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Der Landarzt (German Edition)

Der Landarzt (German Edition)

Titel: Der Landarzt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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blieben um den Reisigzaun, welcher der Ziegelei als Tür diente, gruppiert stehen, um sich seiner Gegenwart bis zum letzten Moment zu erfreuen, so wie es jeder bei geliebten Menschen tut. Die Eingebungen des Herzens müssen überall gleich sein, auch die süßen Gebräuche der Freundschaft werden natürlicherweise in jedem Lande befolgt.
    Nachdem er den Sonnenstand geprüft hatte, sagte Benassis zu seinem Gefährten:
    »Wir haben noch zwei Stunden Tag, und wenn Sie nicht allzu ausgehungert sind, wollen wir noch ein reizendes Geschöpf besuchen, dem ich fast immer die Zeit widme, die mir zwischen der Essensstunde und der bleibt, wo meine Besuche beendigt sind. Man nennt sie meine ›gute Freundin‹ im Bezirk; doch glauben Sie nicht, daß dieser Beiname, der hier gebräuchlich ist, um eine zukünftige Gattin zu bezeichnen, die geringste Verleumdung decken oder autorisieren kann. Obwohl meine Sorge für dies arme Kind sie zum Gegenstande einer ziemlich begreiflichen Eifersucht macht, verbietet die Meinung, die jeder von meinem Charakter gefaßt hat, jede böse Nachrede. Wenn sich auch niemand die Laune erklären kann, der ich scheinbar nachgebe, wenn ich der Fosseuse eine Rente aussetze, damit sie leben könne, ohne zur Arbeit genötigt zu sein, so glaubt doch jeder an ihre Tugend. Alle Welt weiß, daß ich, wenn meine Liebe einmal die Grenzen freundschaftlicher Protektion überschritte, nicht einen Augenblick zaudern würde, sie zu heiraten. Doch,« fügte der Arzt, sich zu einem Lächeln zwingend, hinzu, »gibt es für mich weder in dem Bezirke hier noch anderswo eine Frau. Ein sehr expansiver Mann, mein lieber Herr, empfindet ein unbesiegliches Bedürfnis, sich an eine Sache oder an ein Wesen von all den Wesen und Sachen, die ihn umgeben, besonders nahe anzuschließen, vor allem, wenn das Leben für ihn öde ist. Auch dürfen Sie, glauben Sie mir, stets einen Menschen günstig beurteilen, der seinen Hund oder sein Pferd liebt! Unter der leidenden Schar, die der Zufall mir anvertraut hat, ist diese arme kleine Kranke für mich, was in meinem Sonnenland, in dem Languedoc, das Lieblingslamm ist, dem die Schäferinnen verblichene Bänder umbinden, mit dem sie sprechen, das sie längs der Getreidefelder weiden lassen und dessen lässigen Gang der Hund niemals beschleunigt!«
    Während Benassis diese Worte sagte, blieb er aufgerichtet stehen, die Hand in der Mähne seines Pferdes, bereit aufzusitzen, aber doch nicht aufsitzend, wie wenn das Gefühl, von dem er erregt wurde, sich nicht mit jähen Bewegungen vertrüge.
    »Auf!« rief er, »kommen Sie und sehen Sie sie. Heißt Sie zu ihr führen, nicht, Ihnen sagen, daß ich sie wie eine Schwester behandle?«
    Als die beiden Reiter zu Pferde saßen, sagte Genestas zum Arzte:
    »Würde ich taktlos sein, wenn ich Sie noch um einige Aufschlüsse über Ihre Fosseuse bäte? Von all den Existenzen, die Sie mich haben kennenlernen lassen, muß sie nicht die am wenigsten merkwürdige sein.«
    »Mein Herr,« antwortete Benassis, sein Pferd anhaltend, »vielleicht werden Sie das Interesse, das mir die Fosseuse einflößt, nicht ganz teilen. Ihr Schicksal ähnelt dem meinigen: unser innerer Beruf ist enttäuscht worden. Das Gefühl, das ich zu ihr hege, und die Erregung, die mich bei ihrem Anblick überkommt, entspringt der Gleichheit unserer Lage. Als Sie das Waffenhandwerk einmal ergriffen hatten, sind Sie Ihrer Neigung gefolgt, oder haben diesem Berufe Geschmack abgewonnen; denn sonst würden Sie nicht bis zu Ihrem Alter unter dem drückenden Harnisch der Militärdisziplin ausgehalten haben. Sie können daher weder das Unglück einer Seele, deren Wünsche immer neu entstehen und immer wieder verraten werden, noch den beständigen Gram einer Kreatur begreifen, die gesonnen ist, woanders wie in ihrer Sphäre zu leben. Derartige Leiden bleiben ein Geheimnis zwischen solchen Wesen und Gott, der ihnen diese Trübsal schickt, denn sie allein kennen die Gewalt der Eindrücke, die ihnen die Ereignisse des Lebens verursachen. Hat Sie, ein abgestumpfter Zeuge so vieler, durch einen langen Kriegslauf verursachter Schicksalsschläge, indessen nicht selber in Ihrem Herzen eine leise Traurigkeit überrascht, wenn Sie einem Baume begegneten, dessen Blätter mitten im Frühling gelb waren, einem Baum, der dahinsiechte und starb, weil er in einen Boden gepflanzt worden war, wo die für seine volle Entwicklung notwendigen Bedingungen fehlten? Seit meinem zwanzigsten Lebensjahre tat es mir weh, die

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