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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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PAC zu unterstützen, dann könnte aus einer kleinen und schwachen Organisation plötzlich eine große und mächtige werden.
    Es war nicht die Art des Häuptlings, Entscheidungen auf der Stelle zu treffen. Ich konnte erkennen, daß er über meine Worte nachdenken und auch mit einigen Freunden darüber sprechen wollte. Ich verabschiedete mich, und er gab mir den Rat, vorsichtig zu sein. Ich hatte an diesem Abend in der Stadt und in der Township noch eine Reihe von Geheimtreffen. Mein letztes Treffen an jenem Abend war bei dem Regionalkommando des MK in Durban.
    Das Durban Command wurde von einem Sabotage-Experten namens Bruno Mtolo geleitet, dem ich zuvor noch nicht begegnet war, dem ich aber bald unter dramatisch veränderten Umständen wiederbegegnen sollte. Ich berichtete kurz über meine Reise durch Afrika, über die Unterstützung und die Ausbildungsangebote, die wir erhalten hatten. Ich erklärte, daß der MK sich zur Zeit auf Sabotage beschränkte, daß wir jedoch, falls dies nicht die gewünschte Wirkung habe, wahrscheinlich zum Guerillakrieg übergehen würden.
    Später am Abend besuchten mich im Haus des Fotojournalisten G. M. Naido, wo ich untergekommen war, Ismail und Fatima Meer, Monty Naicker und J. N. Singh zu einer Art kombinierter Willkommens- und Abschiedsparty, denn ich wollte am nächsten Tag nach Johannesburg abreisen. Es war ein angenehmer Abend, und zum erstenmal seit langer Zeit konnte ich mich entspannen. Ich schlief gut und stieg mit Cecil am Sonntag nachmittag – des 5. August – zur langen Rückfahrt nach Johannesburg in seinen bewährten Austin.
    Ich trug meinen weißen Chauffeursmantel und saß neben Cecil, während er fuhr. Wir wechselten uns häufig am Steuer ab. Es war ein klarer, kühler Tag, und ich erfreute mich an der Schönheit der Landschaft von Natal; selbst im Winter bleibt Natal grün. Jetzt, da ich nach Johannesburg zurückkehrte, würde ich etwas Zeit haben, mit Winnie und den Kindern zusammenzusein. Ich hatte mir oft gewünscht, daß Winnie die Wunder Afrikas würde mit mir teilen können, doch ich konnte ihr bestenfalls erzählen, was ich gesehen und getan hatte.
    Sobald wir die Industriebezirke Durbans hinter uns hatten, fuhren wir über Hügel, die majestätische Ausblicke auf die umgebenden Täler und auf die blauschwarzen Wasser des Indischen Ozeans boten. Durban ist der Haupthafen für das wichtigste Industriegebiet des Landes, und der Highway, der nach Johannesburg führt, verläuft über eine große Strecke hin parallel zur Eisenbahnlinie. Meine Gedanken wanderten von der Betrachtung der Naturschönheit zu der Vorstellung, daß die Eisenbahnlinie in so unmittelbarer Nähe des Highway ein geeignetes Objekt für Sabotage sei. Ich machte mir eine Eintragung in dem kleinen Notizbuch, das ich immer bei mir trug.
    Cecil und ich waren in ein Gespräch über Sabotagepläne vertieft, als wir durch Howick kamen, 30 Kilometer nordwestlich von Pietermaritzburg. In Cedara, einer kleinen Stadt unmittelbar hinter Howick, fiel mir ein mit weißen Männern vollbesetzter Ford V-8 auf, der rechts an uns vorüberjagte. Instinktiv drehte ich mich um und sah hinter uns zwei weitere mit weißen Männern vollbesetzte Autos. Plötzlich gab der Ford vor uns ein Haltzeichen. Im selben Augenblick begriff ich, daß meine Flucht zu Ende war; meine 17 Monate »Freiheit« waren vorüber.
    Während Cecil abbremste, blickte er mich an und fragte: »Was sind das für Männer?« Ich antwortete nicht, weil wir beide ganz genau wußten, wer sie waren. Sie hatten den Platz, wo sie uns aufgelauert hatten, gut gewählt; links von uns befand sich ein bewaldeter, steiler Abhang, und dort hätten sie uns hineintreiben können, falls wir versucht hätten, ihnen zu entfliehen. Ich saß links auf dem Beifahrersitz, und für einen Augenblick dachte ich daran, hinauszuspringen und in den Wald zu flüchten, doch ich wäre innerhalb von Sekunden erschossen worden.
    Als unser Auto hielt, kam ein hochgewachsener schlanker Mann mit strengem Gesichtsausdruck direkt zu dem Fenster der Beifahrerseite. Er war unrasiert und sah aus, als habe er mehrere Nächte nicht geschlafen. Ich vermutete sofort, daß er seit einer Reihe von Tagen auf uns gewartet hatte. Mit ruhiger Stimme stellte er sich als Sergeant Vorster von der Polizei von Pietermaritzburg vor und zog einen Haftbefehl hervor. Er forderte mich auf, mich auszuweisen. Ich sagte ihm, mein Name sei David Motsamayi. Er nickte und stellte mir dann auf korrekte Weise

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