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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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wunderbares Wiedersehen mit den alten Kameraden, die ich seit Jahrzehnten nicht gesehen hatte. Eine Anzahl afrikanischer Staatsoberhäupter war ebenfalls anwesend, und ich hatte kurze Gespräche mit Robert Mugabe von Simbabwe, Kenneth Kaunda von Sambia, Quett Masire von Botswana, Joaquim Chissano von Mosambik, Jose Eduardo Dos Santos von Angola und Yoweri Musaveni von Uganda.
    Die Mitglieder der Exekutive waren froh über meine Freilassung, doch sie waren auch begierig, den Mann kennenzulernen und einzuschätzen, der da freigelassen worden war. Die Fragen konnte ich an ihren Augen erkennen. War Mandela noch derselbe Mann, der vor 27 Jahren ins Gefängnis gegangen war, oder war dieser Mann ein anderer Mandela? Hatte er überlebt, oder war er gebrochen? Sie hatten von meinen Gesprächen mit der Regierung gehört, und sie waren aufrichtig besorgt. Ich hatte nicht nur jeden Kontakt zur Situation draußen verloren, sondern konnte auch seit 1984 nicht einmal mehr mit meinen Kollegen im Gefängnis kommunizieren.
    Sorgfältig und sachlich erläuterte ich die Art meiner Gespräche mit der Regierung. Ich beschrieb die Forderungen, die ich gestellt hatte, und den Fortschritt, der erreicht worden war. Sie hatten die Memoranden gelesen, die ich Botha und de Klerk geschrieben hatte, und sie wußten, daß diese Dokumente der ANC-Politik entsprachen. Ich wußte auch, daß einige der in den letzten Jahren entlassenen Männer nach Lusaka gereist waren und dort hinter vorgehaltener Hand erklärt hatten: »Madiba ist zahm geworden. Er hat sich von den Behörden kaufen lassen. Er trägt dreiteilige Anzüge, trinkt Wein und speist gut.« Ich wußte von diesen Gerüchten, und ich wollte sie zurückweisen. Der beste Weg, sie zu entkräften, bestünde, wie ich wußte, darin, einfach über alles, was ich getan hatte, offen und ehrlich zu reden.
    Auf der Sitzung des NEC wurde ich zum stellvertretenden Präsidenten der Organisation gewählt, und Alfred Nzo, der ANC-Generalsekretär, wurde zum amtierenden Präsidenten ernannt, solange Oliver noch nicht wieder zu Kräften gekommen war. Auf einer Pressekonferenz im Anschluß an unsere Sitzung wurde ich nach einem Vorschlag gefragt, den Dr. Kaunda, der Präsident von Sambia und ein langjähriger Förderer unserer Organisation, gemacht hatte: Nun, da ich freigelassen worden sei, solle der ANC seine bewaffneten Operationen in Südafrika einstellen. Ich erwiderte, wir schätzten zwar Dr. Kaundas Weisheit und Unterstützung, doch es sei noch zu früh, den bewaffneten Kampf zu beenden, denn wir hätten noch nicht das Ziel erreicht, für das wir zu den Waffen gegriffen hätten. Es sei nicht Aufgabe des ANC, erklärte ich, Mr. de Klerk dabei behilflich zu sein, seine rechten Anhänger zu besänftigen.
    Von Lusaka aus unternahm ich eine Reise durch Afrika und besuchte Simbabwe, Tansania, Sansibar, Äthiopien, Algerien und Ägypten. Während der sechs Monate nach meiner Freilassung verbrachte ich mehr Zeit im Ausland als daheim. Fast überall, wohin ich kam, traf ich auf enthusiastische Menschenmengen, die mich auch dann, wenn ich mich erschöpft fühlte, wiederaufrichteten. In Daressalam wurde ich von schätzungsweise einer halben Million Menschen empfangen.
    Ich genoß meine Reisen außerordentlich. Ich wollte neue – und alte – Aussichten sehen, andere Speisen kosten und mit allen Arten von Menschen sprechen. Sehr schnell hatte ich mich an eine Welt gewöhnt, die völlig anders war als die, die ich verlassen hatte. Mit den Wandlungen des Verkehrs, der Kommunikation und der Massenmedien hatte die Welt sich beschleunigt, alles geschah so schnell heutzutage, daß man gelegentlich Mühe hatte, den Anschluß zu behalten. Winnie versuchte mich dazu zu bewegen, es langsam angehen zu lassen, doch es gab ganz einfach zuviel zu tun. Die Organisation wollte die Euphorie, die meine Freilassung ausgelöst hatte, zu ihrem Vorteil nutzen.
    In Kairo sollte ich einen Tag nach meinem Privatgespräch mit dem ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak in einer Stadthalle Grußworte an eine Versammlung richten. Als ich eintraf, schien die Menge förmlich aus dem Gebäude zu strömen, und für Sicherheit war herzlich wenig gesorgt. Ich erklärte einem Polizisten, ich dächte, er benötige Verstärkung, doch er schüttelte nur den Kopf. Winnie und ich warteten in einem Raum hinter der Stadthalle, und zur vereinbarten Stunde forderte mich ein Polizist auf, mich hineinzubegeben. Ich bat ihn, zunächst die übrigen Mitglieder

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