Der lange Weg zur Freiheit
Johannesburg kam; die Wirrungen in der Jugendliga; die endlosen Verzögerungen beim Hochverratsprozeß; und das Drama von Rivonia. Es war wie ein Wachtraum, und ich versuchte, ihn so einfach und ehrlich wie möglich zu Papier zu bringen.
Mac versteckte die umgeschriebene Version des Manuskripts erfinderisch im Einband mehrerer Notizbücher, die er bei seinen Studien benutzte. Auf diese Weise brachte er den gesamten Text vor den Behörden in Sicherheit, und als er 1976 entlassen wurde, konnte er ihn nach draußen schmuggeln. Es war verabredet, daß Mac uns heimlich mitteilen würde, wann das Manuskript sicher außer Landes gebracht war. Erst dann wollten wir das Original zerstören. Bis dahin mußten wir ein 500-Seiten-Manuskript beiseite schaffen. Wir taten das einzig Denkbare und vergruben es im Garten des Gefängnishofes. Die Aufsicht im Hof war unaufmerksam und fand nur gelegentlich statt. Meist saßen die Aufseher in einem Büro am Nordende und unterhielten sich. Von dem Büro aus konnten sie den südlichen Bereich in der Nähe der Isolierabteilung nicht sehen, und dort befand sich ein kleiner Garten. Ich hatte ihn bei meinen morgendlichen Spaziergängen ab und zu besichtigt, und jetzt entschloß ich mich, dort das Manuskript zu vergraben.
Damit wir kein großes Loch ausheben mußten, kamen wir überein, die Blätter an drei getrennten Stellen einzugraben. Wir teilten den Stapel in zwei kleinere und einen größeren Teil, wickelten sie einzeln in Plastik und legten sie in leere Kakaodosen. Das Ganze mußte schnell erledigt werden, und ich bat Jeff Masemola, uns ein paar Grabwerkzeuge zu konstruieren. Nach wenigen Tagen war ich mit sieben spitzen Eisenpflöcken ausgerüstet.
Eines Morgens nach dem Frühstück schlenderten Kathy, Walter, Eddie Daniels und ich hinüber zu dem Garten am Südende des Gefängnishofes, und dort erweckten wir den Anschein, als ob wir eine politische Diskussion führten. Jeder von uns hatte einen Teil des Manuskripts unter dem Hemd versteckt. Auf ein Zeichen von mir ließen wir uns fallen und fingen an zu graben. Ich machte ein Loch in der Mitte, in der Nähe eines Gullys, der zu einem Abwasserkanal führte. Als ich zu dem Rohr kam, machte ich darunter einen Hohlraum, und dorthin legte ich den größten der drei Behälter. Die beiden anderen gruben für ihre Teile flachere Löcher.
Wir waren gerade rechtzeitig fertig, um für den Marsch zum Steinbruch anzutreten. Als ich an diesem Morgen zur Arbeit ging, spürte ich ein Gefühl der Erleichterung, daß das Manuskript sicher versteckt war. Dann dachte ich nicht mehr daran.
Ein paar Wochen später, kurz nach dem morgendlichen Wecken, hörte ich aus dem Gefängnishof ein Geräusch, das mir Unbehagen bereitete: Es klang nach Schaufeln und Spitzhacken, die den Erdboden bearbeiteten. Als wir die Zellen zum Waschen verlassen durften, ging ich zum vorderen Ende des Korridors, und es gelang mir, von der Tür dort um die Ecke zu blicken. Dort, am Südende des Gefängnishofes, arbeitete eine Gruppe aus der allgemeinen Abteilung. Zu meiner Bestürzung gruben sie in dem Bereich, wo das Manuskript versteckt war.
Die Behörden hatten sich entschlossen, vor dem Isolierabschnitt eine Mauer zu bauen, denn sie hatten bemerkt, daß die Isolierhäftlinge sich mit uns verständigen konnten, wenn wir auf dem Hof waren. Die Arbeitsgruppe grub einen flachen Graben für das Fundament der Mauer.
Beim Waschen gelang es mir, Walter und Kathy über die Grabungsarbeiten zu informieren. Nach Kathys Ansicht war der Hauptteil des Manuskripts, den ich unter dem Rohr vergraben hatte, in Sicherheit, aber die beiden anderen Teile waren in Gefahr. Als die Bottiche mit dem Frühstückshaferbrei in den Hof gerollt wurden, schickten die Aufseher der Arbeitsgruppe ihre Leute weg, damit sie sich nicht mit den politischen Gefangenen verbrüderten.
Mit unseren Schüsseln voll Haferbrei in der Hand dirigierte ich Walter und Kathy zum Südende des Hofes, denn ich wollte sie allein sprechen. Der Anfang des Grabens war bereits gefährlich nahe bei den beiden kleineren Behältern. In diesem Augenblick kam Eddie Daniels hinzu; er erkannte das Problem sofort.
Wir konnten nur eines tun: So unauffällig wie möglich buddelten wir in dem Bereich, wo die beiden kleineren Manuskriptteile lagen. Es gelang uns recht schnell, die beiden Dosen auszugraben und die Löcher wieder mit Erde zu füllen. Den Hauptteil des Manuskripts unter dem Rohr herauszuholen würde mehr Zeit in
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