Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der lange dunkle Fünfuhrtee der Seele

Titel: Der lange dunkle Fünfuhrtee der Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Adams
Vom Netzwerk:
ziemlich überflüssigerweise, »sie sitzt einfach da und sagt die Aktienkurse von gestern auf?« Das Mädchen rollte die Augen an Kates vorbei.
    »Ja«, sagte Standish. »Es war ein Lippenleser nötig, um dahinterzukommen, worum es ging. Wir gerieten natürlich alle ziemlich aus dem Häuschen, aber dann erbrachte eine nähere Überprüfung, daß es nur die gestrigen waren, was eine ziemliche Enttäuschung war. Wirklich kein so bedeutender Fall. Anomales Verhalten. Interessant zu wissen, warum sie das macht, aber -«
    »Moment mal bitte«, sagte Kate und versuchte, sich eher interessiert als absolut entsetzt anzuhören, »wollen Sie damit sagen, daß sie immer wieder dieselben - was denn? - Schlußnotierungen hersagt, oder -«
    »Nein. Das ist natürlich ein interessanter Zug. Sie hält mit den Marktbewegungen über den Verlauf eines ganzes Tages so ziemlich Schritt. Sie hinkt nur vierundzwanzig Stunden hinterher.«
    »Aber das ist doch außerordentlich, nicht wahr?«
    »O ja. Ein ziemliches Kunststück.«
    »Ein Kunststück?«
    »Nun ja, als Wissenschaftler muß ich zu dem Urteil kommen, daß, da Informationen frei verfügbar sind, sie sie über normale Kanäle erhält. In diesem Fall besteht keinerlei Notwendigkeit, sich irgendeine übernatürliche oder paranormale Dimension auszudenken. Beschränkung aufs Wesentliche. Sollte nicht unnötigerweise immer neue Wesenheiten erfinden.«
    »Aber hat sie denn mal jemand beim Zeitunglesen gesehen, oder wie sie sich Material durchs Telefon durchgehen ließ?«
    Sie blickte zu der Schwester hoch, die stumm den Kopf schüttelte.
    »Nein, habe sie tatsächlich nie dabei erwischt«, sagte Standish. »Wie ich bereits sagte, ein ziemliches Kunststück. Ich bin sicher, ein Zauberer oder Gedächtniskünstler könnte Ihnen sagen, wie's gemacht wird.«
    »Haben Sie mal einen gefragt?«
    »Nein. Halte von solchen Leuten nichts.«
    »Aber meinen Sie wirklich, daß sie das etwa absichtlich machen könnte?« beharrte Kate.
    »Glauben Sie mir, wenn Sie von Menschen soviel verstünden wie ich, Miss, äh - würden Sie alles glauben«, sagte Standish in seinem routiniertesten Beschwichtigungston.
    Kate starrte in das müde, jammervolle Gesicht des kleinen Mädchens und sagte nichts.
    »Sie müssen verstehen«, sagte Standish, »daß wir hier rational vorgehen müssen. Wenn es die morgigen Aktienkurse wären, wäre es ganz was anderes. Es wäre ein Phänomen von völlig anderem Charakter, das die genauesten Untersuchungen verdiente und erforderte. Und ich bin sicher, wir hätten keine Schwierigkeiten, die Forschungen zu finanzieren. Damit gäbe es absolut keine Probleme.«
    »Ich verstehe«, sagte Kate, und das meinte sie auch so.
    Sie erhob sich ein bißchen steif und strich ihren Rock glatt.
    »Also«, sagte sie und schämte sich vor sich selbst, »wer ist Ihr neuester Patient? Wer ist denn als letzter hergekommen?« Ihr schauderte vor dem krassen Gedankensprung, aber sie erinnerte sich daran, daß sie als Journalistin hier war, und so würde es nicht seltsam erscheinen.
    Standish winkte die Schwester und den Rollstuhl mit seiner traurigen Last weiter. Kate drehte sich noch einmal nach dem Mädchen um und folgte dann Standish durch die Schwingtüren in den nächsten Abschnitt des Korridors, der genauso wie der vorige war.
    »Hier, sehen Sie mal«, sagte Standish wieder und meinte diesmal offensichtlich einen Fensterrahmen.
    »Und dort«, sagte er und zeigte auf eine Lampe.
    Er hatte, schien es, ihre Frage entweder nicht gehört oder ignorierte sie absichtlich. Vielleicht, dachte Kate, behandelte er die Frage einfach mit der Verachtung, die sie verdiente.
    Ihr dämmerte plötzlich, was es mit all dem Hier, sehen Sie mal und Und dort auf sich hatte. Er forderte sie auf, die Qualität des Zierats zu bewundern. Die Fenster saßen in Schieberahmen mit geschmackvoll hergestellten und schön bemalten Randwülsten, und die Lampenfassungen waren aus einem schweren, matten Metall, wahrscheinlich vernickelt - und so weiter.
    »Sehr schön, very fine«, sagte sie konziliant, und dann bemerkte sie, daß sich das in ihrem amerikanischen Akzent merkwürdig angehört hatte.
    »Hübsch haben Sie's hier«, setzte sie hinzu und dachte, daß ihm das vielleicht gefalle.
    Das tat es. Er gestattete sich ein diskretes Freudestrahlen.
    »Wir halten es gern für eine Luxuspflegestätte«, sagte er.
    »Sie müssen eine Menge Leute haben, die hierherkommen möchten«, fuhr Kate fort, die sich weiter mit ihrem Thema

Weitere Kostenlose Bücher