Der lange Weg zur Freiheit
Nationalismus gemäßigter als Lembede, und sein Denken hatte nicht jenen rassischen Beigeschmack, der Lembedes Denken prägte. Er haßte die weiße Unterdrückung und die weiße Herrschaft, doch nicht die weißen Menschen selbst. Er war auch in seiner Opposition zur Kommunistischen Partei weniger extrem als Lembede – oder ich selbst. Ich gehörte zu jenen Mitgliedern der Jugendliga, die argwöhnisch gegenüber der weißen Linken waren. Obwohl ich mit vielen weißen Kommunisten befreundet war, war ich gegenüber weißem Einfluß im ANC vorsichtig, und ich hatte etwas gegen gemeinsame Aktionen mit der Kommunistischen Partei. Ich war besorgt, die Kommunisten könnten die Absicht haben, sich unsere Bewegung unter der Maske gemeinsamer Aktionen einzuverleiben. Ich glaubte, nur ein unverdünnter afrikanischer Nationalismus werde uns befreien, nicht Marxismus oder Multi-Rassismus. Mit einigen meiner Kollegen in der Liga war ich sogar bereit, Versammlungen der KP zu stören, indem wir die Rednertribüne stürmten, unsere Plakate aufrichteten und das Mikrophon mit Beschlag belegten. Auf der Nationalkonferenz des ANC im Dezember brachte die Jugendliga einen Antrag ein, mit dem wir den Ausschluß aller KP-Mitglieder forderten, doch wir wurden mit großer Mehrheit überstimmt. Wenngleich mich die indische Kampagne des passiven Widerstandes von 1946 beeinflußt hatte, empfand ich dennoch gegenüber den Indern das gleiche wie gegenüber den Kommunisten: daß sie beabsichtigten, den ANC zu beherrschen, zum Teil aufgrund ihrer schlechteren Erziehung, Erfahrung und Ausbildung.
1947 wurde ich in das Exekutivkomitee von Transvaal gewählt und diente unter C. S. Ramohanoe, dem Präsidenten des Transvaal-Bezirks. Dies war meine erste reguläre Position im ANC, und sie stellte einen Meilenstein dar in meinem Engagement für die Organisation. Bis dahin waren die Opfer, die ich auf mich nahm, nicht mehr gewesen als Verzicht auf Frau und Familie an den Wochenenden und Heimkehr am späten Abend. Ich war in keine größere Kampagne unmittelbar involviert gewesen, und ich hatte noch keine wirkliche Vorstellung von den Gefahren und endlosen Schwierigkeiten im Leben eines Freiheitskämpfers. Bis dahin hatte ich mitgemacht, ohne für mein Engagement zahlen zu müssen. Von dem Augenblick an, als ich in das Exekutivkomitee des Transvaal-Bezirks gewählt wurde, begann ich mich mit dem Kongreß als ganzem zu identifizieren, mit seinen Hoffnungen und Nöten, seinen Erfolgen und Fehlschlägen; ich war jetzt mit Herz und Seele dabei.
Ramohanoe gehörte zu den Menschen, von denen ich lernte. Er war strammer Nationalist und ein geschickter Organisator, der es verstand, voneinander abweichende Ansichten auszugleichen und einen gangbaren Kompromiß zu finden. Obwohl Ramohanoe mit den Kommunisten nicht sympathisierte, arbeitete er dennoch gut mit ihnen zusammen. Er glaubte, daß der ANC eine nationale Organisation sei, die all jene willkommen heißen sollte, die unsere Sache unterstützten.
Vor dem Hintergrund des passiven indischen Widerstandes unterzeichneten 1947 Xuma, Dadoo und Naicker, die Präsidenten des ANC, des Transvaal Indian Congress (TIC) und des Natal Indian Congress (NIC) ihren Doctors’ Pact (alle drei waren Doktoren) zur Vereinigung der Kräfte gegen einen gemeinsamen Feind. Dies war ein wichtiger Schritt in Richtung Einheit der afrikanischen und indischen Bewegung. Statt jedoch eine zentrale politische Körperschaft zu gründen, um all die verschiedenen Bewegungen zu lenken, kamen sie überein, bei Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse zu kooperieren. Später schloß sich ihnen die APO an, die African People’s Organization, eine Organisation von Farbigen.
Doch solch ein Abkommen war im besten Falle ein Versuch, denn jede nationale Gruppe hatte ihre eigenen spezifischen Probleme. Das Paß-System betraf die Inder oder die Farbigen kaum. Das Ghetto-Gesetz, das indische Proteste auslöste, berührte die Afrikaner wenig. Die Farbigen-Gruppen waren stärker betroffen von der Race Classification (Rassenklassifizierung) und der Job Reservation (Arbeitsplatzverteilung), was wiederum die Afrikaner und die Inder nicht im gleichen Maße betraf.
Der Doctors’ Pact legte die Grundlage für die künftige Kooperation von Afrikanern, Indern und Farbigen, da er einerseits die Unabhängigkeit jeder einzelnen Gruppe respektierte und andererseits einräumte, daß in konzertierten Aktionen mehr erreicht werden konnte.
Der Pakt führte zu
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