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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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Kilometer westlich von Umtata. Im 19. Jahrhundert war Fort Beaufort einer der zahlreichen britischen Außenposten in den sogenannten Frontier Wars gewesen, den Grenzkriegen, in denen aufgrund des ständigen Vordringens weißer Siedler die verschiedenen Xhosa-Stämme systematisch ihres Landes beraubt wurden. Während eines Jahrhunderts voller Konflikte erwarben viele Xhosa-Krieger Ruhm aufgrund ihrer Tapferkeit, Krieger wie Sandile, Makhanda und Maqoma, von denen die beiden letzteren von den Briten auf Robben Island gefangengehalten wurden und dort starben.
    Zur Zeit meiner Ankunft gab es in Healdtown nur wenige Hinweise auf die Schlachten des vorigen Jahrhunderts, mit einer Ausnahme: Fort Beaufort war eine weiße Stadt, wo einst nur Xhosa gelebt und ihr Land bebaut hatten.
    Am Ende einer gewundenen Straße gelegen, ein begrüntes Tal überblickend, war Healdtown noch viel schöner und großartiger als Clarkebury. Es war damals die größte afrikanische Schule unterhalb des Äquators, mit mehr als 1000 Studenten und Studentinnen. Mit seinen anmutigen, efeubewachsenen Gebäuden im Kolonialstil und seinen von Bäumen beschatteten Höfen machte es den Eindruck einer privilegierten akademischen Oase, was es natürlich auch war. Genau wie Clarkebury war Healdtown eine Missionsschule der Methodistenkirche und bot eine christliche Erziehung auf geistes- und naturwissenschaftlicher Grundlage, dem britischen Vorbild gemäß.
    Der Prinzipal (Direktor) von Healdtown war Dr. Arthur Wellington, ein stämmiger und ziemlich steifer Engländer, der sich gern seiner Verbindung zum Herzog von Wellington rühmte. Zu Beginn einer Schulversammlung pflegte Dr. Wellington das Podium zu betreten, um mit seiner tiefen Baßstimme zu verkünden: »Ich bin der Nachkomme des großen Herzogs von Wellington, des Aristokraten, Staatsmanns und Generals, der den Franzosen Napoleon bei Waterloo zerschmetterte und dadurch die Zivilisation für Europa rettete – und für euch, die Eingeborenen.« Daraufhin pflegten wir alle enthusiastisch zu applaudieren, jeder von uns außerordentlich dankbar dafür, daß ein Nachkomme des großen Herzogs von Wellington sich die Mühe machte, Eingeborene wie uns zu erziehen. Damals war der gebildete Engländer unser Vorbild; wir strebten danach, »black Englishmen« zu werden, wie wir gelegentlich verächtlich genannt wurden. Die besten Ideen waren englische Ideen, die beste Regierung die englische, die besten Männer englische Männer – das dachten wir, und das zu denken, lehrte man uns.
    Das Schulleben war rigoros. Früh um sechs wurde geweckt. Um 6.40 Uhr gab es im Eßsaal Frühstück, das heißt trockenes Brot und heißes Zuckerwasser, wobei uns George VI. überwachte, der König von England, dessen düsteres Porträt an den holzverkleideten Wänden hing. Wer sich zum Brot Butter leisten konnte, der kaufte sich welche und bewahrte sie in der Küche auf. Ich aß trockenes Toastbrot. Um acht versammelten wir uns auf dem Hof zwecks »Observation«; wir verharrten in Hab-acht-Stellung, während die Mädchen aus ihren verschiedenen Schlafsälen kamen. Bis 12.45 Uhr hatten wir Unterricht, dann gab es zum Mittagessen Maisgrütze, saure Milch und Bohnen, selten Fleisch; danach wieder Unterricht bis fünf, gefolgt von einer Stunde für Übungen und Abendessen und schließlich noch Studieren in der Study Hall von 7 bis 9. »Licht aus« um 9.30 Uhr.
    Healdtown zog Studenten aus der ganzen Transkei an und auch aus anderen Protektoraten Südafrikas wie Basutoland, Swaziland und Bechuanaland. Obwohl es hauptsächlich eine Xhosa-Institution war, gab es auch Studenten von anderen Stämmen. Nach den Schulstunden und an den Wochenenden blieben Studenten vom selben Stamm für sich. Selbst die Angehörigen der verschiedenen Xhosa-Stämme verkehrten nur untereinander, wie die amaMpondo-Studenten und so fort. Auch ich folgte diesem Verhaltensmuster, doch in Healdtown gewann ich dann meinen ersten Sotho sprechenden Freund, Zachariah Molete. Ich erinnere mich, daß ich damals ein Gefühl von Wagemut empfand, weil ich einen Freund hatte, der kein Xhosa war.
    Unser Zoologie-Lehrer, Frank Lebentlele, sprach gleichfalls Sotho und war bei den Studenten sehr beliebt. Frank war ein sehr umgänglicher Mensch, der sich frei unter die Studenten mischte. Er war nicht viel älter als wir und spielte sogar in der ersten Fußballmannschaft des Colleges, wo er zu den Spitzenspielern gehörte. Was uns bei Mr. Lebentlele jedoch am meisten erstaunte, war

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