ich dir ausrichten.«
»Dafür kann ich mir nichts kaufen.« Frank lauschte in den Hörer. »Ja, Guten Tag, Herr van den Hövel. Wußten Sie, daß Ihre Tochter schwanger war? Hallo, sind Sie noch da?«
Offenbar war am anderen Ende der Leitung Stille.
»Herr van den Hövel, hören sie mich? Ja, sie war
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