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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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»Blanc de Blancs«-Champagner von Ruinart verzichtet. Jeder Tag verlangte ein neues Opfer.
    Marcel Grobz bezahlte die Miete für die Wohnung und überwies ihr Unterhalt, doch das genügte nicht, um Henriettes Gier zu befriedigen. Sie hatte glanzvolle Zeiten gekannt, in denen es genügte, ihr Scheckheft zu öffnen, um zu bekommen, wonach es sie gelüstete. Das leise Kratzen ihres Füllfederhalters auf dem weißen Scheck … Die neueste Handtasche von Vuitton, Kaschmirschals in Hülle und Fülle, Aquarelle, die ihren verbrauchten Augen schmeichelten, weiße Trüffel von Hédiard oder zwei Plätze in der ersten Reihe in der Salle Pleyel, einen für ihre Handtasche, den anderen für sie selbst. Sie hasste Gedränge. Marcel Grobzs Geld war ein Sesam-öffne-dich, das sie weidlich ausgenutzt hatte und das ihr nun brutal entrissen worden war, ganz so, als hätte man dem glücklich nuckelnden Baby den Schnuller weggenommen.
    Sie hatte kein Geld mehr, sie war ein Niemand. Die andere hatte jetzt alles.
    Die andere. Ihretwegen hatte sie jede Nacht Albträume und wachte schweißgebadet auf. Der Zorn raubte ihr den Atem. Sie musste ein großes Glas Wasser trinken, um die Wut zu mildern, die ihr die Brust zusammenschnürte. Und bis das bebende Licht des Morgengrauens in ihr Zimmer kroch, lag sie da und plante ihre Rache, die sie in Gedanken immer weiter ausschmückte. Josiane Lambert, ich mache dich fertig, dich und deinen Sohn, zischte sie, in ihre weichen Kissen vergraben. Zum Glück hat er nicht auch noch das Bettzeug mitgenommen! Dann hätte sie auf Kissen von Monoprix schlafen müssen.
    Dieser unsägliche Zustand musste ein Ende haben. Auf eine weitere Ehe konnte sie nicht hoffen, mit achtundsechzig Jahren ködert man die Männer nicht mehr mit den letzten verbliebenen Reizen, nein, was sie brauchte, war eine Strategie, um ihren früheren Status wiederzuerlangen. Sie brauchte eine reiflich durchdachte, gut geplante Vergeltung.
    Aber wie sollte die aussehen? Sie wusste es noch nicht.
    Um sich abzureagieren, strich sie um das Haus ihrer Rivalin herum und beschattete sie, wenn sie den in reichlich Spitze und Decken aus feinster Wolle gehüllten Erben in einem englischen Kinderwagen spazieren fuhr, während Gilles langsam mit dem Auto hinter ihr her rollte, falls die Usurpatorin müde werden sollte. Sie erstickte fast an ihrer Wut, trotzdem eilte sie auf ihren langen, dürren Beinen hinter dem Gespann aus Mutter und Sohn her und wähnte sich durch den großen Hut geschützt, ohne den sie niemals aus dem Haus ging.
    Sie hatte an Schwefelsäure gedacht. Mutter und Kind damit besprühen, sie blenden, in ihre Gesichter ewige Lepra einbrennen. Dieser Plan verklärte sie, ein strahlendes Lächeln ließ ihr trockenes, mit weißem Puder verkleistertes Gesicht aufleuchten. Sie informierte sich über die Möglichkeiten, sich konzentrierte Schwefelsäure zu beschaffen, studierte die Wirkung der Säure; die Idee fesselte sie eine Weile, doch dann besann sie sich eines Besseren. Marcel Grobz würde sie beschuldigen, und sein Zorn wäre fürchterlich.
    Ihre Rache musste heimlich, anonym und ohne großes Aufsehen vonstatten gehen.
    So beschloss sie, das Terrain ihrer Rivalin zu erkunden. Sie versuchte, das junge Dienstmädchen zu bestechen, das bei Marcel arbeitete, um etwas über die Freunde, die Bekannten, die Verwandten ihrer Arbeitgeberin zu erfahren. Sie wusste, wie man mit Dienstboten redete, verstand es, sich auf ihr Niveau herabzulassen, sie in ihren eingebildeten Ängsten zu bestätigen, diese sogar noch zu steigern; sie schmeichelte ihnen, zeigte sich als gute Freundin, gab sich liebenswürdig und umgänglich, um die Information herauszukitzeln, die sie brauchte: Hatte diese Josiane vielleicht einen Liebhaber?
    »Oh, nein … Das würde Madame niemals tun«, widersprach das Mädchen errötend. »Dafür ist sie viel zu gut. Und auch zu direkt. Wenn sie etwas auf dem Herzen hat, dann sagt sie es. Sie ist keine von denen, die Heimlichkeiten haben …«
    Vielleicht eine nichtsnutzige Schwester oder einen Bruder, die ihr Geld abknöpften, sobald der Fettsack ihr den Rücken zuwandte? Nachdem das Mädchen die zweimal gefalteten Scheine in seiner Jackentasche verstaut hatte, antwortete es: »Das glaube ich nicht, Madame Josiane scheint sehr verliebt zu sein, und Monsieur auch, sie küssen sich ständig, und wenn Junior nicht da wäre, um auf sie aufzupassen, würden sie es den ganzen Tag lang treiben, in der Küche, im Flur, im Wohnzimmer,

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