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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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aufgefordert, gewalttätig zu sein, so müßt ihr absolut gewalttätig sein, ihr müßt morden! Morden! Das ist alles.«
    Die Staatsanwaltschaft glaubte, sie habe ihren Fall damit unter Dach und Fach. Die Presse brachte Reshas Worte groß heraus und spiegelte die Empfindlichkeiten des Staates wider. Für die Krone enthüllte die Rede die wahre, geheime Absicht des ANC und demaskierte sein öffentliches Bekenntnis zur Gewaltlosigkeit. In Wirklichkeit jedoch waren Reshas Worte eine Ausnahme. Robert war ein hervorragender, wenn auch leicht erregbarer Versammlungsredner, und er hatte diesmal eine unglückliche Analogie gewählt. Doch wie die Verteidigung zeigen würde, hatte er lediglich die Wichtigkeit der Disziplin betont, die Tatsache, daß der Freiwillige zu tun hat, was ihm befohlen wird, so ungeheuerlich es auch sein möge. Immer und immer wieder betonten unsere Zeugen, Reshas Worte seien nicht nur aus dem Zusammenhang gerissen, sondern repräsentierten auch in keiner Weise die Politik des ANC.
    Die Anklagevertretung schloß ihren Beweisvortrag am 10. März 1960 ab, und wir sollten vier Tage später unseren ersten Zeugen der Verteidigung aufrufen. Wir hatten monatelang gleichsam brachgelegen und brannten nun darauf, in die Offensive zu gehen. Allzu lange hatten wir uns darauf beschränken müssen, die Attacken des Feindes abzuwehren.
    In der Presse war viel darüber gemunkelt worden, daß unser erster Zeuge Häuptling Luthuli sein werde. Anscheinend glaubte das auch die Krone, denn die Anklagevertretung erschien höchst verblüfft, als am 14. März unser erster Zeuge nicht Luthuli war, sondern Dr. Wilson Conco.
    Conco war der Sohn eines Zulu und Viehfarmers aus dem schönen Ixopobezirk von Natal. Er war praktizierender Arzt, hatte zu den Gründern der Jugendliga gehört und aktiv an der Mißachtungskampagne teilgenommen; außerdem war er der Schatzmeister des ANC. Zum Auftakt seiner Aussage wurde er über seine akademischen Glanzleistungen an der University of the Witwatersrand befragt, wo er in der medizinischen Fakultät als Bester seiner Klasse abgeschlossen hatte, vor all den Söhnen und Töchtern privilegierter Weißer. Während Concos Leistungen aufgezählt wurden, hatte ich den deutlichen Eindruck, daß Richter Kennedy, der gleichfalls aus Natal stammte, Stolz empfand. Natalianer sind bekannt für ihre Loyalität gegenüber ihrer Region, und diese besondere Bindung kann mitunter sogar Farbschranken überwinden. In der Tat betrachteten viele Natalianer sich selbst als weiße Zulus. Richter Kennedy hatte stets den Eindruck eines fairen Mannes gemacht, und ich hatte das Gefühl, daß er, durch Wilson Concos Beispiel angeregt, uns nicht länger als kopflose Aufrührer zu sehen begann, sondern als Männer mit begrüßenswerten Ambitionen, die ihrem Land helfen konnten, wenn ihr Land nur ihnen helfen würde. Am Ende von Concos Aussage, als er wegen einiger medizinischer Errungenschaften zitiert wurde, erklärte Kennedy in Zulu, einer Sprache, die er fließend beherrschte: »Sinjalo thina maZulu«, was bedeutet: »So sind wir Zulus.« Dr. Conco zeigte sich als ruhiger, klar sich äußernder Zeuge, der das Bekenntnis des ANC zur Gewaltlosigkeit bestätigte.
    Häuptling Luthuli war der nächste Zeuge. Mit seiner Würde, seiner Lauterkeit machte er auf das Gericht einen tiefen Eindruck. Er litt unter hohem Blutdruck, und das Gericht erklärte sich bereit, während seiner Zeugenaussage nur vormittags zu tagen. Seine Aussage dauerte mehrere Tage, und er wurde nahezu drei Wochen lang ins Kreuzverhör genommen. Sorgfältig umriß er die Entwicklung der ANC-Politik, wobei er die Dinge einfach und klar benannte, und seine früheren Ämter als Lehrer und Häuptling verliehen seinen Worten zusätzliches Gewicht und Autorität. Als überzeugter Christ war Luthuli genau die richtige Person, um darzulegen, wie der ANC aufrichtig rassische Harmonie angestrebt hatte.
    Der Häuptling bekannte sich zu seinem Glauben an die angeborene Güte des Menschen und vertrat die Auffassung, moralische Einsicht und ökonomischer Druck könnten bei den weißen Südafrikanern durchaus zu einem Sinneswandel führen. Die ANC-Politik der Gewaltlosigkeit erörternd, betonte er, es gebe einen Unterschied zwischen Gewaltlosigkeit und Pazifismus. Pazifisten verzichteten darauf, sich zu verteidigen, selbst wenn sie brutal angegriffen würden; das sei jedoch nicht unbedingt der Fall bei Menschen, die für Gewaltlosigkeit einträten. Zuweilen müßten sich

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