Der lange Weg zur Freiheit
Gesundheitszustand machte das unmöglich. Ich wollte, daß Sabata und sein Bruder Daliwonga über diese Angelegenheit sprachen, sobald Sabatas Gesundheitszustand das zuließ, und stellte dies klar. Ich war stolz darauf, ein Treffen zwischen den Abkömmlingen von Ngubengcuka zu arrangieren, und dachte einen Augenblick über die Ironie nach, die darin lag, daß ich jetzt die Rolle des Ratgebers für Sabata spielte, auf die ich ja vor so vielen Jahren vorbereitet worden war.
Von Umtata fuhren Daliwonga und ich nach Qamata, wo wir seinen jüngeren Bruder George trafen, der damals praktizierender Rechtsanwalt war. Seine beiden Ausbildungsclerks kannte ich gut, und ich freute mich, sie zu sehen: A. P. Mda und Tsepo Letlaka. Beide waren nach wie vor überzeugte Anhänger der Organisation, die ihre Lehrberufe aufgegeben und sich entschlossen hatten, Rechtsanwälte zu werden. In Qamata setzten wir uns alle zusammen, um das Thema Bantu Authorities zu erörtern.
Meine Aufgabe bestand darin, Daliwonga – einen Mann, der dazu bestimmt war, in der Politik der Transkei eine führende Rolle zu spielen – dazu zu bewegen, sich gegen die Einführung der Bantu Authorities zu verwenden. Ich wollte nicht, daß unser Treffen zu einem »Showdown« wurde oder auch nur zu einer heftigen Debatte. Ich wollte kein Pathos, keine Fehlersuche, sondern eine ernste Diskussion zwischen Männern, die allesamt die besten Interessen ihres Volkes und ihrer Nation im Sinn hatten.
In vielerlei Hinsicht betrachtete mich Daliwonga noch immer als ihm untergeordnet, sowohl was meinen Rang in der Thembu-Hierarchie betraf als auch hinsichtlich meiner politischen Entwicklung. Während er im ersten Punkt zweifellos recht hatte, glaubte ich, daß ich meinem einstigen Mentor in politischen Dingen jetzt doch einiges voraus hatte. Während seine Sorge den Problemen seines Stammes galt, arbeitete ich inzwischen mit Männern zusammen, deren Gedanken den Problemen der ganzen Nation galten. Ich wollte die Diskussion nicht komplizieren, indem ich damit begann, von grandiosen politischen Theorien zu sprechen; ich würde mich auf den gesunden Menschenverstand und die Tatsachen unserer Geschichte beschränken. Bevor wir anfingen, lud Daliwonga Mda, Letlaka und seinem Bruder George dazu ein, am Gespräch teilzunehmen, doch sie lehnten ab und wollten uns lieber zuhören. »Sollen der Neffe und der Onkel die Debatte führen«, meinte Mda als ein Zeichen des Respekts. Die Etikette schrieb vor, daß zuerst ich meinen Fall darlegte, wobei Daliwonga mich nicht unterbrechen würde; dann war er an der Reihe, während ich meinerseits zuhörte.
Als erstes erklärte ich, die Bantu Authorities seien unpraktisch, da immer mehr Afrikaner aus den ländlichen Homelands in die Städte zögen. Es sei die Politik der Regierung, Afrikaner nach Möglichkeit in ethnische Enklaven zu stecken, weil sie die Macht afrikanischer Einheit fürchteten. Die Menschen, sagte ich, wollten Demokratie und eine politische Führung, die auf Verdiensten, nicht auf Geburt beruhe. Die Bantu Authorities seien ein Rückzug aus der Demokratie.
Daliwonga antwortete, er versuche den Status seines königlichen Hauses wiederherzustellen, der von den Briten zerschmettert worden sei. Er betonte die Bedeutung und die Vitalität des Stammessystems und der traditionellen Führungen; ein System, das solche Dinge beinhalte, wolle er nicht ablehnen. Auch er wünsche sich ein freies Südafrika, glaube jedoch, dieses Ziel schneller und friedlicher erreichen zu können durch die Regierungspolitik der getrennten Entwicklung. Der ANC werde nur Blutvergießen und Bitterkeit auslösen. Er schloß mit der Feststellung, daß es ihn verwundere und verstöre zu erfahren, daß ich trotz meiner Position im königlichen Haus der Thembu das Prinzip der traditionellen Führung nicht unterstütze.
Ich erwiderte, ich hätte zwar großes Verständnis für seine persönliche Position als Häuptling, sei aber auch der Meinung, seine Interessen befänden sich im Konflikt mit denen der Gemeinde. Wäre ich in einer ähnlichen Position wie er, erklärte ich, würde ich versuchen, meine eigenen Interessen denen des Volkes unterzuordnen. Die letzte Äußerung bedauerte ich sofort, denn nach meiner Erfahrung hilft es bei Diskussionen niemals, dem Opponenten gegenüber einen moralisch überlegenen Ton anzuschlagen. Ich bemerkte, daß Daliwonga bei dieser Bemerkung eine steife Haltung einnahm, und brachte das Gespräch rasch auf allgemeinere
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