Der Landarzt (German Edition)
ihn zu grüßen und ihm zuzurufen:
›Es lebe der Kaiser!‹
War das natürlich? Würdet ihr das für einen einfachen Menschen getan haben?«
Als dann alle seine Leute versorgt waren, wurde er gezwungen, die Kaiserin Joséphine, die trotzdem eine gute Frau war, da sich die Sache so gedreht hatte, daß sie ihm keine Kinder schenken konnte, zu verlassen, obwohl er sie beträchtlich liebte. Aber er mußte, in Rücksicht auf die Regierung, kleine Kinder haben. Als man von dieser Schwierigkeit hörte, haben sich alle Herrscher Europas darum gerissen, ihm eine Frau zu geben. Und er hat, wie man uns sagte, eine Oesterreicherin geheiratet, welche die Tochter der Cäsaren war, Menschen aus den alten Zeiten, von denen man überall redet, und nicht nur in unserem Lande, wo ihr sagen hört, daß er alles getan hat, sondern auch in Europa. Und das stimmt so genau, daß ich, der ich im Augenblick mit euch rede, an die Donau gegangen bin, wo ich die Ueberreste einer von einem solchen Manne erbauten Brücke gesehen habe, der anscheinend in Rom ein Verwandter Napoleons gewesen ist, worauf sich der Kaiser berufen hat, um es als Erbe für seinen Sohn zu nehmen. Nach seiner Heirat also, die ein Fest für die ganze Welt war, und wobei er dem Volke für zehn Jahre die Steuern erlassen hat, die aber trotzdem bezahlt worden sind, weil die Steuerbeamten sich nicht darum gekümmert haben, hat seine Frau einen Kleinen gekriegt, welcher König von Rom war; etwas, was auf Erden noch nicht vorgekommen ist; denn niemals war ein Kind zu Lebzeiten seines Vaters als König auf die Welt gekommen. An jenem Tage ist ein Ballon aus Paris losgeflogen, um es in Rom zu melden, und dieser Ballon hat den Weg in einem Tage gemacht. Jawohl, gibt's jetzt einen unter euch, der behaupten will, das alles wäre mit natürlichen Dingen zugegangen? Nein, es stand da oben geschrieben! Und die Krätze kriege, wer nicht zugeben will, daß er von Gott selber gesandt wurde, um Frankreich triumphieren zu lassen! Aber da war der Kaiser von Rußland, der sein Freund war, der ärgerte sich darüber, daß er keine Russin geheiratet hat, und hielt zu den Engländern, unseren Feinden, mit denen ein Wörtchen in ihrer Bude zu reden man Napoleon immer gehindert hatte. Mit dem Volk mußte man also Schluß machen. Napoleon wird böse und sagt zu uns:
›Soldaten! Ihr seid Herren in allen Hauptstädten Europas gewesen; bleibt Moskau übrig, das sich mit England verbündet hat. Um nun London und Indien, das ihnen gehört, erobern zu können, halte ich es für unumgänglich, nach Moskau zu gehen!‹
Da versammelt sich nun die größte der Armeen, die jemals ihre Gamaschen über den Erdball geschleppt haben, und die stand so erstaunlich gut in Reihe und Glied, daß er in einem Tage Revue über eine Million Menschen abgenommen hat.
›Hurra!‹ sagen die Russen.
Und nun fliegt ganz Rußland, fliegen die Tiere von Kosaken davon. Es stand Land gegen Land, ein allgemeines Durcheinander, vor dem man sich hüten mußte. Und wie der Rote zu Napoleon gesagt hatte:
›Asien steht gegen Europa!‹
›Das genügt,‹ antwortete er, ›ich will mich in acht nehmen.‹
Und nun kommen wirklich alle Könige, um Napoleon die Hand zu lecken! Oesterreich, Preußen, Bayern, Sachsen, Polen, Italien, alles ist mit uns, schmeichelt uns, und das war fein! Niemals haben die Adler mehr gegurrt als auf jenen Paraden dort, wo sie sich über allen Standarten Europas blähten. Die Polen wußten sich vor Freude nicht zu lassen, weil der Kaiser die Idee hatte, sie wiederaufzurichten; von da ab sind Polen und Frankreich immer Brüder gewesen. Endlich schrie die Armee:
›Uns Rußland!‹
Gut ausgestattet betreten wir es, wir marschieren, marschieren ..., keine Russen. Endlich finden wir unsere Kerle an der Moskwa gelagert. Dort habe ich das Kreuz gekriegt, und ich darf wohl sagen, daß es eine verfluchte Schlacht war! Der Kaiser war unruhig, er hatte den Roten gesehen, der zu ihm sagte:
›Mein Kind, du gehst schneller als dein Schritt; die Leute werden dir fehlen, deine Freunde werden dich verraten!‹
Damals schlug er den Frieden vor. Bevor er ihn aber unterzeichnete, sagte er zu uns:
›Prügeln wir die Russen!‹
›Das gilt!‹ schrie die Armee.
›Vorwärts!‹ sagten die Sergeanten.
Meine Schuhe waren verbraucht, meine Kleider zerrissen, weil wir uns auf den Wegen dort müde gelaufen hatten, die, weiß Gott, gar nicht bequem sind! Aber das ist gleich! Weil es das Ende des Schwindels ist, sage
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