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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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Gaétan einen Arm um Zoés Schultern und zog sie an sich. Er küsste ihr Haar und rieb seine Nase an ihrer Stirn.
    Plötzlich fühlte sie sich ganz weich, ganz schwach, ihre Brüste schwollen an, ihre Beine wurden länger, sie lachte das erstickte Lachen einer glücklichen Frau und legte den Kopf an die Schulter des Jungen.
    Hortense erzählte Gary, was passiert war.
    Blutüberströmt hatte sie um zwei Uhr morgens an seiner Tür geklingelt. Mit einem schlichten Oh! My God! hatte er sie hereingelassen.
    Während er ihr Gesicht mit Wasserstoffperoxid und einem Spültuch desinfizierte – »Tut mir leid, meine Liebe, ich habe weder Papiertücher noch Watte, ich bin bloß ein Kerl« –, schilderte sie ihm die Falle, in die sie getappt war.
    »… Und sag nicht, ›ich hab es dir ja gleich gesagt‹, dafür ist es jetzt auch zu spät. Ich würde bloß vor Wut losbrüllen, und dann tut es noch mehr weh!«
    Er reinigte ihre Wunden mit sanften, präzisen Gesten, Millimeter für Millimeter. Sie beobachtete ihn und fühlte sich getröstet.
    »Du wirst immer attraktiver, Gary«, sagte sie gerührt.
    »Nicht bewegen!«
    Sie stieß einen tiefen Seufzer aus und unterdrückte einen Aufschrei. Er hatte ihre Oberlippe betupft.
    »Glaubst du, dass Narben bleiben werden?«
    »Nein. Das ist nur oberflächlich. Es wird noch ein paar Tage zu sehen sein, dann geht die Schwellung zurück, und die Wunden fangen an zu heilen … Es sind keine tiefen Verletzungen.«
    »Seit wann bist du denn Arzt?«
    »Ich habe in Frankreich ein paar Erste-Hilfe-Kurse absolviert, weißt du nicht mehr …? Und meine Mutter hat darauf bestanden, dass ich hier damit weitermache.«
    »Ich habe die Kurse geschwänzt.«
    »Stimmt, ich hatte ja ganz vergessen: Dich um andere zu kümmern, ist nicht dein Ding!«
    »Ganz genau! Ich konzentriere mich auf mich selbst … und damit habe ich definitiv genug zu tun: Reicht dir das als Beweis?«
    Sie deutete auf ihr Gesicht, wurde aber schlagartig wieder ernst. Lächeln tat weh.
    Er hatte sie auf einen Stuhl im großen Salon gesetzt. Sie betrachtete das Klavier, aufgeschlagene Partituren, ein Metronom, einen Bleistift, ein Heft über Notenlehre. Überall lagen aufgeschlagene Bücher, auf einem Tisch, auf einer Fensterbank, auf einem Sofa.
    »Ich muss unbedingt mit deiner Mutter reden, damit sie mir hilft. Wenn die Kerle nicht in die Mangel genommen werden, holen die mich wieder. In meine Wohnung setze ich jedenfalls keinen Fuß mehr!«
    Sie sah ihn flehend an, und ihr Blick beschwor ihn, sie bei sich aufzunehmen. Er nickte hilflos.
    »Gut, du kannst hierbleiben … und morgen reden wir mit meiner Mutter …«
    »Darf ich heute Nacht bei dir schlafen?«
    »Hortense! Du übertreibst …«
    »Nein. Sonst bekomme ich Albträume …«
    »Meinetwegen, aber nur für eine Nacht … und du bleibst auf deiner Seite des Bettes!«
    »Versprochen! Ich falle schon nicht über dich her!«
    »Darum geht es nicht, das weißt du genau …«
    »Okay, okay!«
    Er richtete sich auf, betrachtete ernst ihr Gesicht und besserte sein Werk noch an einigen Stellen aus. Sie schnitt eine Grimasse.
    »Aber deinen Busen fass ich nicht an. Das kannst du selber machen …«
    Er hielt ihr das Fläschchen und das Spültuch hin. Sie stellte sich vor den Spiegel über dem Kamin und desinfizierte sorgfältig ihre Wunden.
    »Morgen setze ich eine Sonnenbrille auf und ziehe einen Rollkragenpullover an!«
    »Du kannst ja sagen, du wärst in der U-Bahn überfallen worden …«
    »Und diese miese Schlampe knöpf ich mir vor. Die kann was erleben.«
    »Wenn du mich fragst, wirst du die in der Schule nicht mehr sehen …«
    »Glaubst du?«
    Sie gingen schlafen. Hortense rückte an die eine Bettkante, Gary an die andere. Mit offenen Augen lag sie da und wartete auf den Schlaf. Wenn sie die Augen schloss, würde sie den ganzen Vorfall noch einmal durchleben, und darauf legte sie nicht den geringsten Wert. Sie lauschte Garys unregelmäßigem Atem. So belauerten sie einander eine ganze Weile, dann spürte Hortense plötzlich einen Arm, der sich auf sie legte, und hörte Garys Stimme: »Keine Angst. Ich bin ja da.«
    Sie schloss die Augen und schlief sofort ein.
    Am nächsten Tag kam Shirley. Sie schrie auf, als sie Hortenses angeschwollenes Gesicht sah.
    »Beeindruckend … Du solltest Anzeige erstatten.«
    »Das würde nichts bringen. Wir müssen ihnen richtig Angst machen.«
    »Erzähl mir alles«, forderte Shirley Hortense auf und nahm ihre Hand.
    Das ist meine erste

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