Der lange Traum vom Glück
sogar, dass sich seine Mutter und Muldoon geliebt hatten – vielleicht nicht leidenschaftlich, vielleicht nicht romantisch, aber genug, um ein gemeinsames Leben zu versuchen.
Der alte Herr hat es zumindest versucht, dachte Nick, während er seine Jeans anzog. Doch er war in seiner Welt gefangen gewesen, ein sturer Bock, der nie mehr sah als die eine Seite der Medaille – seine Seite.
Aber da war immer noch Zack gewesen. Zack mit seiner Geduld, wie Nick sich jetzt erinnerte, ein freundlicher, gutmütiger Junge, der nichts dagegen hatte, dass der Kleine ständig hinter ihm hergestiefelt war. Vielleicht war es die Erinnerung daran, wie Zack ihn gelehrt hatte zu spielen, von der Nick seine Zuneigung und Leichtigkeit im Umgang mit Kindern zurückbehalten hatte.
Durch Zack hatte er gelernt, was es hieß, zu jemandem zu gehören, was es hieß, dass da jemand war, an den man sich wenden konnte, wenn man ihn brauchte.
Aber es war nicht von Dauer gewesen. Sobald Zack alt genug gewesen war, um dem Elternhaus den Rücken zu kehren, war er zur Marine gegangen. Und hatte seinen kleinen Stiefbruder allein gelassen.
Als Nicks Mutter gestorben war, hatten sich die Dinge dramatisch verändert. Nicks Verzweiflung über den Verlust und seine Einsamkeit hatten sich in Rebellion verwandelt, und er hatte die Familie durch die gefährliche Loyalität zu einer Straßengang ersetzt.
So war er ein Cobra geworden, der sich in den Straßen herumtrieb und nach Schwierigkeiten regelrecht suchte. Bis der alte Herr gestorben war und Zack versucht hatte, einen verbitterten, hart gewordenen Jugendlichen aus dem Sumpf zu ziehen.
Nick hatte es ihm nicht leicht gemacht. Bei der Erinnerung daran nistete sich ein bedauerndes Lächeln um seine Mundwinkel ein. Wenn es einen Weg gegeben hätte, mit dem er seinem Stiefbruder dessen Versuche, ihn, Nick, wieder auf die rechte Bahn zu bringen, noch hätte erschweren können, wäre er ihn gegangen. Aber Zack war hartnäckig geblieben. Ebenso wie Rachel. Und der ganze chaotische Stanislaski-Haufen. Sie hatten sein Leben verändert. Vielleicht hatten sie es sogar gerettet.
Und das war etwas, das Nick ihnen allen nie vergessen würde.
Vielleicht war es ja jetzt an ihm, sich zu revanchieren. Freddie mochte zwar die solide Basis haben, an der es ihm in seinen wilden Jugendjahren gemangelt hatte, aber sie hing dennoch in der Luft. Sie brauchte ein bisschen Führung, wie ihm schien.
Und da sich sonst anscheinend niemand für das, was Freddie so trieb, interessierte, blieb es ihm überlassen, sich um sie zu kümmern.
Er band sich sein noch immer feuchtes Haar im Nacken zusammen und zog sich ein Hemd über den Kopf. Vielleicht war sie ja zu naiv, um es besser zu wissen. Er verharrte einen Moment mitten in der Bewegung und dachte nach. Immerhin hatte sie ihr ganzes bisheriges Leben im weichen Schoß ihrer Familie verbracht, in einer verschlafenen Kleinstadt, wo ein Ladendiebstahl für die Schlagzeile auf der Titelseite ausreichte. Aber wenn sie entschlossen war, in New York zu leben, musste sie die Spielregeln schnell lernen. Und er war genau der Richtige, sie ihr beizubringen.
Zutiefst überzeugt von der Richtigkeit seines Tuns, schlenderte Nick in die Küche, um ihr seine erste Lektion zu erteilen.
Freddie stand am Herd und briet Speck, Zwiebeln und Champignons für die Omeletts, für die sie sich, sozusagen als Entschuldigung, entschieden hatte.
Sie war gezwungen gewesen sich einzugestehen, dass es schlicht und ergreifend nur Eifersucht gewesen war. Eifersucht aber war ein kleinmütiges Gefühl und hatte keinen Platz in ihrer Beziehung zu Nick. Er war frei, andere Frauen zu sehen – noch jedenfalls.
Mit Wutausbrüchen würde sie sein Herz nicht gewinnen, so viel stand fest. Sie musste offen, verständnisvoll und großzügig sein. Selbst wenn es sie umbrachte.
Als sie aus dem Augenwinkel heraus sah, dass er zur Tür hereinkam, drehte sie sich zu ihm um und lächelte ihn strahlend an.
„Guten Morgen. Ich dachte mir, du willst den Tag vielleicht zur Abwechslung mal mit einem traditionellen Frühstück anfangen. Der Kaffee ist fertig. Setz dich, ich gieße dir ein“.
Er beäugte sie wie ein geliebtes Haustier, das gelegentlich die Tendenz hatte zu beißen. „Was gibt’s denn so, Freddie?“
„Nur Frühstück“. Noch immer lächelnd schenkte sie Kaffee ein, dann stellte sie den Teller mit dem Toast und dem Speck auf den Tisch, den sie bereits gedeckt hatte. „Ich dachte mir, ich schulde es dir,
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