Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
Vom Netzwerk:
ist unter der afrikanischen Sonne verrückt geworden. Er ist zum Mörder geworden, und die Bassonnière hatte es erraten.
    Das ergibt doch alles keinen Sinn, ich fantasiere, dachte sie und ließ sich in einem Straßencafé auf einen Stuhl fallen. Das Herz klopfte gegen ihre Rippen, es schwoll an und hämmerte, hämmerte ununterbrochen. Ihre Hände waren feucht, und sie wischte sie an ihren Oberschenkeln ab. Drei Tische weiter saß Lefloc-Pignel und schrieb etwas in ein Notizbuch. Er winkte ihr zu und bedeutete ihr, sich zu ihm zu setzen.
    Er trug ein schönes Jackett aus flaschengrünem Leinen, und sein schwarz-grün gestreifter Krawattenknoten prangte rund und prall unter seiner Kehle. Er musterte sie belustigt und fragte: »Na, haben Sie das Verhör überstanden?«
    »Mein Gott, ist das unangenehm«, antwortete Joséphine matt, »wenn das so weitergeht, halte ich mich irgendwann noch selbst für die Mörderin!«
    »Ach! Sie auch?«
    »Diese Frau hat eine schreckliche Art, einen zu verhören! Wenn ich vor ihr sitze, bin ich wie gelähmt.«
    »Ja, sie ist wirklich ziemlich unfreundlich«, antwortete Lefloc-Pignel. »Sie hat sich mir gegenüber sehr … sagen wir, schroff verhalten. Das ist inakzeptabel.«
    »Wahrscheinlich verdächtigt sie uns alle«, entgegnete Joséphine seufzend. Sie war erleichtert zu erfahren, dass sie nicht als Einzige so grob behandelt wurde.
    »Nur weil sie in unserem Haus getötet wurde, bedeutet das doch noch lange nicht, dass der Mörder einer von uns sein muss! Monsieur und Madame Merson, die unmittelbar vor mir bei Capitaine Gallois waren, haben ihr Büro sehr empört verlassen. Und ich bin gespannt auf die Reaktion der van den Brocks … Sie werden jetzt gerade ausgequetscht, und ich habe ihnen versprochen, hier auf sie zu warten. Wir müssen uns zusammentun. Wir dürfen uns auf keinen Fall so behandeln lassen. Das ist ein Skandal!«
    Er presste seine Kiefer so fest aufeinander, dass sie weiß wurden, und in seinen Zügen spiegelte sich Hass. Er war verletzt und konnte es nicht verbergen. Joséphine betrachtete ihn gerührt, und ohne dass sie hätte sagen können, wieso, verflog mit einem Schlag die Angst, die sie in ihrem festen, schmerzhaften Griff gehalten hatte. Sie entspannte sich und verspürte den Drang, seinen Arm zu nehmen und sich bei ihm zu bedanken.
    Der Kellner kam an ihren Tisch und fragte, was sie trinken wollten.
    »Einen Minzsirup mit Wasser«, antwortete Hervé Lefloc-Pignel.
    »Für mich auch«, schloss sich Joséphine an.
    »Zwei Minzsirup mit Wasser«, wiederholte der Kellner im Davongehen.
    »Haben Sie ein Alibi?«, erkundigte sich Joséphine. »Ich habe nämlich keins. Ich war allein zu Hause. Das macht meine Lage nicht besser …«
    »Nachdem wir uns am Freitagabend getrennt haben, bin ich noch zu den van den Brocks gegangen. Das Verhalten von Mademoiselle de Bassonnière hatte mich sehr aufgebracht. Wir haben noch bis ungefähr Mitternacht über diese … diese widerwärtige Giftschleuder geredet. Über die unverschämte Art und Weise, wie sie uns bei jeder Versammlung angreift. Es wird von Mal zu Mal schlimmer … besser gesagt, es wurde von Mal zu Mal schlimmer, denn Gott sei Dank hat das ja nun ein Ende! Aber ich weiß noch, dass Hervé an jenem Abend darüber nachgedacht hat, sie anzuzeigen …«
    »Hervé? Meinen Sie Monsieur van den Brock? Sie beide haben den gleichen Vornamen?«
    »Ja«, antwortete Hervé Lefloc-Pignel und errötete, als hätte er sich zu einer Vertraulichkeit hinreißen lassen.
    Wie ungewöhnlich, dachte Joséphine, es ist ein eher seltener Name. Vorher kannte ich überhaupt keinen Hervé und jetzt gleich zwei!
    »Sie war aber auch ganz besonders abscheulich an diesem Abend«, sagte sie.
    »So ist das oft bei einstigen Herrschaften. Das müssen Sie als Mittelalterspezialistin doch wissen … Für sie waren wir arme Bauern, die im Schloss ihrer Ahnen hausten. Sie konnte uns nicht aus ihren Mauern vertreiben, also beschimpfte sie uns. Aber alles hat seine Grenzen!«
    »Wir waren sicher nicht die Einzigen, an denen sie ihren Zorn ausließ. Monsieur Merson hat mir erzählt, dass sie schon zweimal überfallen wurde …«
    »Nicht zu vergessen all die Male, von denen wir gar nichts wissen! Wenn die Polizei ihre Wohnung durchsucht, wird sie zweifellos anonyme Briefe finden, ich wette, damit hat sie ihre ganze Zeit verbracht … Sie verbreitete nur Hass und üble Verleumdungen.«
    Der Kellner stellte die beiden Gläser Minzsirup vor sie hin, und

Weitere Kostenlose Bücher