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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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Wir hatten keine Möglichkeit, die Lage im Land verläßlich einzuschätzen, und deshalb hielten wir es weder für fair noch für klug, wenn wir uns in Fragen einmischten, über die wir nichts wußten. Statt dessen trafen wir Entscheidungen bei Themen wie den Beschwerden der Gefangenen, Streiks, Post und Verpflegung, also bei den alltäglichen Sorgen des Gefängnislebens. Wenn möglich, wollten wir eine allgemeine Mitgliederversammlung einberufen, denn das betrachteten wir als entscheidend für die Gesundheit unserer Organisation. Aber da solche Versammlungen äußerst gefährlich waren und deshalb nur selten stattfanden, traf das High Organ häufig Entscheidungen, die dann an alle anderen Mitglieder weitergeleitet wurden. Das High Organ betrieb auch ein Zellensystem, bei dem jede Zelle aus drei Mitgliedern bestand.
    In der ersten Zeit diente das High Organ auf der Insel auch als Vertretung für alle politischen Gefangenen in unserem Block. Im Jahr 1967 reichten wir eine Petition ein, in der wir bessere Behandlung forderten, und dieses Papier hatten praktisch alle unterzeichnet, auch die Mitglieder des PAC, der Einheitsbewegung und der Liberalen Partei, die von Eddie Daniels vertreten wurde. Mit dieser Verfahrensweise waren alle einverstanden, bis Neville Alexander sich beschwerte, das High Organ sei weder demokratisch noch wirklich repräsentativ, und man müsse ein anderes Gremium schaffen.
    Aus Nevilles Vorschlag ging schließlich das Gefangenenkomitee hervor, dem Mitglieder aller politischen Parteien angehörten. Bei den anderen Organisationen herrschte die Befürchtung, der ANC werde nach Dominanz streben, und die Regeln des Komitees waren so gestaltet, daß das Gremium eine rein beratende Funktion hatte; seine Entscheidungen waren nicht bindend. Dennoch war es schwierig, sich auf eine gemeinsame Haltung zu den Problemen zu einigen. Als Sitzungsleiter schlugen wir Fikile Bam vor, ein Mitglied des Yu Chi Chan Club. Später sollte der Vorsitz nach dem Rotationsprinzip wechseln. Das Komitee wurde schließlich unter der Bezeichnung Ulundi bekannt und arbeitete als Disziplinargremium für alle politischen Gefangenen.
    Das High Organ wurde auch aufgrund seiner ethnischen Zusammensetzung zum Gegenstand von Meinungsverschiedenheiten: Alle vier ständigen Mitglieder waren von ihrer Abstammung her Xhosa. Das war Zufall und keine Absicht: Die vier ranghöchsten ANC-Führer auf der Insel, die als einzige dem Nationalen Exekutivkomitee angehört hatten, waren ausgerechnet Xhosa. Es wäre nicht angemessen gewesen, einen weniger altgedienten Gefährten in das High Organ aufzunehmen, nur weil er nicht diesem Stamm angehörte. Dennoch störte mich die Tatsache, daß das High Organ von Xhosa beherrscht wurde, denn das schien die falsche Vorstellung zu bestätigen, daß wir eine Xhosa-Organisation waren.
    Ich habe diese Kritik immer als ärgerlich empfunden, denn sie gründete sich teils auf Unkenntnis der Geschichte des ANC und teils auf Boshaftigkeit. Ich kann sie mit der Feststellung zurückweisen, daß schon Zulus, Mosothos, Pedis und Tswanas Präsidenten des ANC waren, und der Exekutivrat war immer eine Mischung mehrerer Stammesgruppen. Dabei fällt mir ein, wie ich einmal an einem sonnigen Nachmittag auf dem Gefängnishof arbeitete, während einige Männer aus der allgemeinen Abteilung sich über mir auf dem Dach zu schaffen machten. Sie riefen mir zu: »Mdala! (He, Alter) Warum redest du nur mit Xhosas?« Der Vorwurf tat weh. Ich sah nach oben und erwiderte: »Wie könnt ihr mir Diskriminierung vorwerfen? Wir sind ein Volk!« Das schien sie zufriedenzustellen, aber ihr Vorurteil blieb in meinem Geist haften. Wenn ich wußte, daß Leute aus der allgemeinen Abteilung in der Nähe waren, versuchte ich von da an immer, mich mit Kathy oder Eddie Daniels oder einem anderen zu unterhalten, der kein Xhosa war.
    Schließlich entschlossen wir uns, ein fünftes Mitglied in das High Organ aufzunehmen, das nach dem Rotationsprinzip wechseln sollte. In der Regel handelte es sich dabei nicht um einen Xhosa; Kathy gehörte dem Gremium zum Beispiel über fünf Jahre lang an. Auch Laloo Chiba arbeitete eine Zeitlang mit, und schließlich starb die Kritik einen langsamen, unmerklichen Tod.
    Ich spielte im High Organ keinerlei beherrschende Rolle, und mehrere Anträge, für die ich mich stark einsetzte, wurden sogar abgelehnt. Das muß auch so sein, aber manchmal fand ich es frustrierend. In zwei Fragen, die den Umgang mit den Behörden

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