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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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über Mittelsleute im Rahmen unseres Stammes und unserer Familie zu klären. Ich hätte mich an den Cousin des Regenten wenden können, Häuptling Zilindlovu, einen der aufgeklärtesten und einflußreichsten Führer am Hof von Mqhekezweni. Aber ich war jung und ungeduldig und glaubte, es sei wenig sinnvoll zu warten. Flucht schien der einzige Ausweg zu sein.
    Wir hielten unseren Plan geheim, während wir die Details ausarbeiteten. Zunächst einmal brauchten wir eine Gelegenheit. Der Regent glaubte, wenn Justice und ich zusammen seien, würden wir wechselseitig das Schlimmste in uns zum Vorschein bringen oder zumindest würde Justices Neigung zu Abenteuern und ausgelassenen Späßen meine eher konservative Haltung beeinflussen. So hielt er uns nach Möglichkeit getrennt. Wenn der Regent auf Reisen ging, forderte er in der Regel einen von uns auf, ihn zu begleiten, so daß wir während seiner Abwesenheit nicht zusammen sein konnten. Normalerweise nahm er Justice mit, weil er es gern sah, daß ich in Mqhekezweni blieb, um mich um seine Angelegenheiten zu kümmern. Aber wir erfuhren, daß sich der Regent darauf vorbereitete, eine volle Woche abwesend zu sein, um einer Sitzung der Bhunga, der gesetzgebenden Versammlung der Transkei, beizuwohnen, und zwar ohne uns beide; dies, fanden wir, werde der ideale Zeitpunkt sein, uns ohne sein Wissen davonzustehlen. Wir beschlossen, nach Johannesburg aufzubrechen, kurz nachdem der Regent zur Bhunga abreisen würde.
    Ich besaß nur wenig Kleidung, und all unsere Sachen fanden bequem in einem Koffer Platz. Der Regent reiste früh am Montagmorgen ab, und später am Vormittag waren wir unsererseits zum Aufbruch bereit. Doch als wir uns gerade davonmachen wollten, kehrte der Regent unerwarteterweise zurück. Wir sahen, wie sein Auto einbog, und rannten in den Garten, um uns zwischen den Maisstauden zu verstecken. Der Regent kam ins Haus, und seine erste Frage war: »Wo sind die Jungen?« Irgend jemand erwiderte: »O, irgendwo in der Nähe.« Aber der Regent war mißtrauisch und gab sich mit der Antwort nicht zufrieden. Er sei zurückgekehrt, sagte er, weil er vergessen habe, sein Epsomer Bittersalz mitzunehmen. Mir war klar, daß er unser Fluchtvorhaben irgendwie ahnte, denn Epsomer Bittersalz hätte er mühelos in der Stadt kaufen können. Als sein Auto hinter dem Hügel verschwand, setzten wir unseren Plan sofort in die Tat um.
    Wir hatten fast kein Geld, und um dem abzuhelfen, suchten wir an diesem Morgen einen der lokalen Händler auf, um ihm zwei der Preisochsen des Regenten zu verkaufen. Der Händler nahm an, daß wir die Tiere im Auftrag des Regenten verkauften, und wir ließen ihn in diesem Glauben. Er zahlte uns einen sehr guten Preis, und mit dem Geld konnten wir uns ein Auto mieten, das uns zum Lokalbahnhof bringen sollte, wo wir dann den Zug nach Johannesburg erwischen würden.
    Alles schien glatt zu gehen. Allerdings wußten wir nicht, daß der Regent zum Bahnhof gefahren war und dem Vorsteher erklärt hatte, falls zwei junge Burschen, die er genau beschrieb, kämen, um Tickets nach Johannesburg zu kaufen, müsse er sie abweisen, weil sie die Transkei nicht verlassen dürften.
    Als wir am Bahnhof ankamen, erklärte uns der Bahnhofsvorsteher, er werde uns keine Tickets verkaufen. Wir fragten ihn nach dem Grund, und er antwortete: »Euer Vater ist hier gewesen und hat gesagt, daß ihr davonlaufen wollt.« Wir rannten wie betäubt zu dem gemieteten Auto zurück und erklärten dem Fahrer, er solle uns zum nächsten Bahnhof fahren. Dieser lag fast 70 Kilometer entfernt, und es dauerte mehr als eine Stunde, bis wir ihn erreichten.
    Dort gelang es uns, einen Zug zu besteigen, der jedoch nur bis Queenstown fuhr. Für einen Afrikaner war es in den 40er Jahren ungeheuer schwierig zu reisen. Jeder Afrikaner über 16 Jahre war verpflichtet, einen »Native Pass«, den das Department of Native Affairs ausstellte, ständig bei sich zu haben und auf Verlangen jedem beliebigen Polizisten, Beamten oder Arbeitgeber vorzuweisen. Tat er das nicht, so konnte das Verhaftung, Gerichtsverfahren und Gefängnis- oder Geldstrafe nach sich ziehen. Aus dem Paß war zu ersehen, wo der Inhaber lebte, wer sein Häuptling war und ob er seine alljährliche Kopfsteuer bezahlt hatte, eine Steuer, die nur von Afrikanern erhoben wurde. Später nahm der Paß die Form eines Büchleins an, »Reference Book«, wie es euphemistisch genannt wurde, das detaillierte Informationen enthielt, die monatlich vom jeweiligen

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