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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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mit dem Teller auf meiner Türschwelle, und ich bemerkte, daß sie die Angelegenheit so schnell wie möglich hinter sich bringen wollte, doch tat ich alles, um sie aufzuhalten. Ich erkundigte mich nach ihrer Meinung über bestimmte Dinge und stellte ihr alle möglichen Fragen. »Welche Klasse hast du in der Schule erreicht?« fragte ich beispielsweise. »Klasse fünf«, erwiderte sie. »Warum bist du abgegangen?« wollte ich wissen. »Ich habe mich gelangweilt«, war ihre Antwort. »Also wirklich, du mußt wieder auf die Schule«, sagte ich. »Du bist ungefähr so alt wie ich, und in dem Alter kann man durchaus wieder zur Schule gehen. Sonst wirst du’s später bereuen. Du mußt an deine Zukunft denken. Jetzt ist es angenehm für dich, weil du jung und schön bist und viele Verehrer hast, doch mußt du einen richtigen Beruf haben.«
    Ich weiß wohl, dies sind nicht die romantischsten Worte, die ein junger Mann zu seiner Angebeteten zu sagen pflegt, aber ich wußte einfach nicht, worüber sonst ich mit ihr sprechen sollte. Sie hörte mir ernst zu, doch ich spürte, daß sie nicht an mir interessiert war, ja, sich mir gegenüber sogar ein wenig überlegen fühlte.
    Ich wollte mich Didi offenbaren, traute mich jedoch nicht. Ich wollte ihr sogar einen Heiratsantrag machen, allerdings erst dann, wenn ich sicher sein konnte, daß sie ja sagen würde. Ich warb weiter um sie, verhielt mich aber zaghaft und zögernd. In der Liebe, anders als in der Politik, ist Vorsicht für gewöhnlich keine Tugend. Ich besaß nicht genug Selbstvertrauen, um an meinen Erfolg zu glauben, und war nicht sicher genug, einen Fehlschlag ertragen zu können.
    Rund ein Jahr wohnte ich bei den Xhomas, ohne zu Didi über meine Gefühle zu sprechen. Didi zeigte weder weniger Interesse an ihrem Freund noch mehr Interesse an mir. Als ich mich von Didi verabschiedete, fand ich Worte des Dankes für ihre Freundlichkeit und die Gastlichkeit der Familie. Viele Jahre sah ich Didi nicht wieder. Als ich viel später in Johannesburg als Rechtsanwalt tätig war, betraten eines Tages eine junge Frau und ihre Mutter mein Büro. Die junge Frau hatte ein Kind, doch ihr Freund wollte sie nicht heiraten, und sie gedachte, ihn zu verklagen. Die junge Frau war Didi, nur daß sie jetzt ziemlich heruntergekommen aussah und ein verschlissenes Kleid trug. Es tat mir weh, sie so zu sehen, und ich dachte daran, wie anders doch alles hätte werden können. Am Ende verzichtete sie auf eine Klage gegen ihren Freund, und ich sah sie niemals wieder.
    Trotz meines Mangels an Liebe und Romantik begann ich mich langsam dem Stadtleben anzupassen und ein Gefühl innerer Stärke zu entwickeln, den festen Glauben daran, daß ich auch außerhalb des Lebenskreises, in dem ich aufgewachsen war, gut zurechtkommen würde. Ich entdeckte nach und nach, daß ich, um Fortschritte zu machen, nicht auf meine königlichen Verbindungen oder die Hilfe der Familie angewiesen war, und ich ging Beziehungen zu Menschen ein, die meine Verbindung zum Königshaus der Thembu nicht kannten oder kein Aufhebens davon machten. Ich hatte mein eigenes Heim, wie gering es auch war, und ich entwickelte das Vertrauen und das Selbstbewußtsein, die nötig sind, um auf eigenen Füßen stehen zu können.
     
     
    Ende 1941 erhielt ich die Nachricht, daß der Regent zu Besuch in Johannesburg weilte und mich zu sehen wünschte. Ich war aufgeregt, doch ich wußte, daß ich verpflichtet war, ihn zu treffen, und ich wollte es auch. Er wohnte im WNLA-Gebäudekomplex, der Zentrale der Witwatersrand Native Labor Association, der Rekrutierungsagentur für Minenarbeiter für das Reef. Der Regent wirkte stark verändert, aber vielleicht war ich es auch, der sich geändert hatte. Er erwähnte kein einziges Mal die Tatsache, daß ich davongelaufen war, und sprach auch nicht von der vergeblich arrangierten Heirat oder von Fort Hare. Er war höflich und besorgt, erkundigte sich in väterlicher Weise nach meinem Studium und meinen Zukunftsplänen. Er begriff, daß für mich der Ernst des Lebens begann, daß mein Leben einen anderen Verlauf nehmen würde, als er vorgesehen und geplant hatte, doch er versuchte nicht, mich von meinem Weg abzubringen. Ich war dankbar für das stillschweigende Anerkenntnis, daß ich nicht länger sein Mündel war.
    Mein Zusammentreffen mit dem Regenten hatte eine doppelte Wirkung. Ich rehabilitierte mich bei ihm und fand gleichzeitig meine Achtung für ihn und das Königliche Haus der Thembu wieder. Ich war

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