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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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hatte, war sie näher an ihn herangerückt. Den Busen unter der weit aufgeknöpften Bluse vorgeschoben, immer wieder mit der Hand in den Nacken greifend, um ihr dichtes Haar anzuheben, den Kopf in einer Haltung lasziver Unterwerfung geneigt und ein aufdringlich verführerisches Lächeln auf den Lippen.
    »Bérengère, sag jetzt nicht, du hoffst, wir beide könnten … wie soll ich mich ausdrücken … einander näherkommen?«
    »Und warum nicht? Wir kennen uns schon lange. Nach allem, was Iris dir angetan hat, empfindest du vermutlich nichts mehr für sie, und ich langweile mich mit meinem Mann zu Tode …«
    »Bérengère, Iris ist deine beste Freundin!«
    »War meine beste Freundin, Philippe, war! Wir sehen uns nicht mehr. Ich habe den Kontakt zu ihr abgebrochen. Ich fand es ungeheuerlich, wie sie dich behandelt hat! Einfach widerlich!«
    Er hatte schwach gelächelt.
    »Tut mir leid. Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich lieber …«
    Er fand nicht die richtigen Worte.
    »Es lieber dabei belassen.«
    Er hatte um die Rechnung gebeten und war gegangen.
    Er wollte seine Zeit nicht mehr verschwenden. Er hatte beschlossen, weniger zu arbeiten, um Zeit zu gewinnen. Nachzudenken, zu lernen. Er würde diese Zeit nicht mit Bérengère oder anderen Frauen ihres Schlags vergeuden. Er hatte die Frau entlassen, die ihn beim Kauf von Kunstwerken beraten hatte. Als sie eines Tages zusammen in einer Galerie gewesen waren und der Besitzer ihnen gerade die Werke eines vielversprechenden jungen Künstlers zeigte, war ihm ein Nagel aufgefallen. Ein in die weiße Wand geschlagener Nagel, der darauf wartete, dass ein Bild an ihm aufgehängt würde. Er hatte sie darauf aufmerksam gemacht, wie lächerlich dieser Nagel wirkte. Sie hatte ihm missbilligend zugehört und erwidert: »Täuschen Sie sich nicht, Philippe, dieser kleine Nagel ist der Beginn eines Kunstwerks. Dieser Nagel hat Anteil an der Schönheit des Werkes, das er halten wird, dieser Nagel …« Er war ihr ins Wort gefallen: »Dieser Nagel ist ein simpler, bedeutungsloser Nagel, dieser Nagel wird einfach nur dazu dienen, das Gewicht eines Gemäldes zu halten.« »O nein, Philippe! Da muss ich Ihnen widersprechen, dieser Nagel ist, er existiert, dieser Nagel ruft Ihnen etwas zu.« Er hatte kurz gestockt und dann entgegnet: »Meine liebe Elizabeth, in Zukunft werde ich auf Ihre Dienste verzichten. Ich bin gerne bereit, mich vor Damien Hirst zu verneigen und mir Fragen zu seinem Werk zu stellen, vor David Hammons, Raymond Pettibon, vor Mike Kelleys Tänzerin, vor den Selbstporträts von Sarah Lucas, aber nicht vor einem Nagel!«
    Er ließ alles um sich herum los. Warf Ballast ab. Vielleicht ist das der Grund, warum Joséphine sich zurückgezogen hat. Sie fand mich zu schwer, zu verkopft. Sie ist mir voraus, sie hat gelernt, sich von allem freizumachen. Ich werde es auch lernen. Ich habe alle Zeit der Welt.
    Er vermisste Zoé. Die Wochenenden mit Zoé. Ihr verschwörerisches Getuschel mit Alexandre, während er sie aus dem Augenwinkel beobachtete. Alexandre fragte nie nach seiner Cousine, aber sein trauriger Blick an den Freitagabenden verriet, dass sie ihm ebenfalls fehlte. Sie würde zurückkommen. Dessen war er sich sicher. Mit ihrem Kuss am Heiligabend hatten sie die Entwicklung überstürzt. Es stand noch zu viel Unerledigtes zwischen ihnen. Und da war Iris … Er dachte an seinen letzten Abend in Paris zurück. Iris hatte die Klinik verlassen. Sie hatten zu Hause gegessen. »Wir könnten uns doch hier eine Kleinigkeit machen, schließlich sind wir nur zu dritt. Es wäre albern, essen zu gehen!« Sie hatte gekocht. Das Essen war etwas misslungen, aber sie hatte sich Mühe gegeben.
    Er legte sein Buch zur Seite. Griff nach einem anderen. Sacha Guitry. Schloss die Augen und nahm sich vor, es einfach irgendwo aufzuschlagen und über den Satz nachzudenken, den er als Erstes las. Er konzentrierte sich, öffnete das Buch, und sein Blick fiel auf folgende Worte: Man kann jemanden, der einen liebt, dazu bringen, den Blick zu senken, nicht aber jemanden, der einen begehrt .
    Ich werde den Blick nicht senken. Ich werde warten, aber ich werde nicht aufgeben.
    Die einzige Frau, deren Gegenwart er ertrug, war Dottie. Sie hatten sich eines Abends zufällig bei einem Empfang in der Tate Modern wiedergetroffen.
    »Was machen Sie denn hier?«, hatte er gefragt, als er sie bemerkte.
    Er wusste ihren Vornamen nicht mehr.
    »Dottie. Erinnern Sie sich? Sie haben mir eine Uhr geschenkt, eine

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