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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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neuen ANC-Mitglieder.
    Während der halbjährigen Kampagne reiste ich sehr viel im Witwatersrand und im westlichen sowie östlichen Kap umher. Im allgemeinen war ich im Auto unterwegs und fuhr entweder abends oder in aller Morgenfrühe los. Ich bereiste das Kap, Natal und Transvaal, erklärte kleineren Gruppen den Sinn der Kampagne und ging manchmal in den Townships von Haus zu Haus. Oft bestand meine Aufgabe darin, Differenzen zu bereinigen in Gebieten, wo man Aktionen starten wollte oder das gerade getan hatte. In Südafrika war zu jener Zeit die Massenkommunikation unter Afrikanern primitiv oder nicht vorhanden, und die Politik hatte oft etwas Provinzielles. Wir mußten die Menschen einen nach dem anderen für die Sache gewinnen.
    Einmal fuhr ich zum östlichen Kap, um einen Streit beizulegen, in den Alcott Gwentshe verwickelt war, der die Kampagne in East London leitete. Gwentshe hatte als Ladenbesitzer Erfolg gehabt und zwei Jahre zuvor eine wichtige Rolle gespielt, als es galt, am 26. Juni in East London die Aktion »Bleibt zu Hause« zu organisieren. Zu Beginn der Mißachtungskampagne war er kurze Zeit im Gefängnis gewesen. Gwentshe war ein starker, fähiger Mann, aber er war Individualist, der den Rat anderer ignorierte und einseitige Entscheidungen traf. Jetzt lag er im Streit mit seiner eigenen Exekutive, die hauptsächlich aus Intellektuellen bestand.
    Doch Gwentshe wußte, wie er bestimmte Angelegenheiten nutzen konnte, um seine Gegner zu diskreditieren. Er pflegte vor den lokalen Mitgliedern zu sprechen, die Arbeiter und keine Intellektuellen waren, und zu sagen – auf Xhosa und niemals auf englisch, denn Englisch war die Sprache der Intellektuellen –: »Genossen, ich glaube, ihr wißt, daß ich für den Kampf Opfer gebracht habe. Ich hatte einen guten Job, und dann mußte ich zu Anfang der Mißachtungskampagne ins Gefängnis und verlor den Job. Jetzt, da ich wieder aus dem Gefängnis bin, kommen diese Intellektuellen daher und sagen, Gwentshe, wir sind gebildeter als du, wir sind fähiger als du, laß uns diese Kampagne leiten.«
    Als ich die Situation an Ort und Stelle untersuchte, stellte ich fest, daß Gwentshe in der Tat den Rat der Exekutive ignoriert hatte. Aber die Leute standen hinter ihm, und er hatte eine disziplinierte, wohlorganisierte Gruppe von Freiwilligen zusammengestellt, die selbst dann auf ordnungsgemäße Weise Widerstand leistete, als Gwentshe im Gefängnis saß. Obwohl ich fand, daß Gwentshe im Unrecht war, als er die Exekutive links liegen ließ, so leistete er doch gute Arbeit, und seine Position war so gefestigt, daß er nicht leicht abgesetzt werden konnte. Als ich die Mitglieder der Exekutive traf, erklärte ich ihnen, im Augenblick sei es unzweckmäßig, etwas an der Situation ändern zu wollen, aber falls ihnen daran liege, so müßten sie Gwentshe bei der nächsten Wahl abwählen. Es war eine der ersten Gelegenheiten, wo ich erkannte, daß es töricht sein würde, sich gegen Massen von Menschen zu stellen. Es hat keinen Zweck, eine Aktion zu beginnen, gegen welche die Massen eingestellt sind, weil es dann unmöglich ist, die Aktion durchzusetzen.
    Die Regierung betrachtete die Kampagne als Bedrohung ihrer Sicherheit und ihrer Apartheidspolitik. Sie sah in zivilem Ungehorsam nicht eine Form von Protest, sondern ein Verbrechen, und war beunruhigt über die wachsende Partnerschaft zwischen Afrikanern und Indern. Die Apartheid zielte darauf ab, rassische Gruppen voneinander zu trennen, und wir zeigten, daß unterschiedliche Gruppen zusammenarbeiten konnten. Die Aussicht auf eine Einheitsfront von Afrikanern und Indern, von Gemäßigten und Radikalen bereitete unseren Gegnern große Sorgen. Die Nationalisten behaupteten, die Kampagne werde von kommunistischen Agitatoren angezettelt und geführt. Der Justizminister kündigte eine neue Paßgesetzgebung an, um unserer Mißachtung zu begegnen, eine Drohung, die er während der Parlamentsperiode von 1953 wahrmachte: Der Public Safety Act bevollmächtigte die Regierung, das Kriegsrecht zu verkünden und Menschen ohne Prozeß einzusperren, und der Criminal Laws Amendment Act erlaubte körperliche Bestrafungen von Widerständlern.
    Die Regierung versuchte, die Kampagne durch eine Reihe tückischer Mittel zu beenden. So behaupteten ihre Propagandisten immer wieder, daß die Führer der Kampagne in Saus und Braus lebten, während die Massen im Gefängnis schmachteten. Diese Behauptung hatte einen gewissen Erfolg, obwohl sie weit von

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