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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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wiederzugeben, was sie nach dem Tod meines Vaters verloren hatte, Wohlstand und Ansehen. Ich würde ihr in Qunu ein richtiges Heim bauen können, mit Garten, modernen Möbeln und moderner Ausstattung. Ich konnte sie und meine Schwestern mit regelmäßigen Zuwendungen unterstützen, so daß sie imstande sein würden, sich die Dinge zu leisten, die sie haben wollten und auf die sie so lange hatten verzichten müssen. Dies war mein Traum, und er schien in Reichweite zu sein.
    In jenem Jahr kandidierte ich für den Student Representative Council (SRC), die höchste gewählte Organisation für Studenten in Fort Hare. Ich wußte damals nicht, daß die mit dem SRC verknüpften Ereignisse unvorhergesehene Schwierigkeiten verursachen und am Ende mein Leben ändern würden. Die SRC-Wahlen fanden im letzten Abschnitt des Jahres statt, während wir uns auf die Prüfungen vorbereiteten. Entsprechend der Verfassung von Fort Hare wählte die gesamte Studentenschaft die sechs Mitglieder des SRC. Kurz vor der Wahl wurde eine Versammlung aller Studenten abgehalten, um Probleme zu diskutieren und unsere Beschwerden vorzutragen. Die Studenten waren einhellig der Meinung, daß die Verpflegung in Fort Hare unbefriedigend sei und verbessert werden müßte und daß der SRC mehr Vollmachten erhalten sollte, da er nichts weiter sei als eine Marionette der Verwaltung. Ich war mit diesen beiden Forderungen einverstanden, und als die Mehrheit der Studenten dafür stimmte, die Wahlen zu boykottieren, bis unsere Forderungen akzeptiert würden, stimmte ich mit ihnen.
    Kurz nach diesem Meeting fand die geplante Wahl im Speisesaal statt. Zwar wurde sie von der überwältigenden Mehrheit der Studenten boykottiert, doch 25 Studenten, etwa ein Sechstel der Gesamtzahl, erschien im Speisesaal. Sie alle stimmten für den SRC und wählten die sechs Studenten, zu denen auch ich gehörte. Noch am selben Tag kamen die sechs in absentia gewählten Mitglieder des SRC zusammen, um das Geschehene zu erörtern. Wir beschlossen einstimmig, unsere Wahl nicht anzunehmen, mit der Begründung, daß wir den Boykott unterstützten und nicht die Unterstützung der Mehrheit der Studenten besaßen. Wir setzten einen Brief auf, den wir dem Prinzipal Dr. Kerr überreichten.
    Doch Dr. Kerr war schlau. Er akzeptierte unseren Verzicht und verkündete dann, daß Neuwahlen abgehalten werden sollten, gleich am nächsten Tag, zur Abendessenzeit im Speisesaal. Auf diese Weise würde dafür gesorgt sein, daß alle Studenten anwesend seien und somit niemand behaupten könnte, der SRC werde nicht von der gesamten Studentenschaft getragen. Am nächsten Abend fanden die vom Prinzipal angeordneten Wahlen zwar statt, doch lediglich dieselben 25 Studenten gaben ihre Stimme ab und wählten dieselben sechs SRC-Mitglieder. Es schien, wir waren wieder dort, wo wir angefangen hatten.
    Doch als wir sechs diesmal zusammenkamen, um unsere Lage zu besprechen, fiel die Abstimmung ganz anders aus. Meine fünf Kollegen vertraten die formalrechtliche Ansicht, wir seien in Anwesenheit aller Studenten gewählt worden und könnten deshalb nicht mehr argumentieren, daß wir nicht die gesamte Studentenschaft repräsentierten. Sie meinten, wir sollten die Wahl jetzt annehmen. Ich hielt dagegen, daß sich de facto nichts geändert habe. Zwar seien alle Studenten anwesend gewesen, doch hätten sie in ihrer übergroßen Mehrheit nicht gewählt, so daß es moralisch nicht korrekt wäre zu behaupten, wir besäßen ihr Vertrauen. Unser Ausgangspunkt sei gewesen, die Wahlen zu boykottieren, eine Aktion, die das Vertrauen der Studentenschaft hätte, und es sei weiterhin unsere Pflicht, an der Resolution festzuhalten. Keinesfalls dürften wir es zulassen, daß unsere Resolution durch irgendwelche Tricks von Seiten der Administration verwässert würde. Aber es gelang mir nicht, die fünf anderen zu überzeugen. Ich verzichtete zum zweitenmal, als einziger.
    Am nächsten Tag wurde ich zum Prinzipal gerufen. Dr. Kerr hatte an der Universität von Edinburgh graduiert, war praktisch der Gründer von Fort Hare und ein hochgeachteter Mann. In aller Ruhe sprach er mit mir über die Ereignisse der vergangenen Tage. Dann bat er mich, meinen Verzicht zu überdenken. Ich sagte ihm, daran ließe sich nichts ändern. Aber Dr. Kerr meinte, ich sollte das erst einmal überschlafen und ihm meine endgültige Entscheidung am folgenden Tag mitteilen. Er warnte mich allerdings, er könne nicht zulassen, daß seine Studenten

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