Der lange dunkle Fünfuhrtee der Seele
war, die allesamt bloß laut vor sich hin summten, und der Hauptraum enthielt eine Frau, die schlafend im Bett lag.
»Mrs. Elspeth May«, sagte Standish und war zweifellos der Meinung, jetzt führe er die Hauptattraktion vor. Ihr Zimmer schien ein sehr gutes Zimmer zu sein - geräumig und bequem und teuer möbliert. Frische Blumen standen auf jeder freien Fläche, und der Nachttisch, auf dem Mrs. Mays Strickzeug lag, war aus Mahagoni.
Sie selbst war eine silberhaarige Dame reiferen Alters und von angenehmem Äußeren, sie lag schlafend im Bett, halb gegen einen Kissenstapel gelehnt, und hatte eine Strickjacke aus rosa Wolle an. Nach einer Weile wurde Kate klar, daß, obwohl Mrs. May schlief, sie alles andere als untätig war. Ihr Kopf war friedlich zurückgelegt, die Augen geschlossen, aber ihre rechte Hand hielt einen Kugelschreiber umfaßt, der wild auf einem großen Schreibblock herumkritzelte, der neben ihr lag. Die Hand schien, ebenso wie der Mund des Mädchens im Rollstuhl, ein unabhängiges und fieberhaft tätiges Leben zu führen. Ein paar kleine rosafarbene Elektroden waren Mrs. May gleich unterhalb des Haaransatzes mit Klebeband auf die Stirn geheftet, und Kate nahm an, daß daher einige von den Anzeigen kamen, die über die Computerbildschirme in dem Vorraum tanzten, in dem sie und Standish standen. Zwei Männer und eine Frau in weißen Kitteln beobachteten die Geräte, und eine Schwester spähte durch das Fenster. Standish wechselte mit ihnen ein paar kurze Worte über den augenblicklichen Zustand der Patientin, der nach einhelliger Meinung ausgezeichnet war.
Kate konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, daß sie eigentlich wissen müßte, wer Mrs. May war, aber sie wußte es nicht und mußte fragen.
»Sie ist ein Medium«, sagte Standish etwas gereizt, »ich nahm an, Sie wüßten das. Ein Medium mit erstaunlichen Fähigkeiten. Im Moment ist sie in Trance und mit automatischem Schreiben beschäftigt. Sie nimmt Diktate auf. Praktisch jedes kleinste Diktat, das sie aufnimmt, ist von unschätzbarem Wert. Haben Sie noch nicht von ihr gehört?«
Kate gab zu, daß dem so sei.
»Also, Sie kennen doch sicherlich die Dame, die behauptete, daß Mozart, Beethoven und Schubert ihr Musik diktierten.«
»Ja, ich habe von ihr gehört. Vor ein paar Jahren gab es viele Berichte über sie in den Farbbeilagen.«
»Ihre Behauptungen waren, nun ja, interessant, wenn das Dinge sind, für die man sich interessiert. Die Musik glich sicherlich eher dem, was jeder dieser Herren schnell noch vor dem Frühstück produziert haben würde, als dem, was man von einer musikalisch unerfahrenen Hausfrau mittleren Alters erwarten würde.«
Kate konnte diese Überheblichkeit nicht durchgehen lassen.
»Das ist ein ziemlich sexistischer Standpunkt«, sagte sie, »George Eliot war auch eine Hausfrau mittleren Alters.«
»Ja, ja«, sagte Standish gereizt, »aber sie bekam keine Musik vom toten Wolfgang Amadeus Mozart diktiert. Das ist doch der springende Punkt. Versuchen Sie bitte, der Logik dieser Beweisführung zu folgen, und kommen Sie nicht mit Lappalien. Wenn ich auch nur einen Moment lang der Meinung wäre, daß das Beispiel George Eliot auf unser gegenwärtiges Problem irgendwelches Licht werfen könnte, dann könnten Sie sich darauf verlassen, daß ich selbst es anführen würde. Wo war ich stehengeblieben?«
»Das weiß ich nicht.«
»Mabel. Doris? Hieß sie so? Nennen wir sie Mabel. Die Sache ist die, daß der einfachste Weg, sich mit dem Doris-Problem auseinanderzusetzen, der war, es schlicht zu ignorieren. Es drehte sich dabei doch um überhaupt nichts Bedeutendes. Ein paar Konzerte. Zweitklassiges Zeug. Aber hier, hier haben wir etwas von einem völlig anderen Kaliber.«
Diese letzten Worte sprach er mit gedämpfter Stimme, während er sich umdrehte, um aufmerksam auf einen Fernsehmonitor zu sehen, der in der Reihe der Computermonitore stand. Er zeigte eine Naheinstellung von Mrs. Mays Hand, die über ihren Schreibblock eilte. Ihre Hand verdeckte weitgehend, was sie geschrieben hatte, aber es schien sich um irgendwelche Mathematik zu handeln.
»Mrs. May erhält, jedenfalls behauptet sie das, Diktate von einigen der berühmtesten Physiker. Von Einstein, Heisenberg und Planck. Es ist sehr schwierig, ihre Behauptungen in Zweifel zu ziehen, denn die Informationen, die hier durch automatisches Schreiben von dieser... ungebildeten Dame geliefert werden, sind tatsächlich Physik einer sehr tiefgründigen Kategorie.
Vom
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