Der lange Schatten
die beiden neben ihm im Gebüsch.
»Bingo, Chef«, flüsterte Franck. »Da steht ja der Wagen. Ist sie drin?«
»Keine Ahnung. Und wenn, ist der Kerl vielleicht bei ihr. Wir müssen den Wagen eine Weile beobachten.«
»Die Fenster sind vernagelt. Und die Tür …« Jean-Marc beugte sich nach vorn und zögerte einen Moment. »Die ist meines Erachtens nicht aus Holz.«
LaBréa sah es nun ebenfalls. »Stimmt, die Struktur ist anders.«
»Eine Metalltür«, stellte Franck sachlich fest. »Das macht es schwieriger, Chef.«
LaBréa nickte. Leise sagte er zu Franck:
»Schleichen Sie sich ran, und kriechen Sie unter den Wagen. Wenn Sie irgendwas hören, geben Sie mir ein Zeichen. Wenn sich in den nächsten fünf Minuten nichts tut, versuchen wir, in den Wagen einzudringen. Aber vielleicht …«
Er beendete den Satz nicht. Vielleicht ist ja alles nur eine Fehlanzeige, dachte er erneut, und dann bin ich genauso schlau wie zuvor. Er mochte sich nicht vorstellen, was das bedeutete. Als er vor wenigen Minuten den Dienstwagen in der Sackgasse geparkt hatte, war es kurz nach fünf gewesen. Zweieinhalb Stunden Zeit bis zur Geldübergabe. Angesichts der Tatsache, dass es um Leben und Tod seiner geliebten Céline ging, war das eine Zeitspanne so kurz wie ein Wimpernschlag.
Franck verließ das Versteck und schlich in gebückter Haltung zum Bauwagen. Auf vier Rädern mit Gummireifen stehend, aus denen die Luft entwichen war, bot das Gefährt gerade so viel Platz, dass Franck bäuchlings unter das Chassis kriechen konnte. LaBréa und Jean-Marc beobachteten ihn gespannt. Schließlich war er nicht mehr zu sehen. LaBréa spürte sein Herz bis zum Hals schlagen. Jean-Marc wusste, wie seinem Chef zumute war, und legte ihm kurz die Hand auf die Schulter. Eine beruhigende und solidarische Geste, für die LaBréa Dankbarkeit empfand. Plötzlich bemerkte er eine Bewegung unter dem Bauwagen. Franck war ein Stück hervorgekrochen und winkte heftig mit der Hand. LaBréa reagierte sofort.
»Er hat irgendwas entdeckt! Sie warten hier, Jean-Marc. Wo bleibt eigentlich Claudine?«
»Sie müsste gleich bei uns sein – sie sucht das Gelände dort drüben ab.«
»Okay. Sie beide überwachen von hier aus den Wagen und das Terrain. Falls der Kerl nicht im Wagen ist und plötzlich auftauchen sollte, wissen Sie, was zu tun ist.«
LaBréa erhob sich, rannte die wenigen Schritte zum Bauwagen und kroch über die aufgeweichte Erde zu seinem Mitarbeiter.
24. KAPITEL
Ein paar Sekunden später lag er dicht neben Franck.
»Hören Sie dieses Geräusch, Chef?«
LaBréa konzentrierte sich und lauschte. Er bemühte sich, seinen Atem unter Kontrolle zu halten. Erst nach einer Weile vernahm er dann ein leises Zischen. Ein gleichmäßiger, kaum wahrnehmbarer Ton. LaBréa hob den Kopf und legte sein Ohr an den Unterboden des Gefährts. Das Geräusch nahm etwas zu. Kein Zweifel, es kam aus dem Bauwagen. LaBréa brauchte nur wenige Augenblicke, dann war ihm klar, um was es sich handelte. Bestürzt blickte er Franck an, der bestätigend nickte. Beide dachten dasselbe, und beide wussten, dass höchste Eile geboten war. Vorsichtig verließen sie ihren Lauschposten unter dem Bauwagen und huschten zu der Stelle zurück, wo Jean-Marc auf sie wartete. Inzwischen war auch Claudine eingetroffen. LaBréa informierte die beiden, was sich ihrer Vermutung nach in dem Bauwagen abspielte.
»Wir gehen da sofort rein«, sagte LaBréa leise. »Claudine, Sie bleiben draußen und geben uns Deckung.«
Die Waffe im Anschlag eilte er zusammen mit Franck und dem Paradiesvogel zur Eingangstür des Bauwagens. Vorsichtig tastete er sich die Stufen hinauf, drückte sachte die Türklinke und stellte fest, dass die Tür verschlossen war. Er trat einige Schritte zurück und gab Franck einen Wink. Dieser zielte mit seiner Pistole auf das Schloss, nickte zum Zeichen, dass er bereit war, und drückte den Abzug.
Dann ging alles sehr schnell.
Ein Loch im Schloss der Metalltür. LaBréa stieß die Tür mit einem Fußtritt auf und stürmte mit erhobener Waffe in den Wagen, dicht gefolgt von Franck und Jean-Marc.
Ein starker Geruch nach ausströmendem Gas schlug ihnen entgegen.
»Polizei, keine Bewegung!«, bellte LaBréa. Mit seiner Taschenlampe leuchtete er durch den Raum. Im hinteren Teil nahm er eine Gestalt am Boden wahr, die sich rasch erhob. Das konnte nur der Geiselnehmer sein. Mit zwei Schritten war LaBréa dort.
Gleichzeitig entdeckte Jean-Marc den Campingkocher und die
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