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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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Gesicht.
    »Wollen Sie einen neuen? Oder etwas anderes? Orangensaft? Ein Glas Wasser?«
    Sie hob abwehrend die Hand. Hören Sie auf, Luca, flehte sie stumm, hören Sie auf. Ich will nicht, dass Sie zu diesem bettelnden, unterwürfigen Mann werden.
    Er wandte den Blick zum See. Sah einen sich schüttelnden Hund und lächelte.
    »An dem Tag hat alles angefangen … nicht wahr? An dem Tag, als ich Ihnen nicht zugehört habe …«
    Sie antwortete nicht und beobachtete stattdessen den Hund. Sein Herrchen hatte seinen Ball wieder in den See geworfen, und er stürzte sich ins Wasser, um ihn zurückzuholen. Stolz auf seine Erziehungskünste wartete der Besitzer am Ufer. Stolz darauf, dass er nur mit den Fingern zu schnipsen brauchte, und schon gehorchte ihm das Tier. Er sah sich um und suchte in den Blicken der Menschen ringsum nach Anerkennung für diese Macht.
    »Wissen Sie, was wir tun werden, Joséphine?«
    Entschlossen hatte er sich wieder aufgerichtet.
    »Ich gebe Ihnen meinen Wohnungsschlüssel, und …«
    »Nein!«, widersprach Joséphine, erschreckt von der Verantwortung, die er ihr damit auferlegte.
    »Ich gebe Ihnen meinen Wohnungsschlüssel, und wenn Sie mir meine Gleichgültigkeit und mein rüpelhaftes Verhalten verziehen haben, kommen Sie zu mir, und ich werde Sie erwarten …«
    »Luca, Sie dürfen mir nicht …«
    »Doch. Ich habe so etwas noch nie getan. Es ist ein Beweis meiner …«
    Sie horchte auf das Wort, das er um ein Haar ausgesprochen hätte. Aber er sagte es nicht.
    »Ein Beweis meiner Zuneigung zu Ihnen …«
    Er stand auf und zog einen Schlüssel aus der Tasche. Legte ihn auf den Tisch neben den kalten Kaffee. Küsste Joséphine aufs Haar und sagte: »Auf Wiedersehen, Joséphine.«
    Sie sah ihm nach und ergriff den Schlüssel. Er war noch warm. Sie schloss die Finger um diesen unnötigen Beweis einer erloschenen Liebe.
    Zoé wollte nicht reden.
    Joséphine wartete auf sie, als sie aus der Schule kam. »Mein Liebling«, sagte sie zu ihrer Tochter, »wir müssen uns aussprechen. Du kannst mir alles sagen. Wenn du etwas getan hast, was du bereust oder wofür du dich schämst, dann erzähl es mir, wir werden darüber reden, und ich werde auch nicht böse sein, denn ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt.«
    Zoé stellte ihre Schultasche im Flur ab. Zog ihren Mantel aus. Ging in die Küche. Wusch sich die Hände. Nahm ein Handtuch. Trocknete ihre Hände. Schnitt drei Scheiben Brot ab. Schmierte Butter darauf. Stellte die Butter zurück in den Kühlschrank. Räumte das Messer in die Spülmaschine. Brach zwei Reihen dunkle Schokolade mit ganzen Mandeln von der Tafel ab. Legte alles auf einen Teller. Ging zurück in den Flur, holte ihre Schultasche, ging, ohne einen Blick für Joséphine, die nicht lockerließ, »wir müssen reden, Zoé, so kann das doch nicht weitergehen«, in ihr Zimmer, schloss die Tür hinter sich und blieb dort bis zum Abendessen.
    Joséphine wärmte das baskische Hühnchen auf, das sie vorbereitet hatte. Zoé liebte baskisches Hühnchen.
    Sie aßen zu zweit. Joséphine schluckte mühsam die Tränen hinunter. Ohne ihre Mutter anzusehen, tunkte Zoé die Soße auf. Der Regen peitschte gegen die Küchenfenster und zerprallte in dicken, schlaffen Tropfen.
    »Was habe ich dir denn getan?«, schrie Joséphine, mit den Nerven am Ende, mit ihren Worten am Ende, mit ihren Argumenten am Ende.
    »Das weißt du doch ganz genau«, erwiderte Zoé ungerührt.
    Sie räumte ihren Teller, ihr Glas und ihr Besteck in die Spülmaschine. Wischte mit dem Schwamm über den Tisch, wobei sie sorgsam darauf achtete, nur ihren Platz zu säubern und keinen Krümel ihrer Mutter mit aufzunehmen, faltete ihre Serviette, wusch sich die Hände und ging hinaus.
    Joséphine sprang von ihrem Stuhl auf und rannte hinter ihr her. Zoé zog die Tür ihres Zimmers hinter sich zu. Sie hörte, wie sich der Schlüssel im Schloss drehte.
    »Ich bin nicht dein Dienstmädchen!«, schrie Joséphine. »Du bedankst dich gefälligst für das Essen.«
    Zoé öffnete die Tür, sagte: »Danke. Das Hühnchen war sehr lecker«, und schloss die Tür wieder. Joséphine verschlug es die Sprache.
    Sie kehrte in die Küche zurück. Setzte sich wieder vor ihren Teller, den sie nicht angerührt hatte. Betrachtete das kalte Hühnchen in der erstarrten Soße. Die verschrumpelten Tomaten, die vertrockneten Paprika.
    Sie vergrub den Kopf zwischen den Armen und verharrte lange in dieser Haltung.
    Aus Zoés Zimmer dröhnte ein

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