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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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Kälte. Schneidende Kälte, feuchte Kälte, graue, tief hängende Kälte, die Schnee verheißt, kuschelige Kälte, die einen an den Kamin treibt. »Ich mag die Kälte, Maman, dann wird mir ganz warm ums Herz.« Sie hatte ihre Geschenke sicher aus Karton, Wolle, Stoff, Leim, Büroklammern und Pailletten selbst gebastelt. Sie stellte wunderschöne Puppen, Bilder und Mobiles her. Sie kaufte nicht gerne ein, ganz im Gegensatz zu Hortense. Meine Tochter stammt aus einer anderen Zeit. Sie mag keine Veränderungen, sie will, dass jedes Jahr das gleiche Weihnachtsessen auf den Tisch kommt, dass wir den Baum mit denselben Kugeln und denselben Girlanden schmücken, dass wir dieselben Weihnachtslieder hören. Ihretwegen halte ich mich an die Tradition. Kinder mögen es nicht, wenn man ihre Gewohnheiten auf den Kopf stellt. Aus Nostalgie, weil sie sich geborgen fühlen wollen. In der Bûche, die sie mit der Zunge probiert, ehe sie hineinbeißt, sucht Zoé den Geschmack aller früheren Bûches, und vielleicht sogar den Geschmack derjenigen, die sie mit ihrem Vater gegessen hat. Wo der Mann, den ich in der Métro gesehen habe, wohl den Heiligen Abend verbringt? Kann es tatsächlich Antoine gewesen sein? Dann hätte er eine Narbe im Gesicht, und eines seiner Augen wäre halb geschlossen. Wenn er noch lebt und uns sucht, streift er bestimmt um unser altes Haus in Courbevoie herum. Die Concierge hat gewechselt. Die neue kennt uns nicht. Und mein Name steht nicht im Telefonbuch.
    Zoé hatte sie gebeten, heute Abend einen Platz am Tisch frei zu halten.
    »Es wird eine Überraschung, Maman, eine Weihnachtsüberraschung.«
    »Die schleppt uns garantiert einen Penner an!«, hatte Hortense prophezeit. »Aber wenn sie das macht, bin ich weg!«
    Shirleys Augen lachten.
    »Wenn nicht Zoé, dann tut es deine Mutter!«, hatte sie erwidert.
    »Es macht mich ganz krank, hier ein Festessen zu veranstalten, während draußen so viele…«
    »Hör auf, Maman, hör auf!«, hatte Hortense geschrien. »Ich hatte vergessen, dass ich zu Mutter Teresa zurückkomme! Warum gründest du nicht gleich ein Waisenhaus für niedliche schwarze Babys, wenn du schon dabei bist?«
    »Quark und Backpflaumen zur Füllung geben. Alles miteinander vermischen. Den Truthahn damit füllen.« Das machte ich als Kind immer am liebsten. Ich stopfte den Truthahn mit der festen, duftenden Füllung. Der Bauch des Truthahns wölbte sich, und ich fragte: Papa, glaubst du, er platzt gleich? Iris und Maman verzogen das Gesicht, Papa lachte schallend. Iris wird heute Abend nicht dabei sein. Und auch Henriette nicht. Ich werde die Stimmung vergangener Weihnachtsfeste nicht wiederfinden, den Stechpalmenzweig an der Tür, Henriettes dreireihige Perlenkette auf ihrem schwarzen Kleid, das violette Samtband in Iris’ Haar, das Henriette jedes Jahr zum gleichen begeisterten Ausruf veranlasste: »Ich sollte es vor der Kleinen ja eigentlich nicht sagen, aber ich habe noch nie so blaue Augen gesehen! Und diese Zähne! Diese Haut!« Und sie lachte hellauf, als hätte man ihr ein Collier überreicht. Und ich? Ich fühlte mich hässlich, ich war mir sicher, dass mich niemals jemand anschauen würde. Diese Wunde ist nie verheilt.
    »Die Öffnung mit grobem Faden vernähen. Den Truthahn mit Butter oder Margarine bestreichen. Salzen, pfeffern. Auf dem Backblech in den heißen Ofen geben. Nach etwa fünfundvierzig Minuten die Temperatur herunterdrehen. Eine Stunde braten lassen. Während des Bratens immer wieder mit Bratensaft begießen.«
    Auf den Tod von Lucien Plissonnier folgten triste Weihnachtsfeste, bei denen der Platz des Familienoberhauptes leer blieb, dann war Marcel gekommen, mit seinen karierten Jacketts und seinen Lurexkrawatten. Geschenke häuften sich auf ihren Tellern. Iris nahm sie herablassend entgegen, als verzeihe sie ihm gnädig, dass er sich an den Platz ihres Vaters gesetzt hatte, und Joséphine zögerte angesichts der missbilligenden Mienen ihrer Mutter und ihrer Schwester, ihm um den Hals zu fallen. Heute Abend feiert Marcel Grobz sein erstes Weihnachtsfest mit Josiane und seinem Sohn. Sie würde ihn bald besuchen. Sie würde dabei das Gefühl haben, ihre Mutter zu hintergehen, zum Feind überzulaufen, aber das war ihr egal.
    Es klingelte an der Tür. Ein kurzes, energisches Klingeln. Joséphine schaute auf die Uhr. Sieben. Sie mussten ihren Schlüssel vergessen haben.
    Es war Monsieur Lefloc-Pignel. Er wollte sich dafür entschuldigen, dass es am Abend bei ihnen etwas lauter

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