Der lange Weg zur Freiheit
sich um eine legale Maßnahme durch die Regierung, und im allgemeinen bedeutete sie den erzwungenen Austritt aus indizierten Organisationen sowie das Verbot, an Zusammenkünften irgendwelcher Art teilzunehmen. Es war gleichsam eine wandelnde Inhaftierung. Um jemanden zu bannen, brauchte die Regierung keine Beweise, erhob keine Anklage; der Justizminister erklärte ganz einfach, es sei so. Die Strategie zielte darauf ab, den Betreffenden aus dem Kampfgeschehen zu entfernen, denn sie gestatteten ihm nur, ein beschränktes Leben außerhalb der Politik zu leben. Die Anweisung zu mißachten oder zu ignorieren bedeutete Inhaftierung.
Bei der Transvaal-Konferenz im Oktober jenes Jahres wurde mein Name vorgeschlagen, um den gebannten J. B. Marks zu ersetzen, der mich als seinen Nachfolger vorgeschlagen hatte. Ich war damals der nationale Präsident der Jugendliga und der Anwärter für Marks’ Position, doch gegen meine Kandidatur opponierte eine Gruppe, die zum ANC von Transvaal gehörte und sich selbst »Bafabegiya« (»Jene, die tanzend sterben«) nannte.
Die Gruppe bestand hauptsächlich aus Ex-Kommunisten, die sich zum extremen Nationalismus bekehrt hatten. Sie wollte alle Verbindungen mit indischen Aktivisten aufheben und den ANC in Richtung eines stärkeren Konfrontationskurses drängen. Die beiden Führer dieser Gruppe waren MacDonald Maseko, ein früherer Kommunist, der während der Mißachtungskampagne Vorsitzender des ANC-Bezirks Orlando gewesen war, und Seperepere Marupeng, der für die Mißachtungskampagne im Witwatersrand gearbeitet hatte. Beide hatten die Absicht, für das Präsidentenamt von Transvaal zu kandidieren.
Marupeng galt als eine Art Demagoge. Er pflegte einen militärisch geschnittenen Khaki-Anzug mit Epauletten und goldenen Knöpfen zu tragen und hatte ein Stöckchen bei sich von jener Art, wie es durch Feldmarschall Montgomery berühmt geworden war. Gern stellte er sich, das Stöckchen unter den Arm geklemmt, vor Versammlungen hin und erklärte: »Ich habe es satt, auf Freiheit zu warten. Ich will Freiheit jetzt! Ich werde Malan am Scheideweg treffen, und ich werde ihm zeigen, was ich will. Ich will Freiheit jetzt!« Und dabei schlug er mit dem Stöckchen auf das Podium.
Solche Reden machten Marupeng während der Mißachtungskampagne ungeheuer populär, doch Popularität ist nur ein Einflußfaktor bei einer Wahl. Er glaubte jedoch, wegen seiner frisch erworbenen Prominenz sei er ein sicherer Kandidat. Vor der Wahl, als bekannt war, daß ich meinerseits kandidieren würde, trat ich an ihn heran und erklärte ihm, ich würde es begrüßen, wenn er in die Exekutive gewählt würde, »damit du gemeinsam mit mir dienen kannst, wenn ich Präsident bin«. Er empfand diese Worte als Kränkung, als eine Art Degradierung durch mich, und lehnte ab, um selbst für die Präsidentschaft zu kandidieren. Aber er hatte sich verrechnet, denn ich gewann die Wahl mit überwältigender Mehrheit.
Am 30. Juli 1952, die Mißachtungskampagne war auf dem Höhepunkt, arbeitete ich in meiner damaligen Anwaltskanzlei von H. M. Basner, als die Polizei mit einem Haftbefehl für mich erschien. Die Anklage lautete auf Verletzung des Suppression of Communism Act, und zwar infolge meiner Rolle bei der Mißachtungskampagne. Gleichzeitig wurden in Johannesburg, Port Elizabeth und Kimberley leitende Funktionäre der Organisation verhaftet, die in die Kampagne involviert waren. Einige Zeit zuvor hatte die Polizei im ganzen Land die Wohnungen und Büros von ANC- und SAIC-Funktionären durchsucht und Papiere und Dokumente beschlagnahmt. Diese Art Razzia war damals neu, doch bildete sie das Modell für die umfassenden illegalen Durchsuchungen, die fortan regelmäßig zum Vorgehen der Regierung gehörten.
Meine Verhaftung und die der anderen kulminierten in einem Prozeß, der im September in Johannesburg stattfand, mit 21 Angeklagten, darunter die Präsidenten und Generalsekretäre des ANC, des SAIC, der ANC-Jugendliga und des Indian Congress von Transvaal. Unter den 21 Männern, denen in Johannesburg der Prozeß gemacht wurde, waren Dr. Moroka, Walter Sisulu und J. B. Marks. Verhaftet worden war auch eine Anzahl indischer Führer wie Dr. Dadoo, Yusuf Cachalia und Ahmed Kathrada.
Unser Erscheinen vor Gericht wurde zum Anlaß überschwenglicher politischer Demonstrationen. Große Menschenmassen marschierten durch die Straßen von Johannesburg zum Gerichtsgebäude. Unter ihnen waren weiße Studenten von der University of
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