Der Landarzt (German Edition)
Uebrigens wollen wir sie einsalzen und unseren Schweinen zu fressen geben.«
Als die Alte diesen Vorschlag hört, muckst sie nicht.
›0 ja, sie schläft!‹ sagte der verwegene Kleine, als er sah, daß sie nicht gemuckst hatte.
So rettete sich die Alte. Und man kann wohl sagen, daß sie mutig war. Wahrlich gibt's hier genug junge Mädchen, die nicht wie Engelskinder geatmet hätten, wenn sie von den Schweinen hätten reden hören ... Die beiden Räuber machen sich dran, den toten Mann aufzuheben, rollen ihn in seine Laken und werfen ihn in den kleinen Hof, wo die Alte die Schweine grunzend herbeilaufen hört, um ihn zu fressen ...
Dann, am folgenden Morgen,« fuhr der Erzähler, nachdem er eine Pause gemacht hatte, fort, »geht die Frau weiter, nachdem sie zwei Sous fürs Schlafen bezahlt hat. Sie nimmt ihren Quersack, tut, als wisse sie von nichts, fragt nach Neuigkeiten aus der Gegend, geht in Frieden fort und will laufen. Es geht nicht. Die Angst hemmt ihre Beine, sehr zu ihrem Glück. Und zwar deshalb: kaum hatte sie eine halbe Viertelmeile hinter sich gebracht, als sie einen der Räuber kommen sieht, der ihr aus Klugheit folgte, um sich zu vergewissern, ob sie auch wirklich nichts gesehen hat. Sie errät das und setzt sich auf einen Stein.
›Was habt Ihr, meine liebe Frau,‹ redete der Kleine sie an, denn es war der Kleine, der böswilligste der beiden, der sie belauerte.
›Ach, mein lieber Mann,‹ antwortete sie ihm, ›mein Quersack ist so schwer, und ich bin so müde, daß ich wohl den Arm eines ehrenwerten jungen Mannes – hört die Schlaubergerin! – nötig hätte, um meine arme Wohnung zu erreichen.‹
Da nun bietet der Räuber sich an, sie zu begleiten. Sie ist's zufrieden. Der Mann nimmt ihren Arm, um sich zu vergewissern, ob sie Angst hat. Jawohl! Die Frau zittert nicht und geht ruhig. Und so gehen sie denn alle beide, von Landwirtschaft und von der Art, wie man Hanf zum Keimen bringt, plaudernd, bis zur Vorstadt des Ortes, wo die Bucklige wohnte, und wo der Räuber sie aus Angst, einem von der Polizei zu begegnen, verließ. Die Frau kam um die Mittagszeit zu Hause an und wartete auf ihren Mann, indem sie über die Ereignisse der Reise und der verflossenen Nacht nachdachte. Der Hanfbrecher kam gegen Abend heim. Er hatte Hunger, sie muß ihm was zu essen bereiten. Wie sie denn ihre Pfanne einfettet, um ihm was zu braten, erzählt sie ihm, wie sie ihren Hanf verkauft hat, indem sie nach Frauenart ins Blaue hinein redet; sagt aber weder etwas von den Schweinen, noch von dem getöteten, bestohlenen und gefressenen Herrn. Sie hält ihre Pfanne übers Feuer, um sie rein zu machen; nimmt sie her, will sie auswischen, findet sie voll Blut.
›Was hast du da hineingetan?‹ sagt sie zu ihrem Manne.
›Nichts!‹ antwortet der.
Sie glaubt nicht recht gesehen zu haben und setzt ihre Pfanne wieder aufs Feuer ... Puff! ein Kopf fällt durch den Kamin.
›Siehst du! Das ist genau des Toten Kopf,‹ sagt die Alte. ›Wie er mich ansieht! Was will er denn von mir?‹
›Daß du ihn rächst!‹ sagt eine Stimme zu ihr.
›Wie dumm du bist!‹ sagt der Hanfbrecher. ›Was du nicht für verrücktes Zeug siehst, das keinen Sinn und keine Vernunft hat!‹ Er nimmt den Kopf, der ihn in den Finger beißt, und wirft ihn in seinen Hof.
›Mach' mir einen Pfannkuchen,‹ sagt er, ›und rege dich nicht darüber auf. Es ist ein Kater!‹
›Ein Kater!‹ sagt sie, ›er war rund wie eine Kugel.‹
Wieder stellt sie die Pfanne aufs Feuer ... Puff! fällt ein Bein herunter. Dieselbe Geschichte. Der Mann, der nicht erstaunter ist, den Fuß zu sehen, als er den Kopf gesehen hat, packt das Bein und wirft's vor die Tür. Schließlich kamen nacheinander das andere Bein, die beiden Arme, der Körper, der ganze ermordete Reisende herunter. Kein Pfannkuchen kommt zustande. Der alte Hanfhändler hatte tüchtigen Hunger.
›Beim ewigen Heil meiner Seele,‹ sagt er, ›wenn mein Pfannkuchen fertig wird, wollen wir dem Manne da seinen Willen tun.'
›Jetzt gibst du also zu, daß er ein Mensch ist?‹ sagt die Bucklige. ›Warum hast du denn eben behauptet, es wäre kein Kopf, alter Nörgelfritz?'
Die Frau zerschlägt die Eier, bäckt den Pfannkuchen und trägt ihn, ohne weiter zu brummen, auf, weil sie angesichts dieses Spuks unruhig zu werden begann. Ihr Mann setzt sich hin und fängt an zu essen. Die Bucklige, die Angst hat, erklärt keinen Hunger zu haben.
›Poch, poch,‹ macht ein Fremdling, der an die Tür
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