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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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sondern unterhielten uns einfach. Anfang 1977 gaben die Behörden die Abschaffung der körperlichen Arbeit bekannt. Von nun an durften wir den ganzen Tag in unserem Block verbringen. Sie ließen uns im Gefängnishof irgendwelche Arbeiten verrichten, aber das war eigentlich nur ein Feigenblatt, hinter dem sie ihre Kapitulation versteckten.
    Dieser Sieg war das gemeinsame Ergebnis unserer nicht nachlassenden Proteste und einfacher Logistik. Normalerweise waren die Behörden bestrebt, ein Zahlenverhältnis von einem Aufseher für drei Häftlinge zu erreichen. Aber schon bevor die Gefangenen aus Soweto ankamen, waren die Wärter knapp, und die rebellischen jungen Leute brauchten noch mehr Aufsicht. Sie waren so widerspenstig, daß offenbar jeder von ihnen seinen eigenen Wächter haben mußte. Wenn wir in unserem Abschnitt blieben, war weniger Überwachungspersonal erforderlich.
    Das Ende der körperlichen Arbeit wirkte befreiend. Jetzt konnte ich den ganzen Tag über lesen, Briefe schreiben, Probleme mit meinen Kameraden besprechen und juristische Schriftsätze formulieren. In der Freizeit konnte ich zwei Tätigkeiten nachgehen, die auf Robben Island zu meinen Lieblingshobbys wurden: Gärtnern und Tennisspielen.
    Wenn man im Gefängnis überleben will, muß man Wege finden, um sich im täglichen Leben Zufriedenheit zu verschaffen. Man kann sich ausgefüllt fühlen, wenn man seine Kleidung so wäscht, daß sie besonders sauber ist, wenn man den Korridor völlig von Staub befreit oder indem man seine Zelle so einrichtet, daß sie möglichst viel Platz bietet. Den gleichen Stolz, den man außerhalb des Gefängnisses bei folgenreicheren Tätigkeiten empfindet, kann man sich drinnen auch verschaffen, indem man kleine Dinge tut.
    Während meiner Haft auf Robben Island hatte ich die Behörden fast von Anfang an um die Erlaubnis gebeten, auf dem Gefängnishof einen Garten anzulegen. Jahrelang hatten sie dieses Ansinnen ohne Begründung abgelehnt. Schließlich aber gaben sie nach, und wir durften auf einem schmalen Erdstreifen an der jenseitigen Mauer einen kleinen Garten einrichten.
    Der Boden des Gefängnishofes war trocken und steinig. Man hatte das Gefängnis auf einer ehemaligen Müllhalde gebaut, und um den Garten anzulegen, mußte ich viele große Brocken ausgraben, damit die Pflanzen Platz zum Wachsen hatten. Zu jener Zeit witzelten einige meiner Kameraden, ich sei im tiefsten Inneren ein Bergarbeiter, denn ich verbrachte den Tag im Steinbruch, und in der Freizeit buddelte ich im Gefängnishof.
    Die Behörden stellten mir Samen zur Verfügung. Anfangs baute ich Tomaten, Chilis und Zwiebeln an, widerstandsfähige Pflanzen, die weder fruchtbaren Boden noch ständige Pflege brauchen. Die ersten Male war die Ernte spärlich, aber das besserte sich bald. Die Behörden bereuten nicht, die Genehmigung erteilt zu haben, denn nachdem der Garten gedieh, gab ich den Aufsehern oft einen Teil meiner besten Tomaten und Zwiebeln.
    Die Gärtnerei hatte mir zwar schon immer Spaß gemacht, aber einen eigenen Garten konnte ich erst anlegen, als ich hinter Gittern saß. Meine ersten Erfahrungen auf diesem Gebiet sammelte ich in Fort Hare: Im Rahmen der handwerklichen Pflichtarbeit der Universität arbeitete ich im Garten eines meiner Professoren; dabei genoß ich den Kontakt mit dem Boden als Ausgleich für meine geistige Tätigkeit. Als ich später in Johannesburg studierte und arbeitete, hatte ich weder Zeit noch Platz, um einen Garten anzulegen.
     
     
    Ich bestellte Bücher über Gärtnerei und Pflanzenzucht, beschäftigte mich mit verschiedenen Anbaumethoden und lernte Düngeverfahren kennen. Von den Materialien, die in den Büchern beschrieben wurden, stand mir vieles nicht zur Verfügung, aber ich lernte durch Ausprobieren. Einmal versuchte ich mich in der Erdnußzucht; ich probierte es mit verschiedenen Böden und Düngern, aber schließlich gab ich auf. Es war einer meiner wenigen Mißerfolge.
    Ein Garten war im Gefängnis eines der wenigen Dinge, über die man selbst bestimmen konnte. Einen Samen in die Erde zu legen, ihm beim Wachsen zuzusehen, die Pflanze zu pflegen und dann zu ernten bot eine einfache, aber dauerhafte Zufriedenheit. Das Gefühl, der Verwalter dieses kleinen Stückchens Erde zu sein, beinhaltete einen Hauch von Freiheit.
    In dem Garten sah ich in mancherlei Hinsicht eine Metapher für bestimmte Gesichtspunkte meines Lebens. Auch ein Führer muß seinen Garten bestellen: Er sät, beobachtet, pflegt und erntet das

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