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Der langsame Tanz

Der langsame Tanz

Titel: Der langsame Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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Terrassentür wieder aufgeht und Gäste heraus-kommen, die sich angeregt über irgendeinen Skandal unterhalten.
    »Wie gefällt Ihnen Rom ?« fragt Sharon.
    »Sehr«, sagt er, »es ist die schönste Stadt.«
    »Die Sie kennen.«
    »Richtig.«
    »Ich liebe sie auch«, sagt sie, und es klingt ernst, so als lege sie ein Geständnis ab. »Wenn ich könnte, ich würde hier leben.«
    »Warum können Sie nicht ?«
    »Weil ich ein Lehrer bin. Ein Universitätslehrer und mir meinen Arbeitsplatz nicht aussuchen kann.«
    »Lehrerin«, korrigiert er.
    »Brisbane.«
    Sie lachen beide, als sie das Mißverständnis erkennen, und Sharon legt eine Hand auf seinen Arm : »Lern mich Italienisch oder was du willst, aber nicht Deutsch. Nicht in Rom.«
    »Oder was ich will ?«
    Sie lacht wieder und drückt leicht seinen Arm. »Aber vorher mich fragen.«
    »Einigen wir uns dahingehend«, schlägt er vor, »daß du mich nichts über mein Buch fragst und ich dir kein Deutsch beibringe, okay ?«
    »Beibringe ?« fragt sie. »Was ist beibringe ?«
    »Mm-m.« Er schüttelt den Kopf und wackelt mit dem Zeigefinger. Sie lacht.
    Sie zieht ihn an der Hand nach drinnen zu einem bunten, aber schlicht sortierten Büffet mit Käse, Antipasti und Brot. Er nimmt etwas von dem Käse und will sich Sharon wieder zuwenden, da greift eine blonde Frau nach ihrem Arm und zieht sie in ein Grüppchen. Martin ist wieder allein. Noch bevor er die rettende Terrassentür erreicht hat, ruft ihn Franca ans Telefon.
    »Hör mal, ich komm nicht«, sagt Manfred. »Mein Sohn ist krank. Wir fliegen morgen nach Deutschland.«
    »Schlimm ?«
    »Vielleicht, ja.« Seine Stimme klingt bedrückt. »Kann ich dich um was bitten ?«
    »Ja, sicher, was ?«
    »Würdest du unser Haus hüten ? Und die Tiere versorgen ? Die Nachbarn sind weg, ich erreiche niemanden, der mir vielleicht sein Au-pair ausleihen würde. Ich weiß echt nicht weiter.«
    »Klar, gern. Was für Tiere ?«
    »Katze, Hund, Kaninchen. Mensch, mir ist ein Stein vom Herzen.«
     
    *
     
    Nichts in La Giustiniana erinnert an Rom. Nicht eines der weit über die Hügel verstreuten Häuser scheint älter als zwanzig Jahre, hier gibt es keinen Autolärm, keine Touristen und, außer dem Ziegelrot und Grünbraun von Häusern und Natur, auch keine Farben.
    Knapp eine Stunde nach dem Anruf stand Manfred in der Tür, und dann raste der Fiat im römischen Freistil aus der Stadt, daß Martin Hören und Sehen verging.
    Erst in der ländlichen Villengegend mäßigte Manfred sein Tempo und fuhr leise vorbei an Parks, hinter deren Mauern und Hecken sich rasende Hunde am Auftauchen ihres Wagens störten. Das ist nicht meine Welt, dachte Martin und grinste, weil er sich wieder beim Zensieren ertappt hatte.
    War doch noch gar nicht raus, was von nun an seine Welt sein würde. Wieso nicht eine dobermannsatte Villengegend bei Rom ?
    Den letzten Gedanken nahm er zurück, als er die graue Dänische Dogge sah. Die konnte im Stehen das Dach des Wagens ablecken. »Keine Angst«, sagte Manfred, »der sieht nur so aus.«
    Tatsächlich leckte der Hund Martins Hand und zeigte keine Feindseligkeit.
     
    *
     
    Am nächsten Morgen chauffierte er die Familie zum Flugplatz. Beim nervösen Sägen des Fiatmotors dachte er an das vertrauenerweckende Brummen seines Wagens, den er gestern, kurz vor Manfreds Ankunft, noch an Sharon ausgeliehen hatte. Sie wollte für einige Tage nach Norden, durch die Toskana und Umbrien. Ihr den Wagen anzubieten, war eine elegante Möglichkeit, sie wiederzusehen. Warum sollte er in der Garage am Stadtrand verschimmeln, wenn Martin ihm versprochen hatte, die Gegend anzusehen ? Sah er sie eben mit Sharon an. Sei nett zu ihr, dachte Martin, sie war auch nett zu mir. Kannst ruhig vibrieren, wenn sie Gas gibt, Frauen mögen das. Martin wartete, aber der Zensor schwieg.
    Ein Fortschritt, dachte er, ganz deutlich.
     
    *
     
    Es ist heiß, die Dogge liegt im Schatten, und ihr Brustkorb hebt und senkt sich in schnellem Intervall. Das Kaninchen raschelt in seinem Stall, und die Katze schläft in einem Sonnenfleck auf der Terrasse. Nicht weit vom Haus grasen vier Kühe, und der Stimmung dieses gleißenden Vormittags fehlt nur noch der Klang ferner Glocken zum herzzerreißenden Idyll. Nichts ist zu hören außer gelegentlichen Seufzern des Hundes, Vogelgezwitscher, dann und wann Gebell und Stimmen aus der Nachbarschaft.
    Was hat er hier verloren ? Martin legt seine Beine auf die Brüstung und versucht, ganz einfach nur

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