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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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Zulu-Kultur stand nicht im Gegensatz zum ANC. Obwohl er resolut gegen die Apartheid opponierte und es ablehnte, daß KwaZulu ein »unabhängiges« Homeland wurde, war er dennoch ein Dorn im Fleisch der demokratischen Bewegung. Er lehnte den bewaffneten Kampf ab. Er kritisierte den Aufstand von Soweto im Jahre 1976. Er veranstaltete Kampagnen gegen die internationalen Sanktionen. Er mißbilligte die Idee eines südafrikanischen Einheitsstaates. Dennoch hatte Häuptling Buthelezi unablässig meine Freilassung gefordert und es abgelehnt, mit der Regierung zu verhandeln, solange ich und andere politische Gefangene nicht freigelassen wären.
    Häuptling Buthelezi war einer der ersten, mit dem ich nach meiner Freilassung telefonierte, um ihm für seine seit langem gewährte Unterstützung zu danken. Ich hatte das Bedürfnis, den Häuptling so bald wie möglich zu treffen, damit wir versuchen könnten, unsere Meinungsverschiedenheiten zu beseitigen. Während meines ersten Besuchs in Lusaka stellte ich den Gedanken eines solchen Treffens zur Debatte und wurde niedergestimmt. Als ich in Victor Verster war, wurde Walter von dem Zulu-König Goodwill Zwelithini eingeladen, ihn in Ulundi, der KwaZulu-Hauptstadt, zu besuchen, und ich redete ihm zu, die Einladung anzunehmen. Ich hielt es für eine ausgezeichnete Gelegenheit, auf das Oberhaupt einer der geachtetsten und mächtigsten Königsfamilien im Lande Einfluß zu nehmen. Der Besuch wurde von der NEC vorsorglich gebilligt, vorausgesetzt, Walter suchte den Königspalast in Nongoma auf; man war der Auffassung, wenn er nach Ulundi ginge, würde dies die Anerkennung der Autorität des Homelands bedeuten.
    Als ich aus Lusaka zurückgekehrt war, telefonierte ich sowohl mit Häuptling Buthelezi wie mit dem König, und ich erklärte ihnen, Walter würde den König besuchen, allerdings nicht in Ulundi, sondern in Nongoma. Der König erklärte, er würde Walter nirgendwo anders empfangen als in der Hauptstadt. »Ich bin der König«, sagte er, »ich habe ihn eingeladen, mich in Ulundi zu besuchen, und er hat nicht das Recht zu sagen, ich werde Sie anderswo besuchen.«
    »Euer Majestät«, erwiderte ich, »wir stehen vor einer Mauer des Widerstands unter unseren Mitgliedern, die überhaupt nicht wollen, daß Mr. Sisulu nach KwaZulu reist. Es ist uns gelungen, diesen Kompromiß auszuhandeln, und sicher können auch Sie nachgeben.« Doch er konnte nicht, sondern lehnte es ab, Walter zu sehen.
    Danach verschlechterten sich die Beziehungen, und im Mai überzeugte ich den ANC von der Notwendigkeit, dem König und Buthelezi einen Besuch abzustatten. Der König willigte ein, doch etwa eine Woche vor dem Besuch erhielt ich einen Brief von ihm, in dem es hieß, ich müsse allein kommen. Das war zuviel, und das NEC würde einem solchen Verlangen niemals stattgeben. Ich erklärte dem König, ich könne nur kommen, wenn ich von meinen Kollegen begleitet würde. Der König betrachtete dies als weitere Kränkung und sagte den Besuch ab.
    Mein Ziel war, eine unabhängige Beziehung zu dem König herzustellen, unabhängig von meiner Beziehung zu Häuptling Buthelezi. Der König war der wahre, von der Erbschaft bestimmte Führer der Zulus, die ihn liebten und respektierten. Treue zum König war in KwaZulu verbreiteter als Gehorsam gegenüber der Inkatha.
    In der Zwischenzeit wurde Natal zum Schlachtfeld. Schwerbewaffnete Inkatha-Anhänger hatten den ANC-Hochburgen in Mittel-Natal und um Pietermaritzburg de facto den Krieg erklärt. Ganze Dörfer wurden in Brand gesteckt, Dutzende von Menschen getötet, Hunderte verletzt, und Tausende wurden zu Flüchtlingen. Allein im März 1990 verloren 230 Menschen durch diese mörderische Gewalt ihr Leben. In Natal mordeten Zulus andere Zulus, denn Inkatha-Anhänger und ANC-Mitglieder sind Zulus. Im Februar, nur zwei Wochen nach meiner Freilassung, reiste ich nach Durban und sprach im King’s Park zu einer Menge von über 100000 Menschen, von denen fast alle Zulus waren. Ich flehte sie an, die Waffen niederzulegen, einander die Hand in Frieden zu reichen: »Nehmt eure Waffen, eure Messer und eure Pangas und werft sie ins Meer! Schließt die Todesfabriken! Beendet diesen Krieg jetzt!« Doch meine Worte trafen auf taube Ohren. Das Kämpfen und Töten dauerte an.
    Ich war so besorgt, daß ich bereit war, fast alles zu tun, um Häuptling Buthelezi zu treffen. Im März kündigte ich nach einem besonders gräßlichen Ausbruch von Gewalt an, ich würde Häuptling Buthelezi in

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