Der langsame Walzer der Schildkroeten
an ihrer schlanken Gestalt, von der Anmut, mit der sich ein Top um ihren Oberkörper schmiegte, eine Jeans um ihre langen Beine, sie glücklich über all das, was ich ihr zu Füßen legte. Mein bewunderndes Staunen angesichts ihrer Schönheit, die ich herausputzen möchte, um die Wunden zu verdecken, die das Leben geschlagen hat. Es ist einfacher, diesen trügerischen Schein zu erwecken, als den richtigen Rat zu geben, da zu sein, ihr beizustehen, alles Dinge, die ich nicht geben kann, weil ich durch meine Unbeholfenheit so gehemmt bin. Wir bezahlen beide den Preis dafür, dass ich dich vernachlässigt habe, mein Liebling, meine kleine Schönheit, mein über alle Maßen geliebtes Kind.
Sie hielt sie einen Moment in den Armen und flüsterte ihr die letzten Worte ins Ohr: »Mein Liebling, meine kleine Schönheit, mein über alles geliebtes Kind.«
»Ich liebe dich auch, Maman«, stammelte Hortense leise.
Joséphine war sich nicht sicher, ob sie log. Sie verspürte ein tiefes Glück, das sie wieder aufmunterte und ihr Freude und Appetit zurückgab. Das Leben wurde so schön, wenn Hortense sie liebte, und sie hätte noch zwanzigtausend Schecks ausgestellt, damit ihre Tochter ihr eine Liebeserklärung ins Ohr flüsterte.
Begleitet von Zoés und Alexandres Ankündigungen, ging die Verteilung der Geschenke weiter. Das Geschenkpapier flog durchs Wohnzimmer, ehe es im Feuer starb, das Geschenkband rollte sich auf dem Boden zusammen, die zerrissenen Namensschilder klebten sich aufs Geratewohl an Papier, das gerade herumlag. Gary warf Holzscheite ins Feuer, Hortense zerriss die Knoten um die Päckchen mit ihren Zähnen, Zoé öffnete zitternd die Wundertüten. Shirley bekam ein schönes Paar Stiefel und die englische Gesamtausgabe der Werke von Oscar Wilde, Philippe einen langen himmelblauen Kaschmirschal und eine Schachtel Zigarren, Joséphine die vollständige Sammlung der CD s von Glenn Gould und einen iPod. »Ach, ich weiß doch gar nicht, wie die Dinger funktionieren« – »Ich zeige es dir!«, versprach Philippe und legte einen Arm um ihre Schultern. Zoés Arme reichten nicht aus, um alles in ihr Zimmer zu tragen, Alexandre lächelte begeistert angesichts seiner Geschenke und fragte mit wiedergefundener kritischer Beobachtungsgabe in die Runde: »Warum bekommen Grünspechte eigentlich nie Kopfschmerzen?«
Alle brachen in Gelächter aus, und Zoé wollte nicht zurückstehen.
»Glaubt ihr, wenn man nur ganz, ganz lange mit jemandem redet, dann vergisst er am Ende, dass man eine dicke Nase hat?«
»Warum willst du denn das wissen?«, fragte Joséphine.
»Weil ich Paul Merson gestern Nachmittag im Keller dermaßen zugetextet habe, dass er mich eingeladen hat, zuzusehen, wenn seine Band am Sonntag in Colombes spielt!«
Sie drehte eine Pirouette und versank anschließend in einem tiefen Hofknicks, um ihren Applaus entgegenzunehmen.
Die Wehmut des Nachmittags war verflogen. Philippe öffnete eine Flasche Champagner und erkundigte sich, wie weit der Truthahn sei.
»Mein Gott! Der Truthahn!« Joséphine zuckte zusammen und riss den Blick von den hübschen roten Wangen ihrer kleinen Ballerina los.
Zoé wirkte so glücklich! Joséphine wusste, wie wichtig es ihr war, sich gut mit Paul Merson zu verstehen. Sie hatte in Zoés Taschenkalender ein Foto von ihm gefunden. Es war das erste Mal, dass ihre Tochter das Foto eines Jungen versteckte. Sie rannte in die Küche, öffnete den Backofen, prüfte den Zustand des Truthahns. Noch sehr rosa, lautete ihr Urteil. Sie beschloss, die Temperatur hochzudrehen.
Sie stand in ihrer großen weißen Kochschürze vor dem Ofen und konzentrierte sich darauf, den Truthahn zu begießen, ohne dass die Soße auf dem heißen Blech spritzte, als sie plötzlich jemanden hinter sich spürte. Mit dem Löffel in der Hand drehte sie sich um und fand sich in Philippes Armen wieder.
»Es tut so gut, dich wiederzusehen, Jo. Es ist so lange her …«
Sie schaute zu ihm auf und wurde rot. Er zog sie an sich.
»Beim letzten Mal«, erinnerte er sich, »hast du Zoé zum Zug gebracht, als ich mit ihr und Alexandre nach Evian gefahren bin …«
»Du hattest die beiden zu Reiterferien angemeldet …«
»Wir standen auf dem Bahnsteig … Es herrschte typisches Juniwetter, und unter dem großen Glasdach des Bahnhofs ging ein leichter Wind.«
»Es war Ferienbeginn. Ich dachte mir, schon wieder ein Schuljahr zu Ende …«
»Und ich dachte mir, was, wenn ich Joséphine jetzt einfach frage, ob sie mit uns
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