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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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sich selbst? Das scheint eine typische Frauenkrankheit zu sein, finden Sie nicht?«
    »Zumindest kenne ich wenige Männer, die an sich zweifeln. Oder sie können es gut verbergen!«
    »Darf ich Ihnen eine indiskrete Frage stellen?«, bat Joséphine und sah Josiane in die Augen.
    Josiane nickte.
    »Werden Sie Marcel heiraten?«
    Josiane wirkte überrascht und schüttelte energisch den Kopf.
    »Wozu brauche ich einen Ring am Finger? Wir sind doch keine Tauben!«
    Joséphine lachte schallend auf.
    »Aber dann stelle ich Ihnen jetzt auch eine indiskrete Frage!«, entgegnete Josiane und klopfte auf die Tagesdecke. »Sie brauchen sie auch nicht zu beantworten, wenn sie Ihnen zu direkt ist.«
    »Schießen Sie los«, sagte Joséphine.
    Josiane holte tief Luft. »Sie lieben Philippe, nicht wahr? Und er liebt Sie auch, das ist nicht zu übersehen.«
    Joséphine zuckte zusammen.
    »Merkt man das?«
    »Erstens sind Sie sehr hübsch geworden … Und dahinter steckt meistens ein Mann! Sie wissen doch: Strahlt eine Frau wie ein Stern, ist ein Liebster meist nicht fern.«
    Joséphine errötete.
    »Und außerdem bemühen Sie sich dermaßen krampfhaft, einander nicht anzusehen und kein einziges Wort miteinander zu wechseln, dass es einem geradezu ins Auge springt! Versuchen Sie lieber, natürlich zu bleiben, dann fällt es weniger auf. Ich sage das nur wegen Ihrer Töchter, mir gefällt er nämlich, er scheint ein Mann zu sein, dem man vertrauen kann. Außerdem sieht er gut aus! Das reinste Sahneschnittchen!«
    »Er ist der Mann meiner Schwester«, stotterte Joséphine.
    Das sage ich jedes Mal, wenn ich über ihn spreche. Ich könnte mir auch mal etwas anderes einfallen lassen! Irgendwann reduziere ich ihn noch völlig auf diese Definition: »Der Mann meiner Schwester.«
    »Das ist doch nicht Ihre Schuld! Die Liebe klopft nicht vorher an! Die guckt um die Ecke, und schon ist sie da. Dagegen kommt keiner an, sie überwindet alle Mauern, und wie ich Sie kenne, haben Sie sich ihm ganz bestimmt nicht an den Hals geworfen!«
    »Nein, natürlich nicht!«
    »Sie haben sogar mit aller Kraft zurückgerudert!«
    »Und ich rudere immer noch!«
    »Passen Sie trotzdem auf. Sie könnten etwas verpassen!«
    »Aber …«
    »Ach was! So etwas ist ein Geschenk des Himmels, machen Sie sich doch nicht verrückt! Ich werde Madame Suzanne für Sie fragen. Lassen Sie mir eine Haarsträhne von Ihnen da. Sie braucht sie nur in die Hand zu nehmen, dann weiß sie, ob das mit Ihnen beiden etwas wird.«
    Wortreich schilderte Josiane ihr die Gabe und die Fähigkeiten von Madame Suzanne. Doch Joséphine rümpfte die Nase, nein, nein, so was gefällt mir nicht, ich mag keine Hellseherinnen.
    »Oh, sie wäre beleidigt, wenn sie Sie hören würde! Sie ist keine Hellseherin, sie liest in den Seelen der Menschen.«
    »Außerdem will ich das gar nicht vorher erfahren. Ich mag den Reiz des Ungewissen …«
    »Sie sind auch nicht ganz von dieser Welt, was? Ach, ich verstehe Sie schon. Passen Sie nur auf Ihre Töchter auf! Vor allem auf die Kleine, die hat schon die Krallen ausgefahren!«
    »Das ist die Pubertät. Sie steckt mittendrin. Ich muss nur Geduld haben, dann geht das auch wieder vorbei! Ich habe das Gleiche schon mit Hortense durchgemacht. Eines Abends schlafen sie als pausbackige kleine Engel ein, und am nächsten Morgen wachen sie als Teufelchen wieder auf!«
    »Wenn Sie das sagen!«
    Josiane schien in Gedanken anderswo zu sein.
    »Zu schade, dass Sie nicht mit Madame Suzanne reden wollen. Sie hatte den Tod Ihres Mannes vorausgesagt. ›Ein Tier mit scharfzahnigem Maul …‹ Er ist doch von einem Krokodil gefressen worden, oder nicht?«
    »Das dachte ich, aber vor ein paar Tagen, in der Métro, da …«
    Und Joséphine erzählte. Von dem Mann im roten Rollkragenpullover, dem geschlossenen Auge, der Narbe, der Postkarte aus Kenia. Sie schüttete rückhaltlos ihr Herz aus. Sie spürte Josianes wohlwollendes Interesse, während diese sie mit ihrem warmen, aufmerksamen Blick anschaute und gedankenverloren ihr Spitzenjabot glatt strich.
    »Glauben Sie, ich habe Halluzinationen?«
    »Nein … aber Madame Suzanne hat ihn im Maul eines Krokodils gesehen, und sie irrt sich nur sehr selten. Das ist schließlich keine gewöhnliche Todesart!«
    »Nein! Das ist sogar das einzige Originelle, was ihm in seinem ganzen Leben passiert ist.«
    Joséphine lachte nervös, ehe sie verlegen verstummte.
    »Vielleicht hat sie ihn ja tatsächlich im Maul eines Krokodils gesehen, aber er

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