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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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Ergebnis. Wie ein Gärtner muß er die Verantwortung für das übernehmen, was er heranzüchtet; er muß sich um seine Arbeit kümmern, Feinde abwehren, erhalten, was zu erhalten ist, und das beseitigen, was keinen Erfolg verspricht.
    Ich schrieb Winnie zwei Briefe über eine besonders schöne Tomatenpflanze, die ich als empfindlichen Keimling so lange umsorgt hatte, bis daraus ein widerstandsfähiges Gewächs geworden war, das tiefrote Früchte trug. Aber dann, durch einen Fehler oder mangelnde Pflege, begann sie zu verdorren und abzusterben, und nichts, das ich unternahm, konnte sie wieder gesund machen. Als sie endgültig tot war, grub ich die Wurzel aus, wusch sie und beerdigte sie in einer Ecke des Gartens.
    Diese kleine Geschichte erzählte ich ihr sehr ausführlich. Ich weiß nicht, was sie aus diesem Brief herauslas, aber als ich ihn schrieb, hatte ich gemischte Gefühle: Ich wollte nicht, daß es unserer Beziehung so erging wie dieser Pflanze, aber andererseits spürte ich, daß ich die wichtigsten Beziehungen in meinem Leben vielfach nicht richtig nähren konnte. Manchmal kann man nichts tun, um etwas zu retten, das zum Sterben bestimmt ist.
     
     
    Die Abschaffung der körperlichen Arbeit hatte unter anderem die unerwartete Folge, daß ich an Gewicht zunahm. Im Steinbruch hatten wir uns zwar kaum einmal so angestrengt, daß wir ins Schwitzen gekommen wären, aber schon der Marsch dorthin und wieder zurück reichte aus, damit ich schlank blieb.
    Ich war immer überzeugt, daß Bewegung nicht nur der Schlüssel zu körperlicher Gesundheit ist, sondern auch zum Frieden der Seele. In alten Zeiten reagierte ich Ärger und Frustration oft an einem Sandsack ab, statt sie an einem Kameraden oder auch an einem Polizisten auszulassen. Training baut Spannungen ab, und Spannung ist der Feind der Gelassenheit. Ich merkte, daß ich in gutem körperlichem Zustand besser arbeiten und klarer denken konnte, und deshalb wurde Bewegung zu einem unabänderlichen Bestandteil meines Lebens. Im Gefängnis war es unbedingt notwendig, daß man ein Ventil für Frustrationen hatte.
    Sogar auf der Insel versuchte ich, mein altes Training weiterzuführen: Dauerlauf und Muskelübungen von Montag bis Donnerstag, dann drei Tage Pause. Von montags bis donnerstags lief ich in meiner Zelle morgens 45 Minuten lang auf der Stelle. Außerdem machte ich 100 Liegestütze auf den Fingerspitzen, 50 tiefe Kniebeugen und verschiedene andere Freiübungen.
    In den Briefen an meine Kinder drängte ich sie, sich ebenfalls körperlich zu betätigen und einen Bewegungssport wie Basketball, Fußball oder Tennis auszuüben, um den Geist von allem abzulenken, was sie vielleicht bedrückte. Bei meinen Kindern hatte ich damit nicht immer Erfolg, aber ich beeinflußte einige meiner trägeren Kollegen. Sport war für Afrikaner meines Alters und meiner Generation etwas Ungewöhnliches. Nach einiger Zeit drehte sogar Walter morgens im Gefängnishof ein paar Runden. Ich wußte, daß ein paar jüngere Kameraden mich ansahen und zu sich sagten: Wenn der Alte das kann, dann kann ich es auch. Sie fingen ebenfalls an, Sport zu treiben.
     
     
    Schon in den allerersten Besprechungen mit Besuchern und dem Internationalen Roten Kreuz wies ich darauf hin, wie wichtig Zeit und Möglichkeiten für ausreichende sportliche Betätigung sind. Aber erst Mitte der siebziger Jahre erhielten wir unter der Schirmherrschaft des Internationalen Roten Kreuzes Dinge wie Volleyballausrüstung und eine Tischtennisplatte.
    Ungefähr zu der Zeit, als die Arbeit im Steinbruch aufhörte, kam einer der Aufseher auf die Idee, aus dem Gefängnishof einen Tennisplatz zu machen. Die Abmessungen stimmten genau. Häftlinge aus dem allgemeinen Abschnitt strichen den Betonboden grün, und darauf zogen sie das altbekannte weiße Linienmuster. Ein paar Tage später wurde ein Netz angebracht, und plötzlich hatten wir unser eigenes Wimbledon vor der Haustür.
    Ich hatte schon in Fort Hare ein wenig Tennis gespielt, war aber alles andere als ein Könner. Ich hatte eine recht starke Vorhand, aber leider war die Rückhand schwach. Ich betrieb Sport jedoch nicht wegen des Stils, sondern um mich zu bewegen. Es war der beste und einzige Ersatz für die Märsche zum Steinbruch und wieder zurück. Als einer der ersten aus unserem Abschnitt spielte ich regelmäßig. Ich war ein Grundlinienspieler und ging nur ans Netz, wenn sich eine eindeutige Möglichkeit zum Punkten bot.
     
     
    Nachdem wir nicht mehr

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