Der lange Weg zur Freiheit
einem Bergdorf außerhalb von Pietermaritzburg treffen. Auf der persönlichen Ebene war meine Beziehung zu Häuptling Buthelezi eng und respektvoll, und ich hoffte, daraus Kapital schlagen zu können. Doch ich erfuhr, daß ein solches Treffen für die ANC-Führer in Natal kein Thema war. Sie hielten die Begegnung für gefährlich und sprachen sich dagegen aus. Ich begab mich nach Pietermaritzburg, wo ich die verbrannten Überreste von ANC-Anhängern sah und versuchte, ihre trauernden Familien zu trösten. Doch ich kam nicht mit Häuptling Buthelezi zusammen.
Im März, nach vielen Verhandlungen innerhalb unserer jeweiligen Parteien, setzten wir ein erstes direktes Treffen mit Mr. de Klerk und der Regierung fest. Es sollten »Gespräche über Gespräche« werden, und die Zusammenkunft war für den frühen April angesetzt. Doch am 26. März eröffnete die Polizei in der Sebokeng-Township rund 45 Kilometer südlich von Johannesburg ohne Vorwarnung das Feuer auf eine Menge von ANC-Demonstranten, und dabei wurden zwölf Menschen getötet und hundert weitere verwundet, die meisten im Rücken, als sie flüchteten. Die Polizei hatte gegen die Demonstranten scharfe Munition eingesetzt, ein nicht zu tolerierendes Vorgehen. Die Polizei behauptete, ihr Leben sei in Gefahr gewesen, doch viele Demonstranten waren in den Rücken geschossen worden, und sie trugen keine Waffen. Man ist nicht gefährdet durch einen unbewaffneten Mann, der vor einem wegrennt. Das Recht, sich zu versammeln und für unsere gerechten Forderungen zu demonstrieren, ist keine Gnade, welche die Regierung nach Gutdünken gewährt. Diese Art von Vorgehen brachte mich in Zorn wie keine andere, und ich erklärte der Presse, jeder weiße Polizist in Südafrika betrachte jede schwarze Person als Zielscheibe. Nach Konsultation mit dem NEC kündigte ich die Einstellung unserer Gespräche an und warnte de Klerk, er könne nicht »auf der einen Seite über Verhandlungen reden und auf der anderen Seite unsere Leute ermorden«.
Doch trotz der Einstellung unserer offiziellen Gespräche traf ich mich mit Billigung der ANC-Führung privat mit Mr. de Klerk in Kapstadt, um die Bereitschaft für Gespräche aufrechtzuerhalten. Unsere Diskussionen kreisten in erster Linie um einen neuen Termin, und wir einigten uns auf Anfang Mai. Ich schnitt das entsetzliche Verhalten von Sepokeng an und die ungleiche Behandlung von Schwarzen und Weißen durch die Polizei. Gegen schwarze Demonstranten setzte die Polizei scharfe Munition ein, während sie gegenüber weißen rechtsgerichteten Protestierern niemals die Waffen zöge.
Die Regierung hatte es nicht eilig, in Verhandlungen einzutreten. Sie rechnete damit, daß die Euphorie, die meine Freilassung ausgelöst hatte, sich verflüchtige. Sie wollte mir Zeit lassen, das Gesicht zu verlieren und so zu demonstrieren, daß der frühere Gefangene, einst als Retter gepriesen, ein höchst fehlbarer Mann sei, der jeden Kontakt zur gegenwärtigen Situation verloren habe.
Trotz seiner anscheinend progressiven Aktionen war de Klerk auf keinen Fall der große Befreier. Er war ein Zögerer, ein sorgsamer Pragmatiker. Keine seiner Reformen unternahm er mit der Absicht, sich von der Macht zu lösen. Er unternahm sie aus genau dem entgegengesetzten Grund: den Afrikandern die Macht bei einer neuen Aufteilung zu sichern. Er war überhaupt nicht gewillt, über das Ende der weißen Herrschaft zu verhandeln.
Sein Ziel war, ein System der Machtaufteilung zu schaffen, beruhend auf Gruppenrechten, ein System, das eine modifizierte Form der Minderheitsmacht in Südafrika retten würde. Er war entschieden gegen die Mehrheitsherrschaft oder »simplen Majoritanismus«, wie er sie gelegentlich nannte, denn das würde die weiße Herrschaft auf einen Streich beenden. Wir wußten schon früh, daß die Regierung entschieden gegen ein Parlamentssystem à la Westminster und »Alles für den Gewinner« war und statt dessen ein System proportionaler Repräsentanz mit eingebauter struktureller Garantie für die weiße Minderheit befürwortete. Obwohl de Klerk bereit war zu akzeptieren, daß die schwarze Mehrheit wählte und ein Gesetzgebungswerk schuf, wollte er doch ein Minderheitsveto behalten. Von Anbeginn an wollte ich mit diesem Plan nichts zu tun haben. Ich bezeichnete ihn gegenüber Mr. de Klerk als verschleierte Apartheid, als ein System des »Der Verlierer bekommt alles«.
Die langfristige Strategie der Nationalisten zur Überwindung unserer Stärke
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