Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Landarzt (German Edition)

Der Landarzt (German Edition)

Titel: Der Landarzt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
Vom Netzwerk:
und seine Waren abholten, blieben sie da, wurden schlechter und verdarben. Er starb denn auch Hungers. Seine Frau, die er durch schlechte Behandlung fast schwachsinnig gemacht hatte, verkam im Elend. Diese Faulheit, diese unheilbare Stupidität haben mir so viel zu schaffen gemacht, und der Anblick dieser Fabrik war mir derartig unangenehm, daß ich es vermied, hier vorbeizukommen. Glücklicherweise waren Mann und Frau alt. Eines schönen Tages hatte der Ziegelbrenner einen Paralyseanfall, und ich ließ ihn sofort im Grenobler Hospital unterbringen. Der Besitzer der Ziegelei willigte ein, sie ohne Widerrede in dem Zustande, in dem sie sich befand, zurückzunehmen, und ich suchte neue Mieter, die an den Verbesserungen, die ich in allen Industrien des Bezirks einführen wollte, sich beteiligen konnten. Der Gatte einer Kammerfrau Madame Graviers, ein armer Arbeiter, der sehr wenig Geld bei einem Töpfer, wo er arbeitete, verdiente, und seine Familie nicht erhalten konnte, hörte von meinen Absichten. Der Mann besaß Mut genug, unsere Ziegelei in Pacht zu nehmen, ohne einen roten Heller zu haben. Er richtete sich hier ein, lehrte seine Frau, die alte Mutter seiner Frau und seine eigene Dachziegel formen und machte sie zu seinen Arbeitern. Bei meiner Ehre, ich weiß nicht, wie sie sich einrichteten. Wahrscheinlich borgte sich Vigneau das Holz, um seinen Ofen zu heizen, zweifelsohne holte er seine Materialien nachts tragkorbweise und verarbeitete sie tagsüber. Kurz, er entfaltete heimlich eine grenzenlose Energie, und die beiden alten Mütter in Lumpen arbeiteten wie Neger. Vigneau wußte so einige Oefen voll zu brennen und verbrachte das erste Jahr, indem er durch die Schweißtropfen seines Haushalts teuer bezahltes Brot aß; aber er hielt durch. Sein Mut, seine Geduld, seine guten Eigenschaften erweckten die Anteilnahme vieler Leute für ihn, und er wurde bekannt. Unermüdlich lief er des Morgens nach Grenoble, verkaufte dort seine Ziegel und Backsteine; dann kehrte er um Mittag nach Hause zurück und kam in der Nacht wieder in die Stadt; er schien sich zu vervielfachen. Gegen Ende des ersten Jahres stellte er zwei kleine Jungen als Helfer ein. Als ich das sah, lieh ich ihm einiges Geld. Nun verbesserte sich das Los dieser Familie von Jahr zu Jahr. Seit dem zweiten Jahre machten die beiden alten Mütter keine Ziegel, zerstießen keine Steine mehr; sie bearbeiteten die kleinen Gärten, kochten Suppe, flickten Kleider, spannen des Abends und gingen tagsüber ins Holz. Die junge Frau, die lesen und schreiben kann, führte die Bücher. Vigneau hatte ein kleines Pferd, um in die Umgegend zu fahren und dort Kunden zu suchen; dann studierte er die Kunst des Ziegelbrenners, fand das Mittel, schöne weiße Fliesen herzustellen und verkaufte sie unter dem üblichen Preise. Im dritten Jahre hatte er einen Karren und zwei Pferde. Als er seinen ersten Wagen bestieg, wurde seine Frau beinahe elegant. Alles in seinem Haushalte hielt sich mit seinen Gewinsten im Einklang, und stets hielt er dort Ordnung, Sparsamkeit und Sauberkeit aufrecht, die Quellen seines kleinen Vermögens. Endlich konnte er sich sechs Arbeiter halten und bezahlte sie gut. Er nahm einen Wagenführer und setzte alles bei sich auf sehr guten Fuß, kurz, nach und nach ist er, indem er seinen Verstand anstrengte und seine Arbeiten und seinen Handel ausdehnte, zu Wohlstand gelangt. Im letzten Jahre hat er sich die Ziegelei gekauft; im nächsten Jahre wird er sein Haus erneuern. Jetzt befinden sich alle diese guten Leute wohl und sind gut gekleidet. Die magere und blasse Frau, die anfangs die Sorgen und Unruhen des Herrn teilte, ist wieder rund, frisch und hübsch geworden. Die beiden alten Mütter sind sehr glücklich und sorgen für die kleinen Einzelheiten in Haus und Handel. Die Arbeit hat Geld hervorgebracht, und das Geld hat, indem es Ruhe schuf, Gesundheit, Ueberfluß und Freude wiedergebracht. Wahrlich, dieser Haushalt ist für mich die lebende Geschichte meiner Gemeinde und junger Handelsstaaten. Diese Ziegelei, die ich einst düster, leer, unsauber und unproduktiv sah, ist jetzt in voller Tätigkeit, voller Menschen, reich und gut versorgt. Da liegt für ein gutes Stück Geld Holz und alle Materialien, die für die Saisonarbeit nötig sind: denn, wie Sie wissen, stellt man Ziegel nur während einer bestimmten Jahreszeit zwischen Juni und September her. Macht diese Betriebsamkeit nicht Vergnügen? Mein Ziegelbrenner hat zu allen Bauten des Fleckens mit

Weitere Kostenlose Bücher