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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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Nationalversammlung war es notwendig, eine Interimsregierung zu bilden, welche die Übergangszeit bis zur Regierungsneuwahl zu überwachen hätte. Die Regierung könne nicht gleichzeitig Spieler und Schiedsrichter sein, wie sie es jetzt sei. Wir befürworteten die Bildung einer Viel-Parteien-Konferenz, welche die Interimsregierung einsetzen und die Leitsätze für die Tätigkeit der konstituierenden Versammlung entwerfen sollte.
     
     
    Obwohl ich gleich nach meiner Entlassung aus dem Gefängnis nach Qunu reisen wollte, wurde es doch April, ehe ich mir meinen Wunsch erfüllen konnte. Ich konnte nicht einfach meine Sachen packen und abreisen, wann es mir danach war. Es waren Sicherheitsvorkehrungen zu treffen wie auch Ansprachen vor lokalen Organisationen vorzubereiten. Im April hatten der ANC und General Bantu Holomisa, der militärische Befehlshaber der Transkei und ein ANC-Anhänger, den Besuch arrangiert. Doch es war mein größtes Herzensbedürfnis, dem Grab meiner Mutter Respekt zu zollen.
    Ich begab mich zunächst nach Qunu und dort zu dem Ort, wo meine Mutter begraben lag. Ihr Grab war einfach und schmucklos, bedeckt nur mit einigen Steinen und aufgerichteten Ziegeln, nicht zu unterscheiden von anderen Gräbern in Qunu. Es fällt mir schwer, meine Gefühle zu beschreiben: Ich fühlte Bedauern darüber, daß ich nicht hatte bei ihr sein können, als sie starb, Gewissensbisse, daß ich nicht richtig nach ihr hatte sehen können, als sie noch lebte, und Verlangen nach dem, was hätte sein können, wenn ich einen anderen Lebensweg eingeschlagen hätte.
    Als ich mein Dorf nach so vielen Jahren wiedersah, war ich höchst erstaunt darüber, was sich alles geändert hatte und was nicht. Als ich jung war, waren die Menschen von Qunu überhaupt nicht politisch gewesen; der Kampf für die afrikanischen Rechte lag außerhalb ihrer Wahrnehmung. Die Menschen nahmen das Leben, wie es war, und träumten nicht davon, es zu ändern. Doch als ich wieder heimkam, hörte ich die Schulkinder Lieder über Oliver Tambo und Umkhonto We Sizwe singen, und ich stellte verwundert fest, daß das Wissen über den Kampf bis in jeden Winkel der afrikanischen Gesellschaft gedrungen war.
    Was sich erhalten hatte, war die Wärme und Einfachheit der Gemeinschaft, und ich fühlte mich in die Tage als Junge zurückversetzt. Doch was mich bekümmerte, war, daß die Dorfbewohner genauso arm, wenn nicht ärmer waren, als sie es damals gewesen waren. Die meisten Menschen lebten noch in einfachen Hütten mit schmutzigen Böden, ohne elektrisches Licht und fließendes Wasser. In meiner Jugend war das Dorf sauber gewesen, das Wasser rein, das Gras grün und makellos, soweit das Auge sehen konnte. Die Krals waren gefegt, der Mutterboden erhalten, und die Felder waren genau aufgeteilt. Doch jetzt war das Dorf ungefegt, das Wasser verschmutzt, und das Land war bedeckt mit Plastikbeuteln und Papier. Wir kannten kein Plastik, als ich noch ein Junge war, und wenngleich es das Leben in mancher Hinsicht verbessert hat, so erschien mir doch sein Vorhandensein in Qunu wie eine Art von Pesthauch. Stolz schien aus der Gemeinde verschwunden zu sein.
     
     
    In jenem Monat erlebte ich eine andere Heimkehr, denn ich kehrte nach Robben Island zurück, um die 25 politischen Gefangenen des MK zu bewegen, das Angebot der Regierung auf Amnestie anzunehmen und die Insel zu verlassen. Obwohl ich die Insel bereits acht Jahre zuvor verlassen hatte, waren meine Erinnerungen an das Gefängnis noch frisch und unberührt von Nostalgie. Nach all den Jahren, in denen ich dort Besuch erhalten hatte, war es ein seltsames Gefühl, als Besucher auf Robben Island zu sein.
    Doch an jenem Tag hatte ich nicht viel Gelegenheit zu Besichtigungen, denn ich traf mich sofort mit den Männern, die das Angebot der Regierung auf Amnestie ablehnten. Sie erklärten, sie würden die Insel erst dann verlassen, wenn der Sieg auf dem Schlachtfeld und nicht am Verhandlungstisch erreicht wäre. Empört lehnten sie die vorliegende Friedensregelung ab, nach der sie zuerst ihre Verbrechen aufzuzählen hätten, ehe ihnen Straffreiheit gewährt würde. Sie beschuldigten den ANC, von der Harare-Deklaration abgerückt zu sein, in der eine bedingungslose, generelle Amnestie für alle politischen Gefangenen und Exilierten gefordert wurde. Ein Mann erklärte: »Madiba, ich habe mein ganzes Leben gegen die Regierung gekämpft, und nun soll ich sie um Vergebung bitten.«
    Ich verstand ihre Argumente wohl, doch sie

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