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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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1954 in Tongaat bei Durban stattfinden sollte. Der in Tongaat begründete National Action Council setzte sich zusammen aus acht Mitgliedern aus jeder der vier tragenden Organisationen. Vorsitzender war Häuptling Luthuli, und das Sekretariat bestand aus Walter Sisulu (der später, als der Bann Walter zur Aufgabe zwang, durch Oliver ersetzt wurde), Yusuf Cachalia vom SAIC, Stanley Lollan von der South African Coloured People’s Organization (SACPO) und Lionel Bernstein vom Congress of Democrats (COD).
    Im September 1953 von Farbigen-Führern und Gewerkschaftern in Kapstadt gegründet, war die SACPO der späte Sprößling des Kampfes um die Erhaltung des Stimmrechts und die Vertretung der Farbigen am Kap. Auf der Gründungskonferenz der SACPO sprachen Oliver Tampo und Yusuf Cachalia Grußworte. Angeregt von der Mißachtungskampagne, wurde der Congress of Democrats (COD) Ende 1952 als Partei radikaler, linksgerichteter, gegen die Regierung eingestellter Weißer gegründet. Der COD, obwohl klein und hauptsächlich auf Johannesburg und Kapstadt beschränkt, besaß einen im Verhältnis zu seiner Mitgliederzahl überproportionalen Einfluß. Seine Mitglieder, wie etwa Michael Harmel, Bram Fischer, Rusty Bernstein, waren beredte Befürworter unserer Sache. Der COD identifizierte sich eng mit dem ANC und dem SAIC und trat für volle Gleichheit zwischen Schwarz und Weiß ein. Wir betrachteten den COD als Mittel, um der weißen Öffentlichkeit unsere Ansichten unmittelbar nahezubringen. Der COD hatte für Afrikaner eine wichtige symbolische Funktion. Schwarze, die am Kampf teilnahmen, weil sie gegen Weiße eingestellt waren, mußten entdecken, daß es Weiße guten Willens gab, welche die Afrikaner als gleich behandelten.
    Der National Action Council lud alle teilnehmenden Organisationen und ihre Anhänger ein, Vorschläge für eine Freiheits-Charta einzusenden. Rundschreiben wurden an die Townships und Dörfer im ganzen Land verschickt, »wenn ihr die Gesetze MACHEN KÖNNTET… WAS WÜRDET IHR TUN?« hieß es dort. »WIE WÜRDET IHR ES ANSTELLEN, SÜDAFRIKA ZU EINEM GLÜCKLICHEN LAND ZU MACHEN FÜR ALLE MENSCHEN, DIE DORT LEBEN?«
    Manche der Flugblätter und Broschüren waren erfüllt von poetischem Idealismus, der die Planung prägte:
     
    WIR NENNEN DIE MENSCHEN VON SÜDAFRIKA SCHWARZ UND WEISS… LASST UNS GEMEINSAM VON FREIHEIT SPRECHEN!… MÖGEN DIE STIMMEN ALLER MENSCHEN GEHÖRT WERDEN, UND MÖGEN DIE FORDERUNGEN ALLER MENSCHEN NACH DEN DIN-GEN, DIE UNS FREI MACHEN, AUFGESCHRIEBEN WERDEN. MÖGEN DIE FORDERUNGEN IN EINER GROSSEN CHARTA DER FREIHEIT ZUSAMMENGEFASST WERDEN.
     
    Der Aufruf sprach die Phantasie der Menschen an. Vorschläge trafen ein von Sport- und Kulturclubs, Kirchengruppen, Mietervereinigungen, Frauenorganisationen, Schulen, Gewerkschaften. Sie standen auf Servietten, auf herausgerissenen Seiten von Schreibheften, auf Fetzen von Schreibpapier, auf den Rückseiten unserer eigenen Flugblätter. Es war beschämend zu sehen, daß die Vorschläge einfacher Menschen häufig denen der Führer weit überlegen waren. Die am häufigsten erhobene Forderung war die nach One-Man-One-Vote, nach dem gleichen Stimmrecht für alle. Anerkannt wurde die Tatsache, daß das Land all denen gehört, die es zu ihrer Heimat gemacht haben.
    Die ANC-Ortsgruppen trugen viel zur schriftlichen Abfassung der Charta bei, und in der Tat kamen die beiden besten Entwürfe aus den Regionen Durban und Pietermaritzburg. Eine Kombination dieser beiden Entwürfe wurde in Umlauf gebracht und kursierte zum Zwecke von Kommentaren und Fragen in verschiedenen Regionen und Komitees. Die eigentliche Charta wurde von dem kleinen Komitee des National Action Council aufgesetzt und vom Nationalen Exekutivkomitee überprüft.
    Die Charta sollte auf dem Volkskongreß präsentiert und jedes ihrer Elemente den Delegierten zur Billigung vorgelegt werden. Im Juni, wenige Tage vor Kongreßbeginn, befaßte sich eine kleine Gruppe von uns mit dem Entwurf. Wir nahmen noch einige Änderungen vor, doch es blieb nur wenig Zeit, und das Dokument befand sich bereits in gutem Zustand.
     
     
    Der Volkskongreß trat am 25. und 26. Juni 1955, an zwei klaren sonnigen Tagen, in Kliptown zusammen, einem multirassischen Dorf einige Kilometer südwestlich von Johannesburg. Über 3000 Delegierte widerstanden der Einschüchterung durch die Polizei und billigten das Schlußdokument. Sie kamen mit Auto, Bus, Lastwagen und zu Fuß. Die überwältigende Mehrheit der Delegierten war

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